Endlich bietet die Stadt Obdachlosen im Winternotprogramm kleinere Zimmer an. Sie brauchen aber vor allem eins, um den Weg in eine Zukunft zu finden: Ruhe. Massenunterkünfte sind ein schlechtes Angebot.
Stellen Sie sich vor, Sie wären obdachlos und müssten abends in eine Unterkunft gehen, in der bis zu 400 Menschen mit vielen Problemen auf engstem Raum zusammenkommen: Was würden Sie empfinden? Würden Sie das Mehrbettzimmer wählen ohne jede Privatsphäre? Oder würden Sie versuchen, sich draußen einen einigermaßen geschützten Schlafplatz zu suchen? Und hätten Sie vielleicht das Gefühl, sie müssten wählen zwischen Pest und Cholera?
Vor diesen Fragen stehen Obdachlose in diesen Tagen. Eine gute Nachricht gibt es für sie: Der Standard des Winternotprogramms wird besser. Dass bis zu 300 Menschen in Doppel- oder gar Einzelzimmern mit eigenem Bad Schutz vor Kälte finden, ist ein Quantensprung im Verhältnis zur Vergangenheit und zu anderen Unterkünften. Doch auch wenn ein Hotel nun zur Unterkunft wird: Mit dem erfolgreichen Hotelprojekt des vergangenen Winters hat das nichts zu tun. Dort hatten wir Obdachlose über die Stadt verteilt in Hotels untergebracht. In Billbrook hingegen droht ein neues Zentrum der Verelendung zu entstehen. Dass sich Bürger:innen gegen solche Massenunterkünfte wehren, ist verständlich – und Folge falscher Politik.
Warum schafft die Stadt nicht dauerhafte Wohnverhältnisse für die Menschen, die auf unseren Straßen leben? Warum verteilt sie sie nicht in kleinen Unterkünften, in denen höchstens 50 Menschen leben, mit Einzelzimmern als Standard? Und warum schickt sie die Menschen im Winternotprogramm morgens auf die Straße und lässt sie erst abends wieder in die Unterkünfte?
Unser Hotelprojekt hat gezeigt: An Orten der Ruhe, wo Obdachlose rund um die Uhr bleiben können, finden viele die Kraft, sich auf den Weg in ein neues Leben zu machen. Selbstverständlich gelingt das nur, wenn die Menschen von Sozialarbeiter:innen begleitet werden. Doch anders als die Stadt behauptet: Es ist möglich! Mit einem Umdenken könnte die Stadt besser helfen. Und sie würde vermutlich sogar Geld sparen. Rund 13,3 Millionen Euro kostet das diesjährige Winternotprogramm – mehr als je zuvor.