Am Totensonntag (25. November) gedenken wir auf dem Öjendorfer Friedhof unseren Verkäufern, die dieses Jahr gestorben sind. Bis dato sind es elf. Am gleichen Tag erinnern Hamburger Kirchen an jene, die nicht vergessen werden sollen – auch, wenn man ihren Namen nicht kennt.
Obdachlose haben oft keine Familie oder Freunde, die nach ihrem Tod an sie denken. Hinz&Kunzt will seine Verkäufer nicht vergessen. Jedes Jahr treffen wir uns deshalb am Totensonntag, um an die verstorbenen Hinz&Künztler zu erinnern.
Unsere Gedenkveranstaltung beginnt um 14 Uhr im Feierraum Nord auf dem Öjendorfer Friedhof. Von dort aus ziehen wir zum Hinz&Kunzt-Gedenkbaum. An diesem alten Baum hängen Plaketten aus Messing, auf denen die Namen aller verstorbenen Hinz&Künztler eingraviert sind. „Jeder Mensch hinterlässt Spuren und soll in Erinnerung bleiben“, sagt Hinz&Kunzt-Sozialarbeiter Stephan Karrenbauer, der die Idee für den Gedenkbaum hatte.
Pastor Uwe Heinrich wird eine Andacht halten. Mitarbeiter aus dem Vertrieb begleiten die Feier mit Gesang. Danach werden die Namen der Toten verlesen, ein Gesteck niederlegt und Kerzen entzündet. Im Anschluss sind alle herzlich eingeladen zu Butterkuchen und Kaffee.
Olaf und Pavel: zwei Schicksale stellvertretend für Viele
Doch was verbirgt sich hinter den Namen auf den Messingplaketten? Zwei Beispiele: Olaf ist in der ehemaligen DDR geboren; von dort spektakulär geflüchtet. Seine Familie hatte daraufhin den Kontakt komplett abgebrochen oder abbrechen müssen. Olaf war alkoholkrank, als er zu Hinz&Kunzt kam. Er machte eine Therapie, arbeitet bei uns lange Jahre im Vertrieb. Später zog er für einen Job nach Bayern. Seine Alkoholsucht hatte er zu diesem Zeitpunkt überwunden. Glaubten wir.
Als er eines Tages wieder vor uns stand, berichtete er von einem Rückfall. Aber er wollte kämpfen, hatte sich schon einen Therapieplatz gesucht. Und noch etwas war passiert: Sein Bruder hatte sich unverhofft gemeldet. Er hatte das Bild von Olaf auf unserer Internetseite entdeckt und das erste Mal seit Jahren wieder Kontakt zu ihm aufgenommen. Er wollte seinen Bruder endlich wiedersehen. Die Vorbereitungen dafür liefen. Doch dazu kam es nicht mehr. Olaf setzte sich selbst schon vor Therapiebeginn auf kalten Entzug, was sehr gefährlich ist. Er starb im Juli im Alter von 52 Jahren.
Alkohol war auch beim Tod von Pavel K. entscheidend. Pavel hatte sich im Hinz&Kunzt-Winternotprogramm ein Zimmer mit seiner Freundin geteilt. Beide tranken. Aber sie waren trotzdem in der Lage, ein halbwegs geregeltes Leben zu führen. Je länger sie ein Dach über dem Kopf hatten, umso besser ging es ihnen. Doch mit dem Ende des Winternotprogramms musste das Paar wieder zurück auf die Straße. Keine zwei Wochen später feiert das Paar mit Freunden. Es fließt zu viel Alkohol. Erst bemerkt niemand, dass Pavel fehlte. Später fand man ihn: ertrunken in einem kleinem Seitenarm der Alster in nur knietiefem Wasser.
Während wir die Geschichte von Olaf und Pavel kennen, bleiben viele Schicksale von Verstorbenen im Dunkeln. An sie erinnern zwei Gedenkveranstaltungen in Kirchen: Um 15 Uhr feiert die Gemeinde St. Petri eine „Andacht für die vergessenen Toten“. Dort werden die Namen mehrerer hundert Menschen vorgelesen, die anonym beigesetzt wurden. Und am Abend findet in der Christuskirche in Eimsbüttel ein Gottesdienst für die in Hamburg verstorbenen Wohnungslosen statt. Für jeden Verstorbenen wird eine Kerze entzündet. Es singt der Trinitatis-Chor.
Text: Simone Deckner
Foto: Mauricio Bustamante
Totensonntag, 25.11
Hinz&Kunzt-Gedenkfeier, 14 Uhr, Öjendorfer Friedhof, Treffpunkt Feierraum Nord
Hauptkirche St. Petri, 15 Uhr, Andacht für die vergessenen Toten, Bei der Petrikirche 2
Christuskirche,18 Uhr, Ökumenischer Gottesdienst, Bei der Christuskirche 2
Alle Traueranzeigen für verstorbene Hinz&Künztler: www.hinzundkunzt.de/gestorbene