Einigung statt Volksbegehren

Glückliche Gesichter auf allen Seiten: Die Regierungskoalition und die Volksinitiative gegen Großunterkünfte haben sich auf einen Kompromiss geeinigt und damit ein Volksbegehren abgewendet. Dafür gibt es sogar Lob aus der Opposition.

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So groß dürfen neue Flüchtlingsunterkünfte nicht mehr werden. An der Berzeliusstraße in Billbrook leben 600 Menschen.

Bei dem jetzt vereinbarten Kompromiss kommen die Fraktionen der SPD und Grünen den Bürgerinitiativen einen großen Schritt entgegen. Neue Folgeunterkünfte werden – wie von der Volksinitiative gefordert – auf maximal 300 Plätze begrenzt. Zudem soll in den kommenden drei Jahren eine Durchschnittskapazität in der öffentlich-rechtlichen Unterbringung von unter 300 Plätzen erreicht werden.

Ermöglicht wurde die Einigung vor allem durch sinkende Flüchtlingszahlen. Seit der Schließung der sogenannten Balkanroute und dem EU-Türkei-Abkommen erreichen immer weniger Flüchtlinge Europa. In den vergangenen drei Monaten suchten weniger als 3000 Menschen Zuflucht in Hamburg. Noch im Januar hatten die Behörden 3890 Flüchtlinge registriert, von denen 2022 in Hamburg dauerhaft untergebracht werden mussten.

Ursprünglich ging der Senat davon aus, in diesem Jahr knapp 40.000 neue Unterbringungsplätze bereitstellen zu müssen. Mitte Juni wurden die Zahlen dann deutlich nach unten korrigiert. Jetzt sollen im doppelten Zeitraum – bis Ende 2017 – nur noch knapp 30.000 Plätze entstehen. Auch die Zahl der sogenannten Expressbauten wurde massiv reduziert. Statt Platz für 25.000 Menschen in den neuen Sozialwohnungen, entsteht nur noch günstiger Wohnraum für etwa 8000 Flüchtlinge. Für Geringverdiener in Hamburg eine bittere Nachricht. Denn auch sie hätten perspektivisch Platz in den neuen Sozialwohnungen finden sollen.

Eine schnelle Einigung zwischen den Akteuren war nötig, weil am 11. Juli die Frist der Volksinitiative ablief. Ohne Einigung wäre die nächste Stufe des Volksbegehrens eingeleitet worden. Vor solch einer Abstimmung hatte vor allem die Diakonie Hamburg vehement gewarnt. „Selbst wenn es von den Initiatoren nicht so gewollt wäre: Letztlich würde es zu einer Abstimmung Pro oder Contra Flüchtlinge kommen“, sagte Diakonie-Chef und Landespastor Dirk Ahrens, der auch Hinz&Kunzt Herausgeber ist, bereits im Februar.

Lob für die Einigung gibt es sogar aus der Opposition: „Gut, dass jetzt ein Volksentscheid vermieden werden konnte“, sagt Cansu Özdemir, Fraktionsvorsitzende der Linken. Erleichtert reagierte auch Anna Gallina, Faktionsvorsitzende der Grünen: „Die Einigung ist inhaltlich gut, weil die Menschen, die nach Hamburg kommen, zukünftig besser untergebracht werden. Jetzt gilt es, den Fokus wieder gemeinsam auf die große Aufgabe zu richten, die Hamburg zu meistern hat: die Integration der vielen Geflüchteten.“

Dass der Fokus wieder auf die Integration der Flüchtlinge gerichtet wird, ist tatsächlich ein wesentliches Ergebnis der Einigung. Angedacht ist die Umwandlung der Zentralen Koordinierungsstelle für Flüchtlinge in eine Zentrale Koordinierungsstelle für Integration. Für die Flüchtlinge sollen Chancen zum Erwerb deutscher Sprachkenntnisse und die Integration in Arbeit und Ausbildung verbessert werden. Im Vergleich zu 2013 soll Platzzahl in Deutschkursen verdreifacht werden. Und die Bezirke wiederum sollen mit sieben Millionen Euro aus dem Quartiersfond unterstützt werden, kündigte SPD-Fraktionschef Andreas Dressel an.

Text: Jonas Füllner