Nicht alle Stimmen werden in einer Demokratie gehört: Zahlen, Daten und Fakten zur Teilhabe in der Hamburger Stadtgesellschaft.
Obdachlose wählen selten
Auch Obdachlose sind in Deutschland wahlberechtigt. Wer ohne festen Wohnsitz ist, muss aber im Gegensatz zu Bürger:innen mit Meldeadresse einen Antrag stellen, um ins sogenannte Wahlberechtigtenverzeichnis aufgenommen zu werden. Eine echte Hürde: Laut Hamburger Landeswahlleiter wurden bei der vergangenen Bürgerschaftswahl 46 Menschen auf Antrag ins Wahlberechtigtenverzeichnis aufgenommen. Darüber, wie viele Hamburger:innen keinen festen Wohnsitz haben, gibt es keine verlässlichen Daten. Laut offizieller Zählung aus dem Jahr 2018 leben aber mindestens 1910 Obdachlose in Hamburg, von denen rund ein Drittel die deutsche Staatsbürgerschaft und damit das Wahlrecht besitzt.
Quelle: Landeswahlleiter
Hängt Wählen vom Geldbeutel ab?
Bei der Bürgerschaftswahl 2020 lag die Wahlbeteiligung in Groß Flottbek mit 80 Prozent am höchsten, dicht gefolgt von Blankenese, Nienstedten und Othmarschen. Alle vier Stadtteile gehören zu denen mit den höchsten Durchschnittseinkommen der Stadt. Am niedrigsten liegen die Jahreseinkommen hingegen im Kleinen Grasbrook und Steinwerder, auf der Veddel, in Hammerbrook und in Rothenburgsort. Hier schwankte die Wahlbeteiligung zwischen nur 43,4 Prozent (Rothenburgsort) und 55,2 Prozent (Hammerbrook). Forscher wie der Politikwissenschaftler Armin Schäfer gehen davon aus, dass die geringe Wahlbeteiligung von sozial benachteiligten Menschen mit dem Gefühl, nicht vertreten zu sein und nichts verändern zu können, zusammenhängt. Dieser Effekt sei umso stärker, desto höher die soziale Ungleichheit ist: „Setzt sich bei den Schlechtergestellten die Auffassung durch, dass sie gegenüber anderen Gruppen machtlos sind, erscheint politisches Engagement sinnlos.“
Migrationshintergrund spielt beim Engagement (fast) keine Rolle
Menschen mit Migrationsgeschichte engagieren sich in Deutschland ähnlich häufig politisch wie Menschen ohne Migrationsgeschichte. Etwa in Bürgerinitiativen, durch Petitionen, auf Demonstrationen oder in der Nachbarschaftshilfe. Das ist das Ergebnis einer Studie des gemeinnützigen Think Tanks dpart. Besonders viel Interesse am politischen Engagement zeigen übrigens Menschen, die selbst rassistische Diskriminierung erfahren haben. Allerdings nehmen Menschen mit Migrationsgeschichte seltener an Wahlen teil. Ein möglicher Grund: Migrant:innen sind in Parlamenten unterrepräsentiert. Nach Recherchen des Mediendienstes „Integration“ haben aktuell 11,3 Prozent der Bundestagsabgeordneten einen Migrationshintergrund. Rund 3 Prozent mehr als im vorherigen Bundestag – aber immer noch weit entfernt von den 27,2 Prozent, die Menschen mit Migrationshintergrund an der deutschen Gesamtbevölkerung ausmachen.
Quelle: dpart 2021
Weniger als die Hälfte der Hamburger:innen wählt tatsächlich
Von allen 1.891.810 Hamburger:innen waren bei der vergangenen Bürgerschaftswahl 1.316.691 Menschen wahlberechtigt. Tatsächlich gewählt haben lediglich 829.497 Menschen und damit 63 Prozent der Wahlberechtigten oder 43,8 Prozent der Hamburger:innen. Rund 30 Prozent der Hamburger:innen hatten keine Chance zu wählen: 326.392 Menschen besaßen nicht die deutsche Staatsbürgerschaft, 241.472 hatten zwar einen deutschen Pass, waren aber unter 16 Jahre alt und damit ebenfalls nicht wahlberechtigt.
Quelle: Statistikamt Nord
Zufrieden mit der Demokratie
Mehr als 80 Prozent der deutschen Bevölkerung halten die Demokratie sowohl für legitim als auch für das beste Herrschaftssystem. Das ist das Ergebnis der Leipziger Autoritarismus Studie. Allerdings sind nur knapp 60 Prozent davon überzeugt, dass die Demokratie in Deutschland gut funktioniert. Und nur 38 Prozent haben Vertrauen in politische Parteien. Die Autor:innen der Studie folgern daraus, dass hohe Erwartungen an unser
politisches System gestellt, diese aber nicht immer wie erhofft erfüllt werden.
Weitere Infos: www.huklink.de/autoritarismus