Krankheit und Sterben – Mitarbeiter der Wohnungslosenhilfe werden häufig mit diesen Themen konfrontiert. Eine neue Broschüre gibt Antwort auf die Frage, wie ein würdiger Umgang mit todkranken Obdachlosen aussehen kann.
(aus Hinz&Kunzt 220/Juni 2011)
Zum Ende der Trauerfeier noch eine Flasche Korn, behutsam über die Urne gegossen. Pietätlos? Im Gegenteil: Ganz genau so hätte der Tote es gewollt, glauben die Bewohner des Pik As, die zur Beerdigung ihres verstorbenen Freundes Jörg (Name geändert) auf den Öjendorfer Friedhof kamen. Vorher hatten sie noch ihre Erinnerungen an Jörg ausgetauscht, am offenen Grab gebetet und Abschied vom wohnungslosen Jörg genommen. Jörg hatte viele Jahre im Pik As gelebt. Er litt an mehreren chronischen Krankheiten und einer psychischen Erkrankung. Und dann starb er eines Morgens. Ohne Angehörige, die eine Trauerfeier und seine Beerdigung hätten organisieren können.
Dass Jörg trotzdem eine würdige Verabschiedung in seinem Sinne bekommen hat, liegt an den Mitarbeitern der hausärztlichen Sprechstunde im Pik As. Sie kümmerten sich um die Organisation, engagierten einen Pastor und informierten Jörgs Freunde.
„Keine typische Situation“, wie Petra Hofrichter von der Hamburgischen Arbeitsgemeinschaft für Gesundheitsförderung (HAG) weiß. Vielmehr herrsche unter Mitarbeitern der Wohnungslosenhilfe, aber auch bei Ärzten und in Krankenhäusern, häufig Unsicherheit im Umgang mit kranken und sterbenden wohnungslosen Menschen. Um das zu ändern, bringt die HAG in Zusammenarbeit mit Mitgliedsorganisationen des sogenannten Regionalen Knotens „Wohnungslosigkeit und Gesundheit“ nun die Broschüre „Sterbende Menschen begleiten. Krankheit, Tod und Trauer in Einrichtungen der Wohnungslosenhilfe“ heraus.
Beispiele wie das von Jörg zeigen Schwierigkeiten und Möglichkeiten der Behandlung von todkranken Wohnungslosen, Infokästen fassen außerdem rechtliche Grundlagen und Versorgungsansprüche zusammen, geben Tipps für milieunahe Pflege und verweisen auf Adressen von Hospizdiensten, Sterbebegleitung und Sozialbestattern. Petra Hofrichter: „Egal wie ein Mensch sein Leben lebt – jeder hat das Recht auf einen würdigen Tod.“
Die Broschüre „Sterbende Menschen begleiten. Krankheit, Tod und Trauer in Einrichtungen der Wohnungslosenhilfe“, herausgegeben von Mitgliedsorganisationen des Regionalen Knotens „Wohnungslosigkeit und Gesundheit“, kann heruntergeladen werden unter www.hag-gesundheit.de.
Wenn ein Hinz&Künztler stirbt, lassen wir seinen Namen auf eine Plakette gravieren, die mit anderen bei einer Feier am Totensonntag an einen Baum auf dem Öjendorfer Friedhof angebracht wird. Außerdem erinnern wir virtuell an gestorbene Verkäufer: www.hinzundkunzt.de/projekt/gestorbene. Dort lesen Sie auch die Geschichte von Motte (auf dem Foto).
Text: Maren Albertsen
Foto: Mauricio Bustamante