Viele Flüchtlinge der Lampedusa-Gruppe fordern weitere Gespräche mit dem Senat in einer Kommission und wollen erst dann ihre Identitäten preisgeben. Das lehnte Innensenator Neumann am Dienstag umgehend ab. Einige Flüchtlinge aus der St. Pauli Kirche wollen dem Rat der Kirche trotzdem folgen und ihre Identitäten nun offenlegen.
Viele der bis zu 300 Lampedusa-Flüchtlinge verweigern nach wie vor, den Behörden ihre Identitäten zu offenbaren und wollen zunächst weitere Gespräche mit dem Senat führen. „In einer Kommission mit allen Beteiligten soll ausgehandelt werden, wie es weiter geht“, sagte Flüchtlingssprecher Anane Kofi Mark am Dienstag auf einer Pressekonferenz. Dann wäre die Gruppe bereit, die Identitäten wie gefordert preiszugeben. Die Innenbehörde hatte in der vergangenen Woche eine Duldung für die Dauer eines Asylverfahrens zugesichert, sofern die Afrikaner ihre Identitäten offenlegen. Eine Kommission lehnte der Senat umgehen ab: „Rechtsstaatliche Grundsätze sind nicht verhandelbar, auch Kommissionen helfen da nicht weiter“, so Innensenator Michael Neumann (SPD).
Anders hingegen einige Flüchtlinge, die in der St. Pauli Kirche untergekommen sind: Sie wollen dem Vorschlag der Innenbehörde folgen und ihre Identitäten nun offenlegen. Bislang hätten sich 24 dafür entschieden, gab Pastor Sieghard Wilm bekannt. „Wir hoffen, dass andere nachziehen“, sagte Wilm gegenüber Hinz&Kunzt. „Bei so einer wichtigen Frage muss jeder einzelne selbst entscheiden.“ Er begrüßte das Angebot der Innenbehörde zu einer Duldung der Flüchtlinge. Damit ist die Flüchtlingsgruppe erstmals gespalten.
Warum die anderen Flüchtlinge den Vorschlag des Senats ausgeschlagen haben, erklärte ihre Rechtsanwältin Daniela Hödl: „Eine Duldung ist keine Aufenthaltserlaubnis, sondern lediglich ein Abschiebestopp. So wird Integration verhindert.“ Der Senat würde weiterhin die Ansicht vertreten, dass eine Rückführung nach Italien vertretbar sei. Doch in Italien hätten die Flüchtlinge keine Perspektive. Sie hätten dort auf der Straße gelebt. „Der Senat muss endlich Farbe bekennen, unter welchen Kriterien er bereit ist, ein Bleiberecht zu erteilen“, sagt Hödl.
In der Pressekonferenz bekräftigten die afrikanischen Flüchtlinge erneut ihre Forderung, der Gruppe eine Aufenthaltsgenehmigung nach Paragraf 23 Aufenthaltsgesetz zu erteilen. Dies böte der Behörde die Möglichkeit, Kriterien für ein Bleiberecht der Flüchtlinge zu bestimmen, so Rechtsanwältin Hödl. Die Entscheidung um ein Bleiberecht in Hamburg sei eine politische, keine rechtliche Frage, sagte Anane Kofi Mark. „Die europäische Flüchtlingspolitik muss neu diskutiert werden. Von Hamburg könnte ein positives Signal ausgehen.“
Hinweis: Ursprünglich hatten wir berichtet, dass alle 80 Flüchtlinge aus der St. Pauli Kirche sich den Behörden offenbaren wollen. Das war nicht korrekt, Entschuldigung.
Text: Jonas Füllner und Benjamin Laufer
Foto: Jonas Füllner