Eigentlich wollten wir eine ganz andere Geschichte abdrucken. Aber dann erreichte uns diese Nachricht: Einer unserer Verkäufer wird dringend verdächtigt, eine Frau überfallen und vergewaltigt zu haben. Ein Versuch, dafür die richtigen Worte zu finden.
(aus Hinz&Kunzt 237/November 2012)
Selbst als wir das Foto in der Zeitung sahen, konnten wir es nicht richtig begreifen: Dieser Mann sollte in die Wohnung einer Frau eingedrungen sein, sie gefesselt und beraubt – und vergewaltigt haben. Der Mann auf dem Foto ist unser Hinz&Kunzt-Verkäufer Frank W. Viele Verkäufer, fast alle im Team und einige Leser kennen ihn. Er war – hier in der Redaktion – zurückhaltend und doch engagiert, zum Beispiel machte er bei unserer Leerstandskampagne mit. Die meisten von uns mochten ihn. Eigentlich würden wir ihm eine solche Tat nicht zutrauen.
Dass ein Hinz&Kunzt-Verkäufer laut DNA-Analyse der Täter sein soll, haut rein. In 19 Jahren haben wir mehr als 5000 Menschen einen Ausweis ausgestellt – und die weitaus überwiegende Mehrheit hat Hinz&Kunzt als Chance begriffen. Aber in so einem Moment vergisst man das manchmal.
Keiner von uns konnte zur Tagesordnung übergehen. Wir mussten und müssen oft an die Frau denken: „Kann man je über so etwas hinwegkommen?“ Und wir waren wütend auf den Täter: „Wie kann einer so etwas tun?“
Dann kamen die ersten Medienberichte. Das Bild, das die ein oder andere Zeitung von Frank zeichnete, war das eines berechnenden, bösen Menschen, der alle bewusst getäuscht hatte. Wir haben ihn anders gekannt. Der Täter und Frank, der ja noch gar nicht überführt ist, verschmolzen aber auch bei uns zu ein und derselben Person. Immer klarer wurde uns: Wir müssen uns selbst äußern.
Wir schrieben einen Aufruf: „Stell dich, Frank! Es ist nur eine Frage der Zeit, bis die Polizei dich findet. Wir, die Hinz&Kunzt-Mitarbeiter und Verkäufer, sind fassungslos über deine Tat und können es immer noch nicht begreifen. Wir sind fest davon überzeugt, dass du ein Unrechtsbewusstsein hast. Sonst hätten wir nicht den anderen Frank kennenlernen können, der sich oft für andere eingesetzt hat.
Wir glauben auch nicht, dass dir die Zugehörigkeit zu unserer Gemeinschaft scheißegal war und du uns die ganze Zeit nur etwas vorgespielt hast. Deine Tat ist nicht wiedergutzumachen. Und wir haben tiefes Mitgefühl mit dem Opfer. Sie wird ihr Leben lang an den Folgen deiner Tat leiden. Der Einzige, der ihr ein kleines Stück Gerechtigkeit widerfahren lassen kann, bist du. Indem du dich stellst und die Verantwortung übernimmst. Tu es!“ Mit dem Aufruf fühlten wir uns so lange gut, bis uns einige Facebook-Mitglieder klarmachten, dass wir einen Fehler begangen hatten. Sie waren entsetzt, dass wir Frank derartig vorverurteilten. Auch wenn er der Tat dringend verdächtig ist, gilt für ihn selbstverständlich bis zu einer Verurteilung die Unschuldsvermutung. „Gerade von Leuten, die sich täglich selbst mit Vorurteilen konfrontiert sehen, hätte ich etwas mehr Fingerspitzengefühl erwartet“, schrieb eine Userin. „Das ist mehr als grenzwertig“, ein anderer. Wir sind stolz darauf, solche Leser zu haben. Danke noch mal! Aus unserer Betroffenheit heraus haben wir die juristische und die emotionale Ebene vermischt. Trotzdem hoffen wir, dass Frank sich stellt. Damit, was immer auch passiert ist, geklärt werden kann.
