Das Winternotprogramm bleibt weiterhin für Obdachlose tagsüber geschlossen. In der Bürgerschaft fand der Antrag der Linksfraktion die Notunterkünfte im Winter ganztägig und für alle zu öffnen keine Mehrheit.
Und wieder grüßt das Murmeltier: Jahr für Jahr fordern Diakonie, Hinz&Kunzt und weitere Träger aus der Wohnungslosenhilfe gebetsmühlenartig, den Menschen auf der Straße auch tagsüber Schutz in den Notunterkünften zu bieten. Doch die Sozialbehörde bleibt hart. Die Begründung: Tagsüber werden die Unterkünfte gereinigt. Zwischen 9 und 17 Uhr müssen sich die Obdachlosen daher Zuflucht in einer Tagesaufenthaltsstätte suchen.
Doch dort gibt es nicht genügend Plätze für alle Obdachlosen, lautet die Kritik von Hinz&Kunzt. Es sei zudem nicht nachvollziehbar, warum die Notunterkünfte für Reinigungsarbeiten tagsüber so lange geschlossen bleiben. Dass es auch anders geht, zeigte der Unterkunftsbetreiber fördern und wohnen während der Kältewelle im Frühjahr 2018, als an einigen besonders kalten Tagen die Öffnungszeiten ausgeweitet wurden.
Überhaupt keinen Zugang zu den Betten in den Notunterkünften erhielten den ganzen Winter über Osteuropäer, die in ihrer Heimat eine Meldeadresse haben. Es handelt sich meist um Rumänen oder Bulgaren, die in ihrer Heimat keine Perspektive mehr für sich sehen. Seit bald zwei Jahren verweigert die Behörde ihnen jedoch ein Bett im Erfrierungsschutz der Stadt. Diese Obdachlosen sollen in ihre Heimat zurückkehren.
Winternotprogramm bleibt tagsüber geschlossen
An dieser Regelung wird sich voraussichtlich auch im kommenden Winter nichts ändern. Vergangene Woche hatten Helfer und Mitarbeiter aus der Wohnungslosenhilfe in einem Offenen Brief eine Tagesöffnung des Winternotprogramm vergeblich gefordert. Jetzt wurde zudem ein Antrag der Linksfraktion auf eine ganztägige Öffnung der Notunterkünfte für alle Obdachlosen in der Bürgerschaftssitzung am 16. September in den Sozialausschuss überwiesen. Dort würde der Antrag anschließend diskutiert, aber mit Sicherheit abgelehnt, mutmaßt Linken-Pressesprecher Florian Kaiser gegenüber Hinz&Kunzt. „So wurde es zumindest in den Vorjahren gehandhabt.“
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Weitere Informationen95.000 Unterschriften für Obdachlose
Um endlich eine Verbesserung für Obdachlose zu erstreiten, hatten im Dezember 2017 der ehemalige Obdachlose Jörg Petersen und Hinz&Kunzt eine Kampagne für die Tagesöffnung der Notunterkünfte für alle Obdachlosen – auch die aus Osteuropa – gestartet. Online sammelten er gemeinsam mit Hinz&Kunzt mehr als 95.000 Unterschriften über das Portal Change.org. Die Sozialbehörde allerdings ließ sich davon nicht erweichen. Nach der Entscheidung der Bürgerschaft kann nun auch in diesem Jahr davon ausgegangen werden, dass die Türen tagsüber und für viele Osteuropäer gänzlich verschlossen bleiben.