Joachim Gauck ist seit fast einem Jahr Bundespräsident. Der Berliner „strassenfeger“-Chefredakteur Andreas Düllick hat sich jetzt im Auftrag aller deutschen Straßenzeitungen mit dem Staatsoberhaupt getroffen. Ein Gespräch über Freiheit und Verantwortung, Soziales und Armut, das hohe Amt, aber auch über Privates.
Andreas Düllick: Sehr geehrter Herr Bundespräsident: Das herausragende Thema in Ihrem Leben ist die Freiheit. Warum?
Joachim Gauck: Weil ich sie zu lange nicht gehabt habe. Man sehnt sich häufig nach dem, was man nicht hat. Wenn man es erlangt, wird es allerdings schnell alltäglich.
Sie sind jetzt fast ein Jahr lang Bundespräsident. Wie fällt Ihre Bilanz der bisherigen Amtszeit aus?
Ich freue mich darüber, dass es mir gelingt, in Kontakt mit vielen Bürgerinnen und Bürgern zu kommen, dass ich manche ermuntern kann, sich aktiv in diese Gesellschaft einzubringen, dass ich immer mehr ehrenamtlich engagierte Frauen und Männer kennenlerne. Wenn ich erlebe, dass die Bürgergesellschaft stärker wird, dann macht mich das glücklich.
Welche Gestaltungsmöglichkeiten haben Sie als Bundespräsident, und wie nutzen Sie diese Möglichkeiten?
Na, zunächst mal darf sich niemand vorstellen, der Bundespräsident sei eine Art letzte Instanz, die es richten kann, wenn andere in der Politik etwas falsch machen. Der Bundespräsident kann die Verwaltung nicht anweisen. Er kann keine Gesetze erlassen, sondern nur prüfen, ob es verfassungsrechtliche Bedenken gibt. Er kann die Politik nicht so unmittelbar gestalten wie ein Kanzler oder Minister; aber er kann in Reden oder Interviews deuten und vermitteln, was gerade im Land geschieht. Er kann Diskussionen anstoßen oder moderieren. Ich betrachte den Bundespräsidenten auch als eine Art Übersetzer zwischen der operativen Politik und den Bürgern. Er hört sich deren Fragen und Nöte an und debattiert sie mit Regierungsmitgliedern oder Parlamentariern. Außerdem kann er Menschen motivieren, indem er sie einlädt oder auszeichnet. Und natürlich vertritt das Staatsoberhaupt die Bundesrepublik im Ausland.
„Der, der unten ist, muss hochkommen können“
Lassen Sie uns zum Thema Armut kommen. Das Fazit des aktuellen Armuts- und Reichtumsberichts „Lebenslagen in Deutschland“ ist: Die Armen werden immer ärmer, die Reichen immer reicher! Der Paritätische Wohlfahrtsverband hat in seinem Armutsbericht 2012 festgestellt, dass 2011 mit einer Armutsgefährdungsquote von 15,1 Prozent ein absoluter Höchststand seit der Vereinigung erreicht wurde. Wie bewerten Sie das?
Bitte haben Sie Verständnis, dass ich keinen Bericht kommentieren kann, der jetzt, Anfang Januar, noch nicht veröffentlicht ist. Was ich aber sagen kann, ist, dass ich froh darüber bin, wie intensiv sich die Wohlfahrtsverbände um die Lebenschancen benachteiligter Menschen kümmern. Wenn wir uns dem Phänomen Armut in Deutschland nähern, dann müssen wir fragen: Sind die Menschen, die wir als Arme bezeichnen, ausgeschlossen aus der Gesellschaft? Fällt es Ihnen schwerer, aktive Bürger zu sein? Haben sie von vornherein keine Chancen auf ein gutes Leben? Dort, wo wir diese Fragen mit Ja beantworten müssen, beginnt für mich das Problem. Der, der unten ist, muss hochkommen können. Eine Vita wie die von Gerhard Schröder – gestartet in sehr bescheidenen Verhältnissen, Kanzler des größten Landes in Europa geworden – muss möglich sein, und zwar sehr viel öfter und sehr viel selbstverständlicher als zu Zeiten des jungen Schröders.
Wenn wir es dauerhaft nicht schaffen, Kindern aus unterschiedlichen Elternhäusern wenigstens annähernd gleiche Chancen mit auf den Weg zu geben, dann läuft etwas ganz falsch. Eine meiner Grundüberzeugungen ist: Anstrengung muss sich lohnen. Aufstieg, Verbesserung der eigenen Lage – das muss möglich sein, unabhängig von der Herkunft, durch Einsatz in der Schule oder im Beruf. Woran ich allerdings nicht glaube, ist eine Gesellschaft, in der es allen Menschen gleich gut geht. Kein System garantiert Gleichheit. Es wird immer Unterschiede geben zwischen denen, die mehr, und denen, die weniger haben. Hinnehmbar ist das allerdings nur, solange die Menschen gleiche Rechte haben, Staat und Gesellschaft sich um gleiche Chancen für alle bemühen und solange Menschen nicht derart wenig Mittel zur Verfügung stehen, dass sie vom gesellschaftlichen Leben faktisch ausgeschlossen sind.
