Wie geht es weiter mit den Esso-Häusern? Nachdem der Investor Bayerische Hausbau die Gespräche mit der Initiative beendet hat, sind die Fronten verhärtet: Der Investor verkündet voreilig den Abriss. Initiative und Bezirkspolitiker setzen weiter aufs Gespräch.
Plötzlich wollte einer nicht mehr mitreden: Überraschend gab die Bayerische Hausbau kürzlich bekannt, sie steige aus den Gesprächen um die Zukunft der Esso-Häuser aus. Als Grund nannte der Investor „die Weigerung der Initiative, die Ergebnisse umzusetzen“ auf die man sich zuvor am Runden Tisch geeinigt habe. Projektleiter Stefan Günster wirft der Initiative „Verzögerungstaktik“ vor. Konkret geht es um ein bislang nicht zustande gekommenes Gutachten, dass die Sanierungsfähigkeit der Esso-Häuser prüfen sollte.
Alle Beteiligten hatten sich Ende November 2011 darauf geeinigt, ein solches Gutachten in Auftrag zu geben. Es sollte den baulichen Zustand der Esso-Häuser feststellen und ergebnisoffen sein, also auch prüfen, ob ein Abriss wirklich unvermeidlich sei. Eckpunkte für den konkreten Auftrag sollten gemeinsam festgelegt werden.
Die Initiative habe die Auswahl eines unabhängigen Gutachters jedoch „blockiert“, so die Bayerische Hausbau. Eine Liste mit rund 50 potentiellen Gutachtern sei mit der Begründung abgelehnt worden, keiner sei „kompetent genug“.
Ohne politische Entscheidung des Bezirks passiert nichts
Steffen Jörg von der Initiative weist diese Darstellung zurück. Man habe die Gutachter nicht grundlos abgelehnt. Der Auftrag sei „noch nicht klar definiert“ gewesen. Die Gutachter hätten ja gar nicht gewusst, was sie genau begutachten sollen. Die Ini hatte zuvor ihrerseits Experten befragt. Diese hatten zu Bedenken gegeben, es sei „schwierig“ ein Gutachter-Büro zu finden, das ein „solch komplexes Gutachten allein erstellt“. Daher das Zögern. Für die Initiative völlig überraschend habe die Bayerische Hausbau dann, ohne auf Mails zu reagieren, ihren einseitigen Ausstieg erklärt.
Jörg vermutet, dass der Investor das Gutachten nur vorschiebt, um die Initiative zu „diskreditieren“. Man lasse sich davon aber nicht beirren. In der Sache sei noch gar nichts entschieden. „Es besteht ja allgemein der Eindruck, als sei der Abriss nun beschlossene Sache. Das ist mitnichten der Fall – das entscheidet immer noch der Bezirk“, so Jörg.
Andy Grote, SPD-Stadtentwicklungsexperte, bestätigt auf Nachfrage von Hinz&Kunzt: „Ohne Dialog geht es nicht weiter. Das Verfahren ist offen. Auch einen Architektenwettbewerb gibt es nur mit Zustimmung des Bezirks“. Grote geht davon aus, dass der Investor seinen Rückzug überdenkt. „Die sind am Zug.“
Am Zug könnte Grote auch bald selbst sein: Der 43-Jährige wird als möglicher Nachfolger seines Parteikollegen Markus Schreiber als Bezirksamtsleiter in Mitte gehandelt. Sein Wort hätte dann auch in Sachen Esso-Häuser mehr Gewicht. Noch aber hält er sich bedeckt. Gedanken habe er sich schon gemacht, so Grote. Mehr könne er aber zum jetzigen Zeitpunkt nicht sagen.
Text: Simone Deckner
Zum Hintergrund:
Die Bayerische Hausbau will die Esso-Häuser samt Kulttanke und Clubs wie dem „Molotow“ an der Reeperbahn 2014 abreißen. An ihrer Stelle sollen 240 neue Wohnungen und Gewerbe auf rund 19.000 m² entstehen. Die Neubauten sollen zu jeweils rund einem Drittel Eigentumswohnungen, Mietwohnungen und öffentlich geförderter Wohnraum sein.
Die Initiative Esso-Häuser setzt sich für eine Sanierung und den Erhalt der Gebäude ein. Sie wollen ein gewachsenes Stück Kiezgeschichte vor der Gentrifizierung schützen.