Für die Wintermonate bietet die Stadt Hamburg ab nächster Woche etwa 700 Obdachlosen ein nächtliches Dach über den Kopf. Im Namen der Diakonie Hamburg kritisiert ein Mediziner, dass die Stadt Obdachlose tagsüber in die Kälte rausschickt.
Nur zwei Obdachlose wurden in der vergangenen Saison aus dem Winternotprogramm in eine eigene Wohnung vermittelt. Und so dürfte der Andrang groß sein, wenn die Stadt am 1. November wieder die Türen eines ehemaligen Hotels in der Halskestraße und eines ehemaligen Bürokomplexes in der Friesenstraße für Obdachlose öffnet.
Etwa 100 Plätze sind in der Friesenstraße bereits durch Obdachlose belegt, die die Stadt aufgrund ihres schlechten gesundheitlichen Zustandes auch im Sommer nicht mehr auf die Straße zurückschicken wollte.
Die städtischen Notunterkünfte mit insgesamt 700 Schlafplätzen öffnen nur für die Nacht. Morgens werden die Obdachlosen wieder raus in die Kälte geschickt. Dass es auch anders geht zeigen Kirchengemeinden, die auf ihren Grundstücken rund 100 Plätze in Wohncontainern anbieten, die von den jeweiligen Gemeinden betreut werden und in denen Obdachlose den ganzen Winter über wohnen dürfen.
Dass die Stadt wiederum den Obdachlosen tagsüber im Winternotprogramm keinen Schutz bietet, kritisiert Hinz&Kunzt seit Jahren und ruft jetzt auch einen Allgemeinmediziner auf den Plan. „Obdachlose, die zu mir in die Sprechstunde kommen, sind meist in einem schlechten gesundheitlichen Allgemeinzustand“, sagt Dr. Hans-Heiner Stöver, der sich ehrenamtlich im Diakonie-Zentrum für Wohnungslose engagiert. Wenn dann noch Virusinfektionen hinzukämen, die unter diesen Lebensbedingungen nicht ausheilen könnten, bestehe schnell Lebensgefahr. „Als Arzt rate ich meinen Patient:innen bei grippalen Infekten normalerweise dazu, sich auszuruhen, warm zu halten, viel zu schlafen und zu trinken. Nur so lassen sich gefährliche Komplikationen wie Lungen- oder Herzmuskelentzündungen und im schlimmsten Fall ein plötzliches Herzversagen vermeiden.“ Niemand sollte daher den ganzen Tag draußen verbringen müssen, schon gar nicht im Herbst und Winter, sagt der Allgemeinmediziner.