Neue Mülleimer :
Schlechte Karten für Flaschensammler

In den neuen Mülleimern in der Innenstadt können Pfandsammler nicht mehr nach Flaschen suchen. Moderne Technik verhindert das. Die Stadtreinigung beteuert, dahinter stecke keine Absicht.

sascha_muelleimer_klein
Sascha neben einem der neuen Mülleimer in der Mönckebergstraße. Sein Kommentar: Daumen runter!

Hinz&Künztler Sascha ist sauer. „Wir staunten eines Morgens im April nicht schlecht, als in der gesamten Innenstadt die Mülleimer ausgetauscht waren“, sagt er empört. 160 neue Mülleimer hatte die Stadtreinigung über Nacht in der Mönckebergstraße, am Gänsemarkt und am Jungfernstieg aufgestellt. High-Tech-Mülleimer mit Solarzellen, eingebauter Müllpresse und direkter Verbindung in die Stadtreinigungszentrale, von wo aus die Mitarbeiter den Füllstand des Behälters einsehen können. Bis zu 700 Liter Müll passen hinein. Deswegen müssen sie seltener geleert werden und das spart Geld.

Klingt gut, hat aber einen Haken: Die neuen Mülleimer haben eine Klappe, sodass man nicht mehr hineingreifen kann. „Das ist einerseits ziemlich umständlich“, sagt Sascha. „Und andererseits verhindert diese Klappe nun, dass Flaschensammler in die Mülltonne greifen können, um darin nach leeren Flaschen zu suchen.“

Steckt dahinter Kalkül? Sascha glaubt: Ja. „Für mich sieht das so aus, als wollten die Behörden die Flaschensammler aus der Stadt vertreiben“, sagt er. „Es wird ja ohnehin immer mehr zur Mode, die Armen aus Hamburgs Visitenkarten zu verdrängen: Aus den Augen, aus dem Sinn.“ Ein gutes Beispiel dafür sei die Quasi-Privatisierung des Bahnhofsvorplatzes, wo der Sicherheitsdienst der Bahn seit Herbst 2012 Bettler vertreiben darf. An Bahnhöfen ist auch das Durchwühlen von Mülleimern untersagt. Soll jetzt den Flaschensammlern in der Innenstadt das Leben schwer gemacht werden?

Die Stadtreinigung weist den Vorwurf energisch zurück, dass mit den neuen Mülleimern das Sammeln von Flaschen verhindert werden soll. Vielmehr wäre die Entscheidung aus „rein betriebswirtschaftlichen Gründen“ gefallen, sagt Sprecher Reinhard Fiedler zu Hinz&Kunzt: „Die Papierkörbe dienen keinesfalls dazu, den Flaschensammlern die Existenz zu erschweren.“ Für das Schicksal der Armen, die mit den Pfandflaschen ihren Lebensunterhalt bestreiten, sei die Stadtreinigung nicht zuständig: „Unser Auftrag ist die Sauberkeit der Stadt“, sagt Fiedler. „Dafür setzen wir die optimalen Systeme ein.“

muelleimer_altona
Auch in diesem Mülleimer in Altona kann man nur noch erschwert nach Pfandflaschen suchen – wenn überhaupt.

Auch die Klappen auf den gewöhnlichen roten Mülleimern, die immer wieder vereinzelt zu sehen sind, sollen keine Flaschensammler fern halten, beteuert die Stadtreinigung. Tun sie aber trotzdem, denn ein Greifen in das Behältnis wird damit erschwert. Grund dafür sind Bürger, die ihren Hausmüll in den öffentlichen Mülleimern entsorgen, wohl um Entsorgungsgebühren zu sparen. Häuft sich das an einer Stelle, montiert die Stadtreinigung eine solche Klappe. „Die Leute versuchen, überall zu sparen“, sagt Fiedler. „Aber sie sparen nicht am Müll, sondern an den Gebühren.“

Inzwischen sieht man in der Innenstadt weniger Flaschensammler, hat Sascha beobachtet: „20 oder 30 Leute sind damit vertrieben worden.“ Er hat einen Vorschlag, wie auch mit den neuen Mülleimern noch das Flaschensammeln möglich sein könnte. Sogar ohne, dass die Sammler im Müll wühlen müssten: „Die Stadtreinigung könnte die Mülleimer mit einem Metallring ausrüsten, in den die Bürger ihre leeren Pfandflaschen stellen können.“ Von dort aus könnten die Flaschensammler das Leergut einfach mitnehmen. In einigen Städten, zum Beispiel in Bamberg, gibt es das schon.

In Hamburg werden die Pfandringe aber wohl nicht eingeführt werden, denn die Stadtreinigung ist von dem Konzept nicht überzeugt, sagt Sprecher Fiedler: „Das ist gut gedacht, aber schlecht umzusetzen.“ Erfahrungen aus anderen Städten hätten gezeigt, dass in den Ringen nicht nur Pfandflaschen, sondern auch Unrat landen würde. Außerdem würden die dort abgestellten Flaschen häufig auf den Boden fallen und zerbrechen. Fiedler: „Das widerspricht unserem Auftrag, die Stadt sauber zu halten.“

Text und Fotos: Benjamin Laufer

Weitere Artikel zum Thema