Welchen Weg schlägt der künftige Senat zur Bekämpfung der Wohnungsnot ein? Vier Jahre nach dem vergangenen Regierungswechsel ist die Situation für Obdachlose, Flüchtlinge und Arme auf dem Wohnungsmarkt weiterhin katastrophal. Trotzdem ist Wohnungsnot im Wahlkampf nur ein Randthema.
Im Bürgerschaftswahlkampf 2011 präsentierten die Parteien noch große wohnungspolitische Versprechen auf ihren Wahlplakaten: 4000 Neubauten wollte die CDU pro Jahr errichten. Die SPD versprach jährlich 6000 neue Wohnungen. Davon ein Drittel als Sozialwohnungen. Getoppt wurde das nur noch durch die Linke, die für „8000 bezahlbare Wohnungen pro Jahr“ auf ihren Plakaten warb.
Vier Jahre später ist es im Wahlkampf deutlich ruhiger geworden. Vor allem die SPD übt sich in Bescheidenheit. Für die kommende Legislaturperiode versprechen Olaf Scholz und seine Mitstreiter erneut 6000 neue Wohnungen jährlich. Das keine neuen, gewagten Versprechen gemacht werden, mag eine Konsequenz daraus sein, dass die hohen Zielsetzungen lange nicht erreicht wurden und zu reichlich Kritik am Wohnungsbauprogramm führten. Erst als die Stadtentwicklungsbehörde im vergangenen Jahr erstmalig die Fertigstellung von mehr als 6000 neuen Wohnungen verkündete, verstummte die Kritik allmählich.
Den grassierenden Mietenwahnsinn haben aber weder die steigende Anzahl von Baugenehmigungen noch zahlreiche fertig gestellte Neubauten bislang stoppen können. Große Hoffnung setzt der Senat daher in die Mietpreisbremse, die auf Bundesebene noch bis zum Sommer verabschiedet werden soll.
Auch aus der Opposition vernimmt man allerdings kaum gewagte Vorschläge. Wenig überraschend stammen die weitgehendsten Forderungen von der Linkspartei. Der Anstieg des Mietenspiegels soll ausgebremst werden, indem Bestandsmieten in die Erhebung einfließen. Und für die Saga GWG schlagen die Linken einen generellen Mietpreisstopp für die kommenden fünf Jahre vor.
Die Linke, die als einzige Partei eine Koalition mit der SPD kategorisch ausschließt, fordert darüber hinaus, dass bei Neubauten nicht nur jede dritte, sondern jede zweite Wohnung eine Sozialwohnung werden soll. Gemeinsam mit der CDU sind die Linken damit die einzigen Kräfte, die für einen Ausbau des geförderten Wohnungsbaus plädieren. Denn nach den Plänen der Grünen und SPD sollen weiterhin nicht mehr als jährlich 2000 neue Sozialwohnungen entstehen. Und das, obwohl allein in den kommenden zwei Jahren mehr als 11.000 Sozialwohnungen aus der Preisbindung fallen.
Dass die Mieten in Hamburg für immer mehr Menschen kaum noch bezahlbar sind, offenbart ein Vorschlag der CDU. „Aktuell bleiben auch diejenigen Wohnungssuchenden auf der Strecke, die, weil sie ein paar Euro zu viel verdienen, zwar keinen Anspruch auf eine Sozialwohnung haben, sich aber umgekehrt auch keine Wohnung von 10 oder 12 Euro Miete pro Quadratmeter leisten können“, sagt Hans-Detlef Roock, stadtentwicklungspolitischer Sprecher der Partei. Die Christdemokraten wollen daher einen dritten Förderweg für Durchschnittsverdiener einführen. In der Konsequenz würde der dritte Förderweg bedeuten, dass staatliche Subventionen nötig sind, um die Mieten auf 10 Euro pro Quadratmeter abzusenken.
Einen gänzlich anderen Kurs schlägt lediglich die FDP ein. Der Markt soll es richten. Deswegen werden soziale Erhaltensverordnungen, Zweckentfremdungsverordnungen und sogar die Mietpreisbremse als Hindernisse für den Wohnungsbau angesehen. Aus wohnungspolitischer Perspektive verwundert es wenig, dass Olaf Scholz das Koalitionsangebot der Liberalen bereits klar und deutlich abgewiesen hat.
Auffällig ist, dass alle Parteien die Situation von Obdachlosen und Flüchtlingen wenig berücksichtigen. Dabei leben derzeit etwa 12.000 Menschen in öffentlichen Unterkünften. Auf dem freien Wohnungsmarkt sind sie ohne Chance, da günstiger Wohnraum bis zu sieben Euro pro Quadratmeter kaum noch zu finden ist. Die SPD will immerhin auf städtischen Grundstücken bis zu 10 Prozent bei Neubauprojekten für vordringlich Wohnungssuchende bereithalten. Ein Vorschlag, den in ähnlicher Form auch die Grünen favorisieren. Ergänzend dazu wollen die Grünen die Saga GWG dazu verpflichten, jährlich 5000 statt bislang 3000 Wohnungen an Menschen mit Dringlichkeitsschein zu vergeben. Sogar die CDU will sich für Wohnungslose engagieren und das Personal in den Fachstellen für Wohnungsnotfälle ausbauen.
Interessant erscheint ein Vorschlag der Grünen: Eine neue Stiftung soll künftig Aufgaben des sozialen Wohnungsbaus übernehmen. Diese soll günstige Mieten sichern und weitere Wohnungen für Obdachlose und Flüchtlinge bauen. Im Wert von etwa 10 Millionen Euro sollen auch Wohnprojekte im Besitz der Stadt die Grundlage der neuen Stiftung bilden. „Statt die Projekte an die SAGA zu verkaufen und Gewinn abzuschöpfen, würde im Sinn der Stiftung Wohnraum für Bedürftige geschaffen“, sagt Olaf Duge, stadtpolitischer Sprecher der Grünen.
Text: Jonas Füllner
Fotos: Screenshot Wahl-O-Mat, Dennis Skley (CC BY-ND 2.0)