Es gibt einen demokratischen Ansatz, allzu große Unterschiede zu beheben: Über höhere Steuern für Bezieher höherer Einkommen einen Sozialstaat und so auch mehr Möglichkeiten für Arme zu schaffen.
„Arme, arbeitslose Menschen sind nicht nur Transferempfänger. Sie sollten, so weit es irgendwie möglich ist, Verantwortung für sich übernehmen“
Die Nationale Armutskonferenz hat in ihrem „Schattenbericht 2012“ Lösungen eingefordert, um Menschen mit geringem Einkommen ein dem Grundgesetz entsprechendes Leben in Würde zu ermöglichen und diese Menschen am gesellschaftlichen Leben in Deutschland teilhaben zu lassen. Aber kann ein Mensch, der Hartz IV, Sozialhilfe oder eine kleine Altersrente bezieht, tatsächlich am gesellschaftlichen Leben teilhaben und dieses sogar gestalten?
Vielleicht nicht so einfach wie ein wohlhabender Mensch. Aber auch der Mann oder die Frau in bescheidenen Verhältnissen können und sollen politische, wirtschaftliche, kulturelle und soziale Prozesse in diesem Land mitgestalten. Zunächst mal sind Menschen Wähler. In freien Wahlen ist jede Stimme wertvoll. Wer nicht wählt, macht sich ohnmächtiger, als er ist. Darüber hinaus sind Menschen imstande, sich zu verbünden und gegen ungerechte Verhältnisse zu protestieren. Sie sind imstande, einer Partei beizutreten, sich gewerkschaftlich zu organisieren, eine Bürgerinitiative zu unterstützen, an kulturellen Aktivitäten teilzunehmen, in der Umweltbewegung, im Sport mitzumachen … Nehmen Sie die Straßenfußball-Europameisterschaft der Obdachlosen, organisiert vom katholischen Männerfürsorgeverein München. Das ist doch eine tolle Sache, die zeigt: Selbst in sehr schwierigen Lebenssituationen geht was.
Ich glaube, dass viele Menschen, die nicht Teil der herkömmlichen Arbeitswelt sind, unterschätzen, welche Möglichkeiten sie haben, als aktive Bürger diese Gesellschaft positiv zu prägen. Aber es gibt viele Beispiele, die zeigen, man kann etwas auf die Beine stellen. Anders ausgedrückt: Arme, arbeitslose Menschen sind nicht nur Transferempfänger. Sie sollten, so weit es irgendwie möglich ist, Verantwortung für sich übernehmen. Deswegen freue ich mich über alle Angebote, die sie dabei unterstützen, ihr Leben zu gestalten. Ich wünsche mir zum Beispiel im Bereich der Jobcenter und Arbeitsagenturen ausreichend Mittel und Möglichkeiten, um die Menschen, die langzeitarbeitslos sind, in Trainingsprogramme zu bringen, mit deren Hilfe sie es schaffen, selbstständig vorwärtszugehen. Anders ausgedrückt: Ich bin gegen eine rein paternalistische Fürsorgepolitik und für einen Sozialstaat, der die großen Lebensrisiken absichert und vor allem auch vorsorgt und ermächtigt.
Können Sie als Bundespräsident diese Menschen, die oft ausgegrenzt werden, ermutigen?
Ja, indem ich das sage, was ich gerade gesagt habe. Guckt, was möglich ist. Es fängt manchmal klein an, zum Beispiel indem man eine soziale Straßenzeitung verkauft. Fast jeder Mensch hat Potenziale, die zu heben sich lohnt. Natürlich gibt es Männer und Frauen, die diese Kraft nicht mehr haben, die sehr krank oder einer Sucht verfallen sind. Für sie muss es ausreichend staatliche Fürsorge geben.
„Wir dürfen niemals nachlassen, jenen zu helfen, die nicht mehr für sich selbst sorgen können“
Ich möchte jetzt das Thema „Obdachlosigkeit“ ansprechen. In Rostock ist am 1. November 2012 ein 54-jähriger wohnungsloser Mann in einem Park erfroren. Am frühen Morgen war er von einem Passanten auf dem Boden liegend entdeckt worden. Der Notarzt konnte Frank M. nicht mehr helfen. In Deutschland waren 2010 nach Schätzung der Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe (BAGW) 248.000 Menschen wohnungslos. 22.000 Menschen lebten ohne jede Unterkunft auf der Straße. Offizielle Zahlen gibt es nicht. Während die meisten europäischen Staaten die Zahlen jährlich bekannt geben, weigert sich die jeweilige Bundesregierung seit Jahrzehnten, einen gesetzlichen Auftrag an das Bundesamt für Statistik zu geben. Wie sehen Sie das Problem Obdachlosigkeit?
