Verstorbene Obdachlose :
„Zaneta war eine total freundliche Frau” 

Eine Kerze und Blumen erinnern am U-Bahnhof St. Pauli an Zaneta. Foto: LG

Am vergangenen Samstag ist eine obdachlose Frau tot nahe der Reeperbahn gefunden worden. Zaneta wurde 42 Jahre alt.

Hinz&Kunzt Randnotizen

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Passanten entdeckten am Samstagmittag gegen 13 Uhr eine leblose Frau am U-Bahnhof St. Pauli. Die hinzugerufene Polizei und der Rettungsdienst starteten vor Ort noch Reanimationsversuche, konnten letztlich aber nur noch den Tod der Frau feststellen, wie ein Polizeisprecher gegenüber Hinz&Kunzt sagt.

Bei der Toten handelt es sich um die 42-jährige Zaneta. „Sie war eine toughe und total freundliche Frau“, erinnert sich Ina Westphal von der Hilfsorganisation Bergedorfer Engel. Sie kannte Zaneta seit einigen Jahren und hat sie regelmäßig mit Dingen des täglichen Bedarfs versorgt. „Jetzt ist Zaneta offenbar am System und an ihrer Alkoholsucht verstorben“, sagt sie.

Laut Polizei sind die Todesumstände allerdings noch unklar, die verstorbene Frau wurde in die Rechtsmedizin gebracht. Hinweise auf ein Fremdverschulden liegen demnach bislang nicht vor.

Die vergangenen Monate hat Zaneta über die Diakonie im spendenfinanzierten Hotelprojekt in Bergedorf verbracht. Dort habe sie sich zunächst gut von den Strapazen der Straße erholt und auch viel weniger Alkohol getrunken, erzählt Ina Westphal. Nach dem Ende des Hotelprojekts am 15. Mai schlief sie dann wieder gemeinsam mit ihrem Freund auf der Straße und habe dort auch wieder angefangen zu trinken.

Keine passenden Angebote für Obdachlose mit Hund

Passende städtische Angebote im Anschluss an das Hotelprojekt habe es für sie nicht gegeben, sagt Straßensozialarbeiter Johan Graßhoff, der das Hotelprojekt für die Diakonie begleitet hat. Insbesondere der gemeinsame Hund der beiden sei ein Problem gewesen. In den meisten städtischen Notunterkünften sind keine Tiere erlaubt. Stattdessen hätten Zaneta und ihr Freund laut Graßhoff vorgehabt, in ihrem Zelt zu schlafen.

„Die Forderung  nach ganzjährigen Rückzugsorten in Einzelzimmern bleibt“– Johan Graßhoff

„Der Fall macht noch einmal deutlich, wie wichtig es ist, einen Ort zu haben, an dem man sich zurückziehen und erholen kann“, sagt Graßhoff: „Deshalb bleibt auch die Forderung nach ganzjährigen Rückzugsorten in Einzelzimmern.“

Hinz&Kunzt-Sozialarbeiter Stephan Karrenbauer fürchtet, dass bald wieder mehr Obdachlose auf Hamburgs Straßen leben werden. „Dieser schlimme Fall zeigt, dass in der nächsten Zeit eine neue Verelendung für alle sichtbar wird“, sagt Karrenbauer: „spätestens, wenn Ende Juni auch das Winternotprogramm seine Pforten schließt und hunderte Menschen zurück auf die Straße müssen.“ Schon heute sehe man Tendenzen einer zunehmenden Verelendung, etwa am Hauptbahnhof.

Im Hotelprojekt hätten es zwar viele geschafft, eine Perspektive zu entwickeln, einige bräuchten aber länger als die fünf Monate, die das Projekt lief: „Für Zaneta war die Zeit im Hotel definitiv zu kurz.“ Die Stadt sieht Karrenbauer in der Verantwortung, geeignete Unterbringungsmöglichkeiten zu schaffen, die auch von den Menschen angenommen werden.

Mit ihrem gemeinsamen Hotelprojekt hatten Hinz&Kunzt, Diakonie und Alimaus insgesamt rund 130 Menschen über mehrere Monate in Einzelzimmern untergebracht. Bei einer Pressekonferenz zogen die Organisatoren heute eine positive Bilanz: mindestens zehn Hotelgäste haben in dieser Zeit eine Arbeit aufgenommen, mindestens 15 eine eigene Wohnung bezogen.

Derweil versucht der Ex-Freund der Verstorbenen gemeinsam mit einer Sozialarbeiterin die Bestattung zu organisieren, erzählt Ina Westphal von den Bergedorfer Engeln. Zanetas Schwester würde sich eine Bestattung in ihrer slowakischen Heimat wünschen. Momentan verhandeln die beiden mit den Behörden über eine möglichst baldige Überführung der Urne.

Autor:in
Lukas Gilbert
Lukas Gilbert
Seit 2019 bei Hinz&Kunzt. Zunächst als Volontär, seit September 2021 als Redakteur.

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