Zimmermädchen, die um ihren Lohn geprellt werden, sind meistens bei einem Reinigungsunternehmen angestellt. Der Hamburger Rechtsanwalt Reinald Berchter versucht, ihnen zu helfen. Warum das oft schwierig ist, erklärt er im Interview.
Hinz&Kunzt: Im Reinigungsgewerbe gilt ein verbindlicher Branchen-Mindestlohn von 10,56 Euro brutto die Stunde. Trotzdem suchen immer wieder Menschen Ihren Rat, die Hotelzimmer säubern und weniger verdienen. Wie kann das angehen?
Reinald Berchter: Das Problem ist: Hotels beauftragen Dienstleister und bezahlen die nach gereinigten Zimmern. Das bedeutet für die Reinigungsunternehmer, dass sie nur schlecht vorhersehen können, was sie verdienen: Wenn ein Zimmer nicht gebucht wird, muss es auch nicht gereinigt werden – und wird damit auch nicht bezahlt.
Die Hotels geben ihr unternehmerisches Risiko also an die Reinigungsfirmen weiter?
Richtig. Und die wiederum geben es regelmäßig an ihre Mitarbeiterinnen weiter. Die werden laut Arbeitsvertrag zwar mit einem festen Stundenlohn bezahlt. Tatsächlich hängt ihr Lohn aber oft von der Zahl der Zimmer ab, die sie säubern – was etwa im Vertragsanhang steht.
Ist das erlaubt?
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Der Arbeitgeber kann sagen, was er von Ihnen verlangt: zum Beispiel 2,4 gereinigte Zimmer pro Stunde. Ob Sie das schaffen oder schaffen können, steht auf einem anderen Blatt. Gerade für Mitarbeiterinnen, die neu anfangen, sind solche Quoten schwer zu erfüllen. Das Problem aber ist: Wenn Sie länger brauchen, bekommen Sie nicht mehr bezahlt. Denn die Arbeitszeit, die Ihnen das Hotelreinigungsunternehmen aufschreibt, entspricht häufig den Zeitvorgaben aus dem Vertrag – und nicht der Realität. Korrekt ist das nicht. Aber hier gilt: wo kein Kläger, da kein Richter.
Und das lassen die Beschäftigten mit sich machen?
Das sind Menschen, die auf das Einkommen angewiesen sind, auch wenn es gering ist. Entweder sie gewöhnen sich an diese Sitten – oder sie fliegen über kurz oder lang raus. Deshalb wehren sich Betroffene meist erst, wenn ihnen gekündigt wurde. Das Problem dabei ist: Warten sie damit länger als zwei Monate, verfallen ihre Ansprüche.
Es fällt auf, dass die Arbeitsverträge oft nur sechs Monate gelten.
Das ist zulässig. Bis zu zwei Jahre kann ein Arbeitsvertrag ohne Sachgrund befristet werden. Das bedeutet: Ein Arbeitgeber kann einen Halbjahresvertrag dreimal verlängern, erst dann steht ein Mitarbeiter in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis.
Werden Zuschläge für Überstunden oder Sonntagsarbeit bezahlt, was laut Tarifvertrag ja Pflicht ist?
Oft nicht. Dass es einen Rahmentarifvertrag gibt, steht in den Arbeitsverträgen meist nicht drin. Und da viele Beschäftigte in dieser Branche des Deutschen kaum mächtig sind, erfahren sie auch nicht aus anderen Quellen, dass ihnen diese Zuschläge zustehen. Meist kommen die Menschen zu mir, weil sie eine Kündigung erhalten haben und nicht verstehen warum. Dass Zuschläge nicht gezahlt worden sind, fällt dann mir auf.
Und wenn Sie die einfordern, werden sie bezahlt?
Zumindest teilweise. Oft ist es schwierig, die tatsächlichen Arbeitszeiten zu rekonstruieren, zumindest wenn Mandanten keine Stundenaufzeichnungen gemacht haben. In aller Regel kommt es zu einem Vergleich – was für die Reinigungsfirmen den Vorteil hat, dass das Arbeitsgericht kein Urteil spricht, das sie verpflichtet, Zuschläge zu zahlen. So etwas würde sich in der Firma wie ein Lauffeuer herumsprechen.