UKE-Studie

Wohnungslose sind häufiger psychisch krank

Das Universitätsklinikum Eppendorf. Foto: UKE

Eine Studie des UKE zeigt, dass ein Großteil der wohnungslosen Menschen unter psychischen Erkrankungen leidet. Studienleiterin Franziska Bertram erklärt, was das für die Angebote der Wohnungslosenhilfe bedeuten müsste.

Hinz&Kunzt Randnotizen

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Als Franziska Bertram und das Team der Rechtsmedizin begannen, die psychische Gesundheit wohnungsloser Menschen zu untersuchen, schien es zunächst, als ginge es jenen viel besser als der Allgemeinbevölkerung: Wissenschaftler:innen des Universitätsklinikums Hamburg-­Eppendorf (UKE) fragten rund 650 Wohnungslose in ganz Deutschland, ob diese schon einmal psychisch erkrankt gewesen seien, nur rund 23 Prozent bejahten dies. Allerdings fanden sie bei mehr als zwei Drittel der Befragten Hinweise auf eine nicht erkannte Erkrankung.

Unter obdach- und wohnungslosen Menschen gibt es wohl ein großes Problem der „Unterdiagnostik“, wie es Ärztin und Studienleiterin Franziska Bertram nennt. Wohnungslose Menschen sind demnach deutlich häufiger von psychischen Erkrankungen betroffen, diese werden aber seltener ärztlich diagnostiziert. 

Das Team betrachtete nur die Krankheiten, die auch in der Allgemeinbevölkerung besonders häufig vorkommen: Depressionen, Sucht­erkrankungen und Angststörungen. Andere Untersuchungen lassen allerdings vermuten, dass unter wohnungslosen Menschen auch schizophrene Erkrankungen häufig auftreten. Der Anteil der psychisch Erkrankten könnte also noch höher sein.

Entscheidend für die Einschätzung der ­eigenen Gesundheit könne laut Studie auch die Herkunft sein. Bertram sagt: „Als wir gefragt haben, was der wichtigste Grund für die Wohnungslosigkeit sei, nannten Menschen deutscher Herkunft oft ihre psychische ­Gesundheit. Wohnungslosen anderer Herkunft schien dies weniger wichtig – auch wenn sie mit hoher Wahrscheinlichkeit ­psychisch erkrankt waren.“

Dass die Herkunft einen großen Einfluss auf die psychische Gesundheit habe, liege wohl an unterschiedlichen Faktoren: „Eine legale Aufenthaltserlaubnis, die Möglichkeit einer Krankenversicherung, Sprachkenntnisse, soziale Netzwerke – all das sind Faktoren, die den Zusammenhang zwischen Gesundheit und Herkunft mit beeinflussen“, sagt Bertram.

Viele der bestehenden Angebote sind für Obdachlose mit psychischen Erkrankungen schwer vereinbar: „Wenn man sich vorstellt, man leidet unter einer Substanzabhängigkeit und sitzt dann mit Suchtdruck auf engem Raum mit vielen anderen wohnungslosen Menschen – ist es leicht vorstellbar, dass das zu Spannungen führt“, sagt Bertram. Gerade Depressionen, Angststörungen und schizophrene Erkrankungen machten Betroffene weniger robust für Stresssituationen. Ein eigener Raum als Rückzugsort kann dann besonders wichtig sein.

In der Versorgung von Wohnungslosen fehle generell eine systematische Infrastruktur, die Sozialarbeit, medizinische und psychotherapeutische Angebote mit verschiedenen Wohnformen zusammenbringe, sagt Bertram. Wichtig wäre das, damit Krankheiten häufiger erkannt und dann zielgerecht behandelt werden können

Artikel aus der Ausgabe:

Wenn Armut krank macht

Wie Armut psychisch krank macht, wie kranke Obdachlose in Hamburg zu wenig Hilfe bekommen und wie eine Community Health Nurse den Bewohner:innen auf der Veddel hilft – mit Zeit. Außerdem: KI-Kunstwerke generiert aus Schicksalen von Obdachlosen und beindruckende Bilder aus Georgien.

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Autor:in
Anna-Elisa Jakob
Anna-Elisa Jakob
Ist 1997 geboren, hat Politikwissenschaften in München studiert und ist für den Master in Internationaler Kriminologie nach Hamburg gezogen. Schreibt für Hinz&Kunzt seit 2021.

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