Ab Januar wird das Hamburger Jobcenter jeden Monat automatisch Daten von Hartz-IV-Empfängern und deren Haushalts- und Familienmitgliedern überprüfen. So will die Bundesagentur für Arbeit Leistungsmissbrauch verhindern.
In Zukunft werden die Jobcenter bei Hartz-IV-Empfängern noch genauer hinsehen: Jeden Monat statt bislang vierteljährlich werden künftig ihre Daten zum Beispiel beim Finanzamt oder der Rentenversicherung automatisch überprüft. So sollen die Sachbearbeiter Leistungsmissbrauch – also zum Beispiel heimliche Nebentätigkeiten oder verschwiegenes Vermögen – feststellen. Wenn das Bundeszentralamt für Steuern etwa Zinseinkünfte eines Leistungsbeziehers meldet, ist das für das Jobcenter ein Hinweis darauf, dass er Vermögen angelegt hat – was er eigentlich dem Jobcenter melden müsste.
Die Bundesagentur für Arbeit hat die Jobcenter im Juli angewiesen, den so genannten „automatisierten Datenabgleich“ künftig monatlich durchzuführen. Die Begründung: So wollen die Jobcenter früher über eventuelle Beschäftigungen informiert sein und verhindern, dass sie den Hartz-IV-Empfängern zu viel Geld überweisen. So genannte Überzahlungen – und damit verbundene Rückforderungen – sollen laut Arbeitsagentur durch die häufigeren Abgleiche vermieden werden. Das Hamburger Jobcenter will die Anweisung voraussichtlich Anfang 2017 umsetzen, teilte ein Sprecher Hinz&Kunzt auf Nachfrage mit.
Auch Haushaltsmitglieder werden überprüft
Weil auch das Einkommen anderer Haushaltsmitglieder auf den Hartz-IV-Satz angerechnet werden kann, betrifft die Änderung nicht nur die Hartz-IV-Empfänger selbst. Auch die Daten anderer Mitglieder desselben Haushalts werden künftig automatisch monatlich abgefragt. Seit 1. August erlaubt dies auch das Sozialgesetzbuch: Im Zuge des so genannten „Rechtsvereinfachungsgesetzes SGB II“ sind „nicht leistungsberechtigte Personen“ ausdrücklich in den automatisierten Datenabgleich mit aufgenommen worden. Neu ist die Praxis offenbar trotzdem nicht: „Das wurde früher schon gemacht“, sagte ein Sprecher der Bundesagentur für Arbeit gegenüber Hinz&Kunzt. „Es steht neuerdings auch explizit im Gesetz mit drin.“
Das Bundessozialministerium bestätigt das: Auch vor der Gesetzesänderung sei man im Haus von Ministerin Andrea Nahles (SPD) schon der Auffassung gewesen, dass auch die Daten von Bedarfsgemeinschaftsmitgliedern automatisch abgefragt werden dürfen. Nun sei dies auch „ausdrücklich klargestellt“. Und aus dem Hamburger Jobcenter heißt es, dass die Abfrage auch schon heute gängige Praxis sei, bislang allerdings vierteljährlich.
Vermieter müssen keine Auskunft geben
Vermieter sind auch nach der Gesetzesänderung nicht verpflichtet, dem Jobcenter Auskunft über ihre Mieter zu erteilen. Diese Befürchtung hat der Senat in einer Antwort auf eine parlamentarische Anfrage der Bürgerschaftsabgeordneten Inge Hannemann (Linke) zerstreut. „Es ist beruhigend zu erfahren, dass Vermieter nicht unter Bußgeldandrohungen zu Auskünften verpflichtet werden können“, kommentiert die arbeitsmarktpolitische Sprecherin ihrer Fraktion die Antwort des Senats. Unter Generalverdacht gestellt sieht sie allerdings Haushaltsmitglieder von Hartz-IV-Empfängern, die vom automatischen Datenabgleich betroffen sind: Die „engmaschige Kontrolle“ hebele den persönlichen Datenschutz aus.
Auch der monatliche Abgleich sei "datenschutzrechtlich vertretbar". @IngeHannemann hatte das bezweifelt. pic.twitter.com/8vrArE5KYr
— Benjamin Buchholz (@rakeeede) August 31, 2016
Text: Benjamin Laufer
Foto Hannemann: Lena Maja Wöhler