Angst vor dem Winter : „Es ist entwürdigend“

Nikolas Borchert fuhr 1996 erstmals Obdachlose mit dem Bus ins Winternotprogramm, seit 2008 ist er Sozialarbeiter bei der Tagesaufenthaltsstätte des Diakonischen Werkes in der Bundesstraße (TAS)

Nikolas Borchert, TAS

Hinz&Kunzt: Wer kommt speziell im Winter zu Ihnen?
Nikolas Borchert: In erster Linie Obdachlose, die wir schon seit Jahren kennen. Sie wünschen sich einen der Containerplätze für den Winter, die wir hier vergeben. In die Spaldingstraße gehen sie nicht: Weil sie dort Gewalt fürchten und keinerlei Ruhe haben, weil sie zu mehreren in einem Zimmer untergebracht werden. Auch die Tatsache, dass sie morgens raus müssen, ist nicht erträglich.

H&K: Eine Erinnerung an das vergangene Winternotprogramm?
Borchert: Wir hatten noch nie so viele Menschen, die hier schon am Vortag vor der Platzvergabe übernachtet haben: 40 Menschen! Das war erschreckend. Schon nachmittags um 15 Uhr haben die Ersten auf einen Platz gewartet – am Tag davor! Es waren auch viele Paare dabei, die wir schon lange kennen. Und Menschen mit Hunden, für die der Hund der wichtigste Partner und Verbündete ist. Wir konnten nicht alle gemeinsam unterbringen. Leute haben geweint und sind auch laut geworden.

H&K: Was erhoffen Sie sich vom kommenden Winternotprogramm?
Borchert: Dass es am Tag der Containerplatzvergabe friedlich vonstatten geht. Wir wissen nicht, ob 50 oder 150 Menschen am 1. November vor unserer Tür stehen. Weil die Unterkünfte jetzt schon so voll sind, ist der Rückstau hoch. Wir haben jetzt schon ständig Anfragen und können nur sagen: Kommt am 1. November wieder. Das ist entwürdigend für beide Seiten. Perspektivisch hoffe ich, dass die enge Kooperation mit den Kirchengemeinden bestehen bleibt, die uns die Containerplätze zur Verfügung stellen.

H&K: Und was befürchten Sie?
Borchert: Dass wir Menschen haben, die schon zwei Tage vor unserer Tür auf einen Platz warten. Dass wir nicht genügend Plätze haben. Dass wir die Menschen nur noch dahin verweisen können, wohin sie nicht wollen: ins Pik As oder in die Spaldingstrasse. Und dass es Stress bei der Vergabe  gibt.

H&K: Ihr Appell an die Stadt?
Borchert: Die Unterbringung muss sich generell ändern. Es muss kleine Einheiten geben. Die Einzelunterbringung muss durchgesetzt werden.

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Andreas Bischke, Tagesaufenthaltsstätte Herz As:

„Ich fürchte, wir sind dem Ansturm nicht gewachsen.“

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Sonja Norgall, Mitternachtsbus:

„Die Stadt sollte echte Perspektiven bieten“

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Stephan Karrenbauer, Hinz&Kunzt:

„Hoffentlich erfriert niemand.“

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Dr. Arne Breest, Schwester Julia, Jannik, Mobile Hilfe:

„Wir hoffen, es bleibt friedlich.“

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