Mit einem Brandbrief wenden sich Jobcenter-Mitarbeiter aus Hamburg an die Bundesregierung, die Hamburger Parteien und die eigene Geschäftsführung. In dem Schreiben beklagen sie die steigende Arbeitsbelastung und fordern 128 neue Stellen.
Die Arbeitsbelastung für die Mitarbeiter in den Jobcentern ist seit Jahren hoch, beklagt ver.di-Fachbereichsleiterin Sieglinde Frieß im Gespräch mit Hinz&Kunzt. Bis zu 250 Fälle gleichzeitig müssten bearbeitet werden. Dabei ist gesetzlich vorgeschrieben, dass jeder Mitarbeiter für nicht mehr als 150 Bedarfsgemeinschaften gleichzeitig zuständig seien soll.
Doch damit nicht genug: Seit Ende vergangenen Jahres hatte die Bundesagentur für Arbeit die Jobcenter angewiesen, sämtliche Leistungen ausschließlich nach dem „Vier-Augen-Prinzip“ zu gewähren. Bislang hätte es ausgereicht, dass die Vorgänge im Jobcenter stichprobenartig überprüft wurden, sagt Frieß. „Jetzt müssen auch bei kleinen Summen wie Mieterhöhungen um 50 Cent immer zwei Kollegen draufschauen.“
Andernorts hat das „Vier-Augen-Prinzip“ bereits zu dramatischen Entwicklungen geführt. Erst vor wenigen Tagen wurde bekannt, dass Antragssteller beim Jobcenter in Augsburg mindestens sechs Wochen auf Zahlungen warten. „Es ist gut und richtig, dass die Personalräte in Hamburg jetzt auf die Situation aufmerksam machen“, sagt Frieß. „Die Mitarbeiter hier wollen ja nicht, dass Menschen, die in Not sind, erst später ihr Geld bekommen.“
Die Personalräte fordern Politiker und die Bundesagentur dazu auf, die Anweisung zum „Vier-Augen-Prinzip“ zurückzunehmen oder zumindest auszusetzen. Außerdem fordern sie eine Aufstockung des Personals. 128 neue Mitarbeiter sind nach ihren Berechnungen notwendig, um der wachsenden Arbeitsbelastung gerecht zu werden. Denn neben dem „Vier-Augen-Prinzip“ gibt es eine weitere Veränderung, die für Mehrarbeit in den Jobcentern sorgen wird. Denn für Asylbewerber ist ab dem 18. Monat künftig das Jobcenter und nicht mehr das Grundsicherungsamt zuständig. „Ich begrüße es, dass Flüchtlingen künftig durch die Gesetzesänderung zumindest ab dem 18 Monat mehr Geld zur Verfügung steht“, sagt Frieß. „Aber für die Jobcenter in Hamburg bedeutet dies, dass sie für weitere 2000 Bedarfsgemeinschaften zuständig sind.“
Text: JOF
Foto: Actionpress / Jochen Zick