Während des G20-Gipfels mussten die Obdachlosen von der Kennedybrücke ihre Platte räumen. Für diese Zeit bekamen sie eine Unterkunft. Sechs von ihnen sind jetzt wieder zurück an der Alster.
Neben der Kennedybrücke ist am Montagmorgen wieder alles beim Alten. Den Stacheldrahtzaun neben den S-Bahn-Gleisen nebenan hat die Bundespolizei wieder zusammengerollt, auf dem Verbindungskanal zwischen Binnen- und Außenalster kreuzen wieder Schwäne statt Polizeiboote, und die Obdachlosen, die während des G20-Gipfels ihre angestammte Platte räumen mussten, sind auch wieder da. Sogar das Wetter ist wieder so, wie es in Hamburg üblich ist: Es regnet.
Der 30-jährige Raphael öffnet sein Zelt, in dem er vor dem Regen Schutz sucht. Er ist seit Sonntagnachmittag wieder hier, „zuhause“. Für ein paar Tage war er in einer Wohnunterkunft in Bergedorf untergekommen. Wohncontainer statt Zelt, von Mittwoch bis Sonntag. „Das war voll geil“, sagt Raphael. Endlich mal wieder ein Tür zum Abschließen, endlich mal wieder eine richtige Toilette.
Obdachlose mussten für Staatschefs Platz machen
Die Stadt hatte vor dem Gipfel keinen Anlass gesehen, für die Zeit des Treffens zusätzliche Unterkünfte für Obdachlose zur Verfügung zu stellen. Raphael und seinen Freunden von der Kennedy-Brücke hatte Bezirksamtsleiter Falko Droßmann (SPD) zudem persönlich versprochen, dass sie auf ihrer Platte bleiben dürften. „Wenn es nach uns gegangen wäre, hätten sie auch bleiben dürfen“, sagt jetzt seine Sprecherin Sorina Weiland.
Doch es ging nicht nach dem Bezirksamt: Weil über die Kennedybrücke während des G20-Gipfels Limousinen mit Staatschefs rollten, verfügte die Polizei, dass die Obdachlosen weg müssen. Sozialbehörde, Bezirksamt und der Unterkunftsbetreiber fördern&wohnen veranlassten daraufhin, dass die Bewohner der berühmtesten Platte der Stadt für die Zeit des G20-Gipfels eine Unterkunft bekamen.
Nur zwei von acht Obdachlosen dürfen dauerhaft in der Unterkunft bleiben
Acht Obdachlosen von der Kennedybrücke und deren Habseligkeiten hatte fördern&wohnen in die Bergedorfer Einrichtung gebracht. Zwei von ihnen durften auch über das Wochenende hinaus dort bleiben – der Rest zog wieder zurück an die Alster. Bei ihnen sei „nicht geklärt“, ob sie einen Anspruch auf eine städtische Unterkunft haben, heißt es dazu von fördern&wohnen.
Der Österreicher Raphael nimmt es achselzuckend hin. „Ich habe ja keine Papiere“, sagt er. Dafür ist er dankbar für das neue Zelt, das fördern&wohnen ihm organisiert hat, weil sein altes den Umzug nicht überstanden hatte. Das neue stammt von der Hilfsorganisation Hanseatic Help, die gebrauchte Zelte auf dem Hurricane-Festival eingesammelt hatte. Weil die gebrauchten Zelte undicht waren, hat fördern&wohnen den Obdachlosen inzwischen ganz neue gekauft.
Nur noch fünf Zelte erlaubt?
Vor dem G20-Gipfel standen neun Obdachlosen-Zelte auf der Fläche neben der Brücke. Nun dürften es nur noch fünf sein, hat den Bewohnern laut Raphael ein Polizist gesagt. Wieso das? Der Beamte ist im Urlaub, ihn können wir nicht fragen. Die Pressestelle der Polizei beantwortet Hinz&Kunzt diese Frage nicht. Und aus dem Bezirksamt, dass die Platte offiziell duldet, heißt es: „Dazu ist hier nichts bekannt.“
„Mal sehen, wie es hier jetzt weitergeht.“– Brückenbewohner Raphael
Die Obdachlosen wollen sich dennoch an die neue Regel halten und haben am Montagmorgen schon jemanden weggeschickt, der sich dazugesellen wollte. Wie schon vor dem G20-Gipfel ist die Informationslage für sie äußerst undurchsichtig. „Mal sehen, wie es hier jetzt weitergeht“, sagt Raphael. „Die Leute lassen sich ja immer was anderes einfallen.“