Der neue Mietenspiegel verdeutlicht es einmal mehr: Preiswerter Wohnraum wird in Hamburg immer knapper. Der Bestand an Sozialwohnungen schrumpft, der Wohnungsbau lahmt.
Das könnte anders sein. Die fünf wichtigsten Forderungen von Experten, die Hinz&Kunzt unterstützt.
(aus Hinz&Kunzt 203/Januar 2010)
1. Mehr Wohnungen bauen
Vergangenes Jahr wurden in Hamburg nicht mal 4000 Wohnungen neu gebaut – nach einhelliger Meinung von Senat, Wohnungswirtschaft und Mieterschützern müssten es jedoch mindestens 6000 sein, um den Bedarf zu decken. Da es vor allem an preiswertem Wohnraum mangelt, sollten Wohnungsbaugenossenschaften und andere soziale Vermieter grundsätzlich das Erstzugriffsrecht bei der Vergabe von Grundstücken haben. Derzeit gilt oft noch: Wer am meisten Geld bietet, bekommt den Zuschlag. Allein in den ersten zehn Monaten des vergangenen Jahres verkaufte die Stadt 15 Grundstücke gegen Höchstgebot. Zum Vergleich: 2007 waren es sechs gewesen. Bauanträge müssten zudem schneller bearbeitet werden. Die städtische Wohnungsgesellschaft Saga/GWG, die derzeit mehr Wohnraum verkauft als neu baut, müsste jährlich mindestens 1000 neue Wohnungen errichten.
2. Sozialwohnungen erhalten
Jedes Jahr fallen in Hamburg rund 5000 Sozialwohnungen aus der Preisbindung – gebaut werden so gut wie keine mehr. Der Senat hat das Problem erkannt und Fördergelder für den Erhalt von Sozialwohnungen bereitgestellt: 1,5 Millionen Euro für 100 Wohnungen pro Jahr. Wir meinen: sinnvoll, doch viel zu wenig! Das Programm sollte mit mindestens 30 Millionen Euro ausgestattet werden. So könnten 2000 Sozial-
wohnungen für immerhin zehn Jahre gesichert werden.
3. Mietenexplosionverhindern
Weil bei der Erhebung des Mietenspiegels nur diejenigen Mieten einfließen, die in den vier Jahren zuvor erhöht oder neu vereinbart wurden, schraubt sich die Spirale immer weiter nach oben. Denn die alle zwei Jahre neu erscheinenden Tabellen sind eine beliebte Rechtfertigung für Eigentümer, die Miete ihrerseits anzuheben. Die Lösung: Die Vier-Jahres-Regel sollte gestrichen werden. So würde sich der Mietanstieg verlangsamen, da der gesamte Wohnungsbestand im Mietenspiegel abgebildet würde, so Sylvia Sonnemann von Mieter helfen Mietern. Nötig wäre dafür eine Änderung des Paragrafen 558 Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches.
4. Innenstadtquartiere schützen
Dass die Mieten in beliebten Innenstadtvierteln wie der Schanze explodieren, müsste nicht sein. Soziale Erhaltensverordnungen – bisher gibt es sie nur für die südliche Neustadt und Teile von St. Georg – sind ein wirksames Gegenmittel, meinen Mieterschützer. Sie schreiben fest, dass Mieterhöhungen genehmigt werden müssen, für den Wohnungsverkauf gelten dann strenge Auflagen. Auch das Verbot der Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen kann helfen, den Mietanstieg zumindest zu verlangsamen. Denn oft ist eine Umwandlung mit vermeintlichen oder tatsächlichen Luxussanierungen und kräftigen Mietsteigerungen verbunden.
5. Wohnraum statt Büros bauen
Rund eine Million Quadratmeter Büroraum in Hamburg stehen leer. Wie der Senat kürzlich mitteilte, sind zwischen 2002 und 2008 auf ehemals städtischen Grundstücken 508.300 Quadratmeter Gewerbeflächen, aber nur 173.800 Quadratmeter Wohnraum entstanden. Wir fordern: Die Stadt sollte Grundstücke nur noch an Investoren verkaufen, die (Miet-)Wohnungen bauen. Sinnvoll wäre zudem eine Förderung von Eigentümern, die leer stehende Büros in Wohnungen umwandeln (das geht jedoch nicht immer und ist oft teuer). Denkbar ist auch die Wiedereinführung der sogenannten degressiven steuerlichen Abschreibung, wie sie Heinrich Stüven vom Grundeigentümerverband Hamburg fordert: Sie ermöglicht es, die Kosten für den Bau von Wohnhäusern zu einem hohen Prozentsatz abzuschreiben. So würde eine Investition schnell rentabel. Was Politikern daran nicht gefällt: Der Staat würde weniger Steuern einnehmen.