Wenn es Rückschläge in unserer Arbeit gibt, dann fällt es uns manchmal schwer, offen und zugewandt zu bleiben. Die Gespräche, gerade die miteinander im Team und mit den Verkäufern, haben uns geholfen, die letzten Wochen besser zu verarbeiten. Und unserem Grundsatz treu zu bleiben: Jeder hat eine Chance verdient. Gerade jetzt.
Die ganze Geschichte hat uns so beschäftigt, dass wir darauf verzichtet haben, in dieser Ausgabe – wie eigentlich geplant – einen Krimi abzudrucken. Stattdessen sprachen wir mit vielen über unsere Gefühle: mit einer Frau, die selbst Opfer von Gewalt und sexuellem Missbrauch wurde, mit einem Polizisten, der in einer brenzligen Situation aus Angst schon mal die Waffe gezogen hat, mit einem Mitarbeiter eines Jobcenters, der von einem Besucher angegriffen wurde, mit einem Krimi-Autor, der ja in Gedanken gewalttätig wird, und mit vier Hinz&Künztlern – zwei von ihnen waren Opfer.
Text: Birgit Müller
„Irgendwann sinkt die Hemmschwelle.“
Hinz&Künztler Torsten verkauft im Ernst Deutsch Theater und ist einer unserer Hinz&Kunzt-Stadtführer.
„Die Meldung, dass Frank eine Frau überfallen und vergewaltigt haben soll, war für mich ein Schock. Ich kenne Frank ein bisschen und hätte ihm so eine Tat nie zugetraut. Ich wusste nicht, dass er vorbestraft war. Aber hätte dieses Wissen etwas geändert? Ich glaube nicht. Wer neu als Verkäufer zu Hinz&Kunzt kommt, muss nicht erzählen, ob er mal kriminell war und im Gefängnis saß – das finde ich weiterhin gut! Jeder hat die Chance auf einen Neuanfang verdient. Und jeder sollte nach seinem jetzigen Verhalten bewertet werden, nicht nach seiner Vergangenheit. Natürlich gibt es keine Garantie, dass jemand, der schon mal eine Straftat begangen hat, nicht wieder rückfällig wird. Wenn ich mit Gruppen bei den Hinz&Kunzt-Stadtrundgängen unterwegs bin, sage ich aber auch immer: Ohne Angebote wie Hinz&Kunzt gäbe es sicher viel mehr Beschaffungskriminalität in der Stadt. Denn was bleibt jemandem ohne Job übrig, der ganz am Rand der Gesellschaft steht und sich von allem ausgeschlossen fühlt? Dem ist doch irgendwann alles egal. Und dann sinkt auch die Hemmschwelle, kriminell zu werden.“
„Auch ich wurde schon einmal brutal überfallen.“
Hinz&Künztler Erich verkauft auf dem Wochenmarkt in Lohbrügge.
„Ich finde, jeder Arbeitgeber hat das Recht zu erfahren, ob ein Mitarbeiter schon einmal straffällig geworden ist – auch Hinz&Kunzt. Das heißt ja nicht, dass man demjenigen keine Chance geben sollte. Aber ich persönlich würde es wissen wollen. Ich verabscheue jede Form von Gewalt, auch verbale. Ich selbst wurde mal brutal zuammengeschlagen. Eine Gruppe von Jugendlichen behauptete, ich hätte eine Straftat begangen, hatte ich aber gar nicht. Der Anführer der Clique wollte mich sogar mit einem Messer abstechen, zum Glück hat seine Freundin ihn davon abgehalten – sonst wäre ich vielleicht schon tot. Es hat Monate gedauert, bis ich das Erlebnis einigermaßen verarbeitet hatte und wieder ohne Angst durch meinen Stadtteil gehen konnte. Die Täter wurden später verurteilt. Vor Gericht gaben sie zu, dass sie sich die Sache mit der Straftat nur ausgedacht hatten. Warum sie mich auf dem Kieker hatten, konnten sie selbst nicht sagen. Das ist jetzt zehn Jahre her. Vor Kurzem hat mich einer der Täter in der U-Bahn wiedererkannt und sich neben mich gesetzt – um sich bei mir zu entschuldigen! Das fand ich gut. Aber es macht natürlich nichts ungeschehen. Gewaltopfer leiden ihr Leben lang. Auch ich.“
„Das Opfer tut mir furchtbar leid.“
Hinz&Künztler Klaus verkauft vor Karstadt in der Mönckebergstraße.
