Das Winternotprogramm startet im November mit 240 Plätzen, die meisten davon wieder in der Spaldingstraße. Die Notunterkunft wird für alle Obdachlosen zugänglich sein, so Sozialsenator Scheele. Zwangsberatung für Osteuropäer soll es nicht geben.
In Hamburg muss niemand auf der Straße schlafen. Das verspricht Sozialsenator Detlef Scheele (SPD) und entschärft damit anderslautende Meldungen. Die taz hatte in einem Bericht eine Sprecherin der Sozialbehörde zitiert. Diese sagte, Ziel des kommenden Winternotprogramms der Stadt sei nicht, „eine kostengünstige Übernachtung für alle Personen gleichermaßen zur Verfügung zu stellen“ und dass osteuropäische Hilfesuchende zunächst von einer Beratungsstelle „gefiltert“ werden sollen.
Das hatte zu scharfer Kritik des Diakonischen Werkes und von Hinz&Kunzt geführt. Nun stellt die Sozialbehörde klar: „In Hamburg wird es keine Zwei-Klassengesellschaft geben, wenn es darum geht, dass Obdachlose ein Dach über dem Kopf bekommen sollen. Denn hier wird selbstverständlich jeder und jede – egal welche Nationalität er oder sie hat, einen Erfrierungsschutz bekommen.“
In den vergangenen zwei Jahren war ein sehr großer Anteil der Obdachlosen, die das Winternotprogramm der Stadt nutzten, nichtdeutscher Herkunft gewesen. Vor allem Menschen aus Osteuropa nutzten den Erfrierungsschutz. Laut Sozialbehörde lag ihr Anteil bei rund 75 Prozent. Für sie gibt es seit November 2011 eine eigene Beratungsstelle. Die „Anlaufstelle für EU-Bürger“ registrierte, dass viele der osteuropäischen Hilfesuchenden auf der Suche nach Arbeit nach Hamburg kamen und kommen, weil sie in ihren Heimatländern keine Perspektive sehen. In Hamburg werden sie, so sie denn einen Job finden, für ihre Arbeit etwa auf Baustellen mies bis gar nicht entlohnt. Betroffene berichten von Stundenlöhnen um zwei Euro.
„Wir befürworten ausdrücklich die Mobilität der Menschen innerhalb der EU. Dort, wo Arbeitsmigration allerdings scheitert und in echte soziale Verelendung mündet, muss auch geholfen werden“, sagte dazu Ksenija Bekeris, sozialpolitische Sprecherin der SPD-Bürgerschaftsfraktion. „Die Abklärung sozialer Rechte und der Perspektive gehört selbstverständlich dazu. Die freiwillige Rückkehr in das Herkunftsland ist dabei eine Option“
Dabei soll die von Sozialarbeitern geleitete Beratungsstelle unterstützen. 582 Osteuropäer wurden laut Behörde bisher beraten, 251 Menschen seien nach Bulgarien Rumänien oder Polen zurückgekehrt. Dieses Programm will die Sozialbehörde weiter ausbauen. „Ich möchte nicht, dass Menschen mit falschen Versprechungen nach Hamburg gelockt werden und hier stranden, weil sie hier keine Lebensperspektive haben“, sagte Senator Scheele. „Deswegen bauen wir unser Beratungsangebot stetig aus und sorgen dafür, dass die Anlaufstelle für osteuropäische Obdachlose weiterhin bestehen bleibt.“
Das Winternotprogramm 2012/2013 beginnt am 1. November. Die größte Unterkunft wird wie im vergangenen Winter das Bürogebäude in der Spaldingstraße sein – mit zunächst 160 Schlafplätzen. Die Zahl kann bei Bedarf auf bis zu 230 Plätze erhöht werden. Dazu kommen rund 80 Plätze in Wohncontainern.
Text: Beatrice Blank
Foto: Mauricio Bustamante