In Köln wurde eine Gallionsfigur gegen Gentrifikation zwangsgeräumt. Prüfsteine zu den Hamburger Bezirksamtswahlen im Mai vom Sozialverband Hamburg. Stimmungsmache gegen Bettler. Und trotz allem: Frohe Ostern!
Zwangsräumung in Köln
Auf die Straße gesetzt werden können auch Menschen, die eigentlich eine Wohnung haben, sich dort wohlfühlen und ihre Miete immer pünktlich bezahlen. Karl-Heinz Gerigk ist einer, dem das passiert ist. Die meiste Zeit seines Lebens hat der 54-Jährige im Kölner Agnesviertel gewohnt. Seine Miete hat er immer bezahlt. Trotzdem hat der Eigentümer ihm gekündigt, wegen Eigenbedarfs. Gerigk, den alle Kalle nennen, glaubt, dass er die Wohnung im angesagten Stadtteil teuer verkaufen will und sieht sich als Opfer von Gewinninteressen. Er wurde zur Gallionsfigur alteingesessener Mieter nicht nur in Köln, sondern auch in Berlin, München und Frankfurt, die sich vor Vertreibung fürchten oder schon vertrieben worden sind.
Kalle weigerte sich auszuziehen, der Vermieter erwirkte eine Zwangsräumung. Der erste Versuch, Kalle aus seiner Wohnung zu kriegen, scheiterte im Februar. Die Räumung wurde abgeblasen, weil rund 300 Unterstützer mit „Alle für Kalle“-Transparenten den Weg zur Wohnung versperrt hatten. Jetzt am Mittwoch musste Kalle wirklich raus. Die taz hat ein lesenswertes Protokoll seiner Zwangsräumung, die so oder ähnlich in vielen anderen Städten täglich passieren kann, geführt.
Eine solche Geschichte haben wir im vergangenen Jahr selbst in Berlin miterlebt. Dort wurde die Zwangsräumung von Ali Gülbol zu einem Symbol für steigende Mieten und Verdrängung geworden.
Übrigens: In Hamburg werden jedes Jahr rund 1500 Wohnungen zwangsgeräumt – aus unterschiedlichen Gründen, die von Mietschulden bis zur Durchsetzung von Vermieterinteressen reichen. Die Zahl ist im Jahr 2013 mit 1451 Räumungen im Vergleich zu den Vorjahren (2012: 1590, 2011: 1568) zurückgegangen.
Prüfsteine für die Bezirksamtswahlen
Wohnungslosigkeit zu verhindern ist indirekt eins der Ziele, an denen sich Hamburger Bezirkspolitiker messen lassen müssen, findet der Sozialverband Hamburg. Er hat in der vergangenen Woche 15 Wahlprüfsteine zu den im Mai bevorstehenden Bezirksamtswahlen veröffentlicht. „Soziale Spaltung zieht sich durch ganz Hamburg hindurch und wird in den Quartieren erlebbar und sichtbar. Hiergegen müssen wir uns auch auf der bezirklichen Ebene stellen“, heißt es in dem Papier des Sozialverbandes. Die Herausforderungen – vom Erhalt von Seniorentreffs über den Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs bis zur sozialen Wohnraumplanung – sollen Hamburgern eine Orientierung geben, ob ihr Volksvertreter auch für ein nachhaltig besseres soziales Klima steht.
Stimmungsmache gegen Obdachlose
Mit nicht all zu viel Beachtung belohnt und deswegen eher am Rande erwähnt sei eine kleine Anfrage des CDU-Bürgerschaftsabgeordneten Christoph de Vries. In dieser stellt er einen ziemlich bedenklichen Zusammenhang zwischen „organisierten Bettlerbanden osteuropäischer Roma“ und Bewohnern des Winternotprogramms her. De Vries fragt hämisch, ob dem Senat klar sei, dass er mit dem Shuttle-Bus, den es zwischen den Notunterkünften und der Innenstadt gab, „gewerbsmäßige Bettelei der bulgarischen und rumänischen Roma unterstützt“ habe. Wir ärgern uns über solche Stimmungsmache.
Frohe Ostern
Trotz Sorgen, Nöten und Ärger haben wir in der vergangenen Woche aber auch gefeiert: mit den Hinz&Kunzt-Verkäufern und Nachbarn stieg im Innenhof in der Altstädter Twiete unser Osterfest. Essen vom Grill, Schokolade von der Osterhäsin und Sonnenschein haben den Nachmittag rund und bunt gemacht. Danke an alle, die das Fest ermöglicht und unterstützt haben und: Frohe Ostertage!
Text: Beatrice Blank
Fotos: Mauricio Bustamante, Dmitrij Leltschuk