Hartz-IV-Empfänger bekommen keine zusätzliche Unterstützung, um sich den von der Bundesregierung empfohlenen Lebensmittelvorrat für Notfälle zuzulegen. Der Paritätische Hamburg kritisiert das als „zynisch und menschenunwürdig“.
Für den Fall der Fälle vorbereitet sein: Falls der Strom über Tage ausfällt, Naturkatastrophen wüten oder Hamburg sogar Ziel eines Terroranschlags werden sollte, kann ein Lebensmittelvorrat daheim sinnvoll sein. „Die Bevölkerung wird angehalten, einen individuellen Vorrat an Lebensmitteln für einen Zeitraum von zehn Tagen vorzuhalten, um durch entsprechende Eigenvorsorge die staatlichen Maßnahmen zu unterstützen“, empfiehlt die Bundesregierung im am Mittwoch beschlossenen Zivilschutzkonzept. Auch die Hamburger Verbraucherzentrale rät, für den Notfall einen Vorrat anzulegen und gibt Tipps dazu auf ihrer Homepage.
Zwei Liter Trinkwasser und 2200 Kalorien pro Tag sollte jeder demnach im Vorratsschrank haben – auf zehn Tage gerechnet kommt da ganz schön was zusammen. Wovon sollen Hartz-IV-Empfänger das bezahlen? Schließlich sieht der monatliche Regelsatz für Nahrungsmittel und alkoholfreie Getränke gerade einmal 128,46 Euro vor – nicht einmal 5 Euro pro Tag. Einer unserer Leser fragte uns deshalb, ob Hartz-IV-Empfänger zum Vorratskaufen zusätzliche Unterstützung vom Staat bekommen könnten.
Wir haben die Frage dem Bundessozialministerium gestellt. Die Antwort: Zusätzliche Unterstützung für den Vorratskauf gibt es keine. Das schmale Budget für Hartz-IV-Empfänger würde laut Ministerium auch zum Anlegen eines Vorrats ausreichen. Leistungsempfänger müssten mit den verfügbaren Mitteln eigenverantwortlich haushalten, sagte eine Sprecherin: „Sofern also leistungsberechtigte Personen auf Grund des vom Kabinett beschlossenen Zivilschutzkonzeptes einen persönlichen, ausreichenden Vorrat an Lebensmitteln anlegen wollen, so müssen sie, ebenso wie Menschen mit geringem Einkommen, die hierfür erforderlichen Ausgaben eigenverantwortlich aus dem ihnen zur Verfügung stehenden Budget finanzieren.“
Als „zynisch und menschenunwürdig“ kritisiert der Paritätische Hamburg die Haltung des Sozialministeriums. „Ein Ansparen für Notfälle geht an der Lebensrealität der Menschen vorbei“, sagt Sprecherin Katja Gwosdz gegenüber Hinz&Kunzt. „Wenn die Regierung diese Vorschläge ernst meint und möchte, dass sie von der Bevölkerung ernst genommen werden, dann muss sie dafür Sorge tragen, dass auch jeder Mensch sie umsetzen kann.“
Innenbehörde: Wir haben alle Menschen im Blick
Und was geschieht im Katastrophenfall mit Obdachlosen, die nicht in Wohnungen Schutz suchen können? „Wir haben immer alle Menschen im Blick“, verspricht Frank Reschreiter, Sprecher der Hamburger Innenbehörde, auf Nachfrage von Hinz&Kunzt. Wie genau geholfen wird, hänge von der jeweiligen Lage ab. Sollen die Bürger vorsorglich Fenster und Türen geschlossen halten, würden Obdachlose und Touristen über Lautsprecherdurchsagen aufgefordert, öffentliche Gebäude aufzusuchen. Bei sehr konkreten Gefahren würden Polizei und Feuerwehr die Menschen im betroffenen Gebiet in Sicherheit bringen, so Reschreiter: „Alle Menschen, die sich in Gefahren befinden, werden dann evakuiert – selbstverständlich unabhängig vom sozialen Status.“
Text: Benjamin Laufer
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