Zahl des Monats

Die Reichen bekommen viel, die Armen wenig

Illustration: Julia Pfaller

Mit einer Neuausrichtung der Familienförderung könnten 3,5 Milliarden Euro an Familien mit wenig Geld fließen. Das zeigt eine neue Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung.

Hinz&Kunzt Randnotizen

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3,5 Milliarden Euro

könnte der Staat an Familien mit wenig Geld verteilen, wenn er überdurchschnittlich gut verdienenden Eltern die steuerlichen Kinderfreibeträge streichen würde. Das hat das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) im Auftrag der Arbeiterwohlfahrt errechnet. Deren Präsident, Michael Groß, erklärte dazu: „Es braucht endlich eine solidarische Neuausrichtung der Familienförderung, die auf Steuergeschenke für Reiche verzichtet und denjenigen hilft, die darauf angewiesen sind.“

Laut der Studie beziehen etwa 4,5 Millionen Haushalte in Deutschland das Kindergeld von 250 Euro pro Kopf. 4,2 Millionen Haushalte können zusätzlich Kinderfreibeträge bei der Steuererklärung geltend machen. Das Groteske dabei: Je reicher die Eltern sind, desto mehr profitieren sie. Die durchschnittliche Entlastung durch die Freibeträge liegt für Familien mit mittleren Einkommen bei knapp unter 400 Euro im Jahr, so die Studie. Eltern mit höherem Einkommen würden rund 1000 Euro jährlich auf Kosten des Staates sparen. Die reichsten gar 1400 Euro. Einkommensschwache Familien hingegen gingen meist leer aus.

Die Grünen erklärten auf Hinz&Kunzt-Nachfrage: „Das widerspricht auch unserem Gerechtigkeitsempfinden. Deshalb arbeiten wir weiterhin an der Einführung der Kindergrundsicherung.“ Die SPD sprach von einem „Missstand, den wir schon lange kritisieren“ – und verwies darauf, dass das Ampel-Projekt an der FDP gescheitert sei. Die erklärte: „Wir sehen in dem aktuellen System keine Ungerechtigkeit.“ Denn der Kinderfreibetrag sei „ausdrücklich keine Sozialleistung“. Die Linken erklärten, sie würden Kinderarmut wirksam bekämpfen wollen: „Zwar würde dies circa 25 Milliarden Euro jährlich kosten, aber gleichzeitig die massiven Folgekosten von über 100 Milliarden Euro massiv reduzieren und wäre daher auch volkswirtschaftlich sinnvoll.“ Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion äußerte sich trotz wiederholter Nachfrage bis Redaktionsschluss nicht.

Artikel aus der Ausgabe:
Ausgabe 382

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Autor:in
Ulrich Jonas
Ulrich Jonas
Ulrich Jonas schreibt seit vielen Jahren für Hinz&Kunzt - seit 2022 als angestellter Redakteur.