„Die Tat ist schrecklich, das Opfer tut mir furchtbar leid. Ich verstehe nicht, wie jemand einen anderen Menschen mit Vorsatz verletzen kann. Gleichzeitig darf man die Unschuldsvermutung nicht außer Acht lassen. Besonders von Hinz&Kunzt hätte ich da mehr Feingefühl erwartet. Ich finde es gerade gut, dass hier jeder eine Chance bekommt, egal welche Vorgeschichte er hat. Man muss bedenken: Es gibt Hinz&Kunzt seit 19 Jahren, es wurden über 5000 Ausweise ausgeteilt – und nun diese eine schlimme Tat, diese Tragödie. Deswegen darf nicht am Sinn des Projekts gezweifelt werden. Deswegen darf man auch nicht alle, die bereits einmal straffällig geworden sind, über einen Kamm scheren und für immer ausgrenzen oder wegsperren. In so einer Welt würde ich nicht leben wollen.“
„Ich habe schon mal zurückgeschlagen.“
Hinz&Künztler Uwe verkauft in Blankenese.
„Als ich von der Tat gehört habe, habe ich sofort an das Opfer gedacht, die arme Frau. Sie wird für immer daran leiden, was ihr angetan wurde. Ich finde Gewalt schrecklich, wurde selbst schon mal auf dem Kiez überfallen und zusammengeschlagen. Um mich zu wehren, habe ich damals zurückgeschlagen – mehr aus Reflex und nicht bewusst. Aber ich weiß: Das ist absolut keine Lösung. Wenn jeder so reagieren würde, würden wir irgendwann in einer Gewaltspirale enden. Da ist es besser, vorzubeugen und versuchen zu verhindern, dass es überhaupt zu Gewalt und Straftaten kommt. Bei Hinz&Kunzt sind sicher viele Verkäufer, die schon mal straffällig geworden sind und auch schon längere Zeit im Knast saßen. Da fände ich es gut, wenn es für sie spezielle Angebote geben würde, vielleicht Gesprächsrunden mit Sozialarbeitern. Denn wer sich dazu entscheidet, bei Hinz&Kunzt Zeitungen zu verkaufen, macht das ja eigentlich gerade, weil er einen Neustart versuchen und straffrei leben möchte. Wer das ernst meint, sollte dafür alle nötige Unterstützung erhalten.“
„Ich muss mir Rechenschaft ablegen, warum ich über Gewalt schreibe.“
Krimiautor Gunter Gerlach veranstaltet zum Internationalen Krimitag am 8.12. eine Lesung mit Kollegen zugunsten von Hinz&Kunzt.
„Ich habe natürlich eine klare Einstellung zu Gewalt, weil ich mir als Krimiautor Rechenschaft ablegen muss, warum ich über Gewalt schreibe. Krimis haben heute die Aufgabe, die früher die Märchen hatten: Sie sind ein Abbild unserer Gesellschaft und der Gewalt, die dort stattfindet, und haben damit etwas Triebabführendes. Und wir gruseln uns beim Lesen, auch wenn wir wissen, dass das, was uns da erzählt wird, nicht real ist. Ich weiß natürlich, dass wir alle permanent unter Druck stehen. Die Gesellschaft übt einen Druck aus, den man fast mit Gewalt vergleichen kann. In der Wirtschaft gilt nicht mehr wie früher: ein gutes Geschäft ist, wenn beide Seiten ein gutes Geschäft gemacht haben. Heute gilt, dass man jemand anderen über den Tisch ziehen muss. Was dieses Wirtschaftssystem daher ausmacht, wie es ausgelegt ist, nur sich selbst als Gewinner zu sehen, aber auf alle anderen mit Verächtlichkeit herabzublicken, das muss zu Gewalt führen. Insofern ist es nicht sonderlich verwunderlich, wenn ab und zu ein Mensch zu Gewalt greift. Zum Glück ist es selten genug. Zum Glück weiß ein einigermaßen intelligenter Mensch: Wenn er zu Gewalt greift, vergrößert er seine Probleme, die er mit Gewalt lösen will. Man hat immer schon verloren, wenn man zu Gewalt greift, um sich zu wehren. Denn der, der einem gegenübersteht, ist unter Umständen in einem höheren Maße bereit, Gewalt anzuwenden. Man müsste also gewalttätiger sein als sein Gegenüber. Der Prophet Mohammed hat ja einmal so schön gesagt: ‚Es ist kein Sieg im Kampf jemanden zu besiegen. Der größere Sieg ist es, den Zorn in sich selbst zu besiegen.‘“
„Ich hab vor Angst mal die Waffe gezogen.“
Ex-Polizist Ralf Zander ist Mitglied bei www.polizei-poeten.de.
