„Hoffentlich erfriert niemand“

Stephan Karrenbauer ist seit 1995 Sozialarbeiter beim Straßenmagazin Hinz&Kunzt.

Stephan Karrenbauer, Hinz&Kunzt

Hinz&Kunzt: Wer kommt speziell im Winter zu Ihnen?
Stephan Karrenbauer: Wie das ganze Jahr über sprechen mich Leute an, die bei uns Verkäufer werden wollen. Nur dass sie im Winter noch größere Hoffnungen haben, dass wir ihnen eine Unterkunft besorgen – und sie brauchen sie auch besonders dringend. Sie sind oft in einem erschreckenden körperlichen und seelischen Zustand. Meist haben sie eine Weile versucht, es draußen zu schaffen. Die stehen dann halb erfroren vor mir.

H&K: Eine Erinnerung an das vergangene Winternotprogramm?
Karrenbauer: Wir hatten einen Verkäufer bei uns im Hinz&Kunzt-Winternotquartier. Der hatte wirklich jahrelang versucht, eine Wohnung zu finden – mal mit mehr, mal mit weniger Elan. Nach 12 Tagen Schlaf im Winternotquartier hat er sich noch mal aufgerafft – und nach ein paar Tagen eine Zusage von der Saga bekommen. Er hat es gar nicht fassen können: Er hat eine Wohnung gefunden. Er wohnt dort immer noch. Dass es geklappt hat, führt er – und auch wir – darauf zurück, dass er sich ausruhen konnte und dann auch aussah, wie er ist: nämlich sehr zuverlässig.

H&K: Was erhoffen Sie sich vom kommenden Winternotprogramm?
Karrenbauer: Dass niemand draußen erfriert.

H&K: Und was befürchten Sie?
Karrenbauer: Dass viele, die es brauchen, das Angebot nicht annehmen können, weil sie Angst haben: vor zu vielen Menschen mit Problemen auf engem Raum, dass sie keine Ruhe finden und keinen Rückzugsraum.

H&K: Ihr Appell an die Stadt?
Karrenbauer: Haltet euer Versprechen, dass niemand auf der Straße schlafen muss. Weist niemand ab! Und öffnet die Unterkünfte des Winternotprogramms auch tagsüber. Damit die Leute nicht morgens früh rausmüssen und wie Schlafwandler durch die Stadt streifen. Denn es ist auch tagsüber kalt.

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