Bei unseren Bremer Nachbarn dürfen Obdachlose seit vergangener Woche kostenlos mit Bus und Bahn fahren – weil es draußen so eisig ist. Die Hamburger Hochbahn hält das für keine gute Maßnahme. Die Stadt müsse für ausreichend Unterkünfte sorgen.
Weil es so kalt ist, dürfen Obdachlose in Bremen derzeit kostenlos Busse und Bahnen nutzen. Die Aktion der Bremer Straßenbahn AG (BSAG) ist seit Freitag in Kraft. BSAG-Sprecher Jürgen Lemmermann: „Das war eine spontane Idee. Die Situation ist derzeit sehr schlimm für alle, die kein Dach über dem Kopf haben. Sie können sich jetzt in unseren Wägen aufwärmen.“ Das gilt für das gesamte Streckennetz. An Endhaltestellen und beim Betriebshof müssen die Obdachlosen aussteigen.
Die Aktion werde bereits „sehr gut“ angenommen, so Lemmermann. „Das hat sich schnell rumgesprochen und wird auch schon gut genutzt.“ Gesonderte Kontrollen, ob jemand wirklich obdachlos sei, gäbe es nicht. Lemmermann: „Wir vertrauen darauf, dass das nicht missbraucht wird.“ Die Aktion läuft zunächst bis Ende Februar. Sollten die Temperaturen danach weiter so niedrig sein, werde sie jedoch „mit Sicherheit“ ausgeweitet, so Lemmermann.
Auf die Aktion hat uns Hinz&Künztler Gerrit aufmerksam gemacht. Er sagt: „Ich finde das vom Prinzip her eine sehr gute Sache.“ Auch eine gute Sache für Hamburg? „Klar, machen!“, so Gerrit, „da hat das arme Bremen dem reichen Hamburg etwas voraus.“ Schade findet der Hundehalter bloß, dass Hunde nicht mitgenommen werden dürfen.
Nachfrage bei der Hamburger Hochbahn: Gibt es Pläne, die Bremer Aktion nachzuahmen? Sprecher Christoph Kreienbaum verneint. Die Hochbahn sehe in der Aktion „nicht das richtige Signal“. Stattdessen sei die Stadt in der Pflicht, für ausreichend Unterkünfte zu sorgen: „Wir sind keine Profis in Sachen Sozialarbeit. Wieso öffnen die Unterkünfte im Winternotprogramm nicht auch tagsüber? Warum werden nicht mehr öffentliche Gebäude zur Verfügung gestellt? Das wäre alles besser, als in der überfüllten Bahn nach Billstedt zu fahren.“
Hinz&Kunzt-Sozialarbeiter Stephan Karrenbauer: „Da kann man der Hochbahn nur Recht geben. Darüber hinaus müssen die Unterkünfte so ausgestattet sein, dass sie auch von allen Obdachlosen angenommen werden können, das heißt maximal Doppelzimmer mit verschließbarer Tür – damit die Menschen wieder Kraft tanken können.“
Text: Simone Deckner
Foto: Hamburger Hochbahn