„Ich bin 1960 zur Polizei, kam schnell nach St. Pauli. War ein raues Viertel, aber man wurde als Polizist respektiert. Wenn es mal Probleme gab, wusste ich, wer mein Gegenüber ist, und der wusste das auch. Ganz anders als später bei den vielen gewalttätigen Demonstrationen, wo die Gewalt aus der großen, grauen Masse kam. Darauf war ich nicht vorbereitet. Einmal, als es die Krawalle um die Neue Flora gab, sollten wir den Verkehr regeln, fünf einfache Verkehrsposten waren wir. Plötzlich standen uns 200, 300 Leute gegenüber: Das war ein Hagel an Brandsätzen und Steinen! Und alle auf uns drauf! Da hab ich vor Angst und Wut die Waffe gezogen, aber ein Kollege hat mich gepackt und in den nächsten Wagen gezerrt, der einiges an Steinen abbekommen hat. Ich bin heute so froh, dass nichts weiter passiert ist. So wie heute, dass einem von den Vorgesetzten psychologische Hilfe angeboten wird, dass man loswerden kann, was einen bedrückt, das gab es nicht. Ich hab dann sehr früh einen Schlaganfall bekommen, wohl wegen dem ganzen Stress, bin vorzeitig pensioniert worden. Zum Glück hab ich mich gut erholt und schreibe heute lustige, aber auch ernste Geschichten über das, was ich erlebt habe. Aber keine Krimis.“
„Ich konnte unter den Schreibtisch flüchten.“
Matthias M. (Name geändert) arbeitet als Teamleiter in einem Jobcenter.
„Wieder stand es in der Zeitung: Eine Kollegin wurde im Jobcenter tätlich angegriffen. Doch die Übergriffszahlen sind nicht gestiegen, sie sind eher zurückgegangen. Das liegt mit daran, dass sich in unseren Centern heute ein sehr viel breiterer Personenkreis mischt – Handwerker, Kaufleute, Akademiker – das ist kein Vergleich zu den alten Sozialämtern von vor 20 Jahren. Auch sonst hat sich viel getan, allein was die Freundlichkeit der Wartebereiche angeht: mit Pflanzen, mit Stühlen, mit Bildern. Wenn ich als Vorgesetzter sage, wir brauchen neues Mobiliar, dann geht das. Ich muss mich allerdings drum kümmern. Und wir haben Wachdienste, was vieles verhindert und was das subjektive Empfinden der Kollegen stärkt. Sollte wirklich mal was passieren, haben wir eine Frühintervention, bieten sofort Gespräche an, für den Einzelnen, auch für das Team – ohne Vorgesetzte natürlich. Ich weiß, wie das hilft, ich bin selbst mal attackiert worden, von einem, der nachweisbar psychisch krank war: Er sprang auf einmal auf, hat mit dem Bildschirm nach mir geworfen und mit der Tastatur auf mich eingeschlagen. Ich konnte zum Glück unter den Schreibtisch flüchten, er hat abgelassen und ist gegangen. Was mir und meinen Kollegen auf andere Weise zusetzt, ist das Feindbild Hartz IV. Wir seien eine Demütigungsbürokratie, das sagt man mir so ins Gesicht. Eine solche kritische, politische Meinung kann man ja haben, selbstverständlich, aber wie das manchmal geäußert wird, das ist auch eine Form der Aggression, die nicht immer gut auszuhalten ist.“
„Ich hab so einen komischen Ganzkörperschmerz.“
Frau G. wurde als Kind vom Vater missbraucht. Heute ist sie Mitte 40. Ihr Vater wurde damals zu zwei Jahren Haft auf Bewährung verurteilt.
„Ich habe versucht zu verdrängen. Ich habe darüber geredet. Ich habe versucht, nach vorne zu gucken, ich habe versucht die Vergangenheit miteinzubeziehen, es hat alles nichts geändert. Und nun stehe ich da, wo ich stehe und weiß: Ich komme definitiv alleine nicht weiter. Mein Leben ist ein ziemlicher Scherbenhaufen.
Dabei ist die eigentliche Gewalttat fast 30 Jahre her: Sie erstreckt sich von meinem sechsten bis fast zum 16. Lebensjahr. Es fing damit an, dass mein Vater mich geschlagen hat, bis hin zu ganz, ganz schlimmer sexueller Gewalt. Mit allem, was man sich so vorstellen kann – oder auch nicht. Mit 13 hat eine Tante ihn beim Jugendamt angezeigt, ich hatte mich an meine Familie gewandt, ich hatte damals versucht, mir Hilfe zu holen. Man muss dazu wissen: Meine Mutter war an Krebs erkrankt. Als sie starb, war ich meinem Vater völlig ausgeliefert. Mein Vater sagte zu mir und auch zu meiner Schwester: „Wenn ihr irgendwas sagt, schlag ich euch tot.“ Er hatte studiert, er war intelligent, er war Beamter, sah attraktiv aus: Also, die beiden vom Jugendamt kamen, haben sich mit ihm unterhalten – die waren kaum aus der Tür raus, da ist mein Vater völlig explodiert. Nichts änderte sich, niemand half mir.
Mit 15 einhalb bin ich weggelaufen, hab’ die Flucht nach vorn angetreten: Ich bin zur Polizei gegangen und hab ihn angezeigt. Ich kam in eine Wohngruppe aus so lauter ausgemusterten Heimkindern, die wie ich noch nicht volljährig waren. Irgendwann kam man auf die Idee, es wäre vielleicht ganz gut, eine Therapie zu machen: Vor mir saß ein Psychologe, ein Mann, was sehr unglücklich war. Er schaute mich auch noch ganz ernst und böse an und wollte wissen, wie ich heiße und wer ich bin. Auf meine Gegenfrage, warum er das wissen will, antwortete er nur, ich sei nicht therapiefähig. Nicht therapiefähig – darauf war ich stolz. Für mich hieß das: Ich habe mich diesem Mann nicht ausgeliefert.
Heute weiß ich, dass ich eine Menge Probleme habe. Ich habe ein paar gesundheitliche Probleme, so einen komischen Ganzkörperschmerz. Niemand weiß, ob er einen seelischen Ursprung hat. Ich brauche auf jeden Fall Hilfe. Vielleicht hilft eine Traumatherapie. Vor ein paar Wochen habe ich mich daher an den Weißen Ring gewandt, damit man mir vielleicht bei der Suche nach einer Therapeutin helfen kann. Es ist die beste Entscheidung dieses Jahres: Ich werde hier richtig gut unterstützt, man nimmt mich hier ernst. Als ich neulich mehr so nebenbei erzählte, dass ich meinen Namen ändern möchte, das aber ziemlich kompliziert ist, wurde mir gesagt: „Dabei können wir Sie unterstützen.“ Wenn ich an meinen Namen denke, wenn ich ihn aussprechen muss, höre ich sofort die Stimme von meinem Vater, wie er diesen Namen sagt, ganz gruselig. Dass ich bald anders heiße, das ist ein kleiner Schritt, und er ist in jedem Fall gut. Ich kann mir nicht vorstellen, dass man das, was passiert ist, wirklich wiedergutmachen kann. Es war einfach zu gravierend. Ehrlich gesagt: Ich weiß nicht, was hilft. Aber ich bin auf der Suche.“
Protokolle: Maren Albertsen, Frank Keil