Als Bundespräsident möchte ich das Handeln der Bundesregierung nicht kommentieren. Was ich aber sagen kann und sagen will: Der Staat und die Wohlfahrtsverbände finden sich mit Obdachlosigkeit nicht ab. Sie bekämpfen sie auf vielfältige Weise. Es gibt eine medizinische Grundversorgung für Kranke; es gibt Beratung für Süchtige oder Überschuldete; es gibt Notunterkünfte für die Nacht, Kleiderkammern, Suppenküchen, Kältebusse, Nottelefone und manches mehr. Ich bin sehr froh, wenn diese Angebote auch angenommen werden. Natürlich weiß ich, dass etwa die Situation in Notunterkünften manchmal sehr schwierig ist, dass es zu Übergriffen oder Diebstählen kommt und manche Obdachlose es unter anderem deshalb vorziehen, draußen zu schlafen. Und es gibt, das haben wir in Gesprächen mit Sozialarbeitern erfahren, auch Menschen, die sich in solchen Anlaufstellen unfrei fühlen und sie deshalb nicht aufsuchen. Das muss man akzeptieren.
Allerdings dürfen wir niemals nachlassen, jenen zu helfen, die nicht mehr für sich selbst sorgen können. Und wir sollten denen Respekt entgegenbringen und sie stärken, die Hilfe leisten: mäßig bezahlte Sozialarbeiter etwa, die Obdachlose in einen Kältebus aufnehmen oder die zu Treffpunkten von Wohnungslosen fahren und sie versorgen; Ärzte, die neben ihrer regulären Arbeit unentgeltlich Menschen aufsuchen, die es nicht mehr alleine in eine Praxis schaffen; oder ehrenamtlich engagierte Bürger, die in Stadtmissionen Essen ausgeben.
Was ich noch mal betonen möchte: Wir dürfen nicht aufhören, jedem Einzelnen zu sagen: „Du hast eine Verantwortung für dein Leben, achte darauf.“ Aber wer sich nicht mehr selbst helfen kann, dem muss geholfen werden. Wenn wir das nicht tun, berauben wir diese Menschen ihrer Würde. Mag sein, dass manche es Überversorgung nennen. Ich nenne es Solidarität.
Sie haben sicher in vielen Punkten recht. Aber es ist leider so, dass der Staat gerade auch im Bereich der Obdachlosenhilfe einiges abbaut. Nehmen wir das Beispiel sozialer Brennpunkt Bahnhof Zoo. Dort gab es einen Hygienecontainer, den das Bezirksamt Charlottenburg-Wilmersdorf unterhielt. Dort konnten Obdachlose ihre Notdurft verrichten, sich waschen und duschen und sogar ihre Wäsche waschen. Aus Kostengründen wurde dieser Sanitärcontainer entfernt.
Ich kann zu diesem konkreten Fall, den ich aus eigener Anschauung noch nicht kenne, nichts sagen. Aber ganz grundsätzlich frage ich mich angesichts mancher Entscheidungen schon: Achten wir die Würde derer, die zu wenig haben, wirklich immer so, wie wir müssten? Dort, wo die Antwort Nein lautet, akzeptiere ich Ihre Kritik. Wir wollen keine Situationen, die Menschen in Würdelosigkeit und Ausgeschlossensein bringen. Wir wollen Hilfsbedürftigen helfen. Und dazu gehört, dass wir es ihnen ermöglichen, sich zu waschen oder auf die Toilette zu gehen.
„Straßenzeitungsverkäufer sind wie alle anderen Menschen mal sehr freundlich, mal sind sie eben Muffelköppe“
Kaufen Sie eigentlich die sozialen Straßenzeitungen?
Bis zu meiner Wahl war ich viel zu Fuß, mit dem Fahrrad oder mit öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs und habe oft soziale Straßenzeitungen gekauft und gelesen. Jetzt komme ich seltener dazu. Aber wenn ich es schaffe, dann stelle ich fest, dass ich die Artikel zum Teil richtig anregend finde. Und deswegen reicht es mir auch nicht, dem jeweiligen Verkäufer einfach nur zwei Euro zu geben, die Zeitung aber nicht zu nehmen. Ich finde es toll, dass Zeitungsmacher und Verkäufer so aktiv sind, dass sie unter schwierigen Bedingungen die Ärmel hochkrempeln. Die Straßenzeitungen und ihre Verkäufer stehen für folgende wichtige Botschaft: „Schaut her, wir leiden nicht nur, sondern wir machen etwas. Wir stellen soziale Themen in den Fokus!“ Da dürfen Sie ruhig ein wenig übertreiben, um die Schläfrigen aufzuwecken. Reich werden die Autoren und die Verkäufer der Straßenzeitungen nicht. Aber sie zeigen anderen und sich selbst die Möglichkeiten, die in ihnen stecken. Sie ermächtigen sich und ihre Mitmenschen. Das verdient Respekt.
Hatten Sie schon mal die Möglichkeit, mit einem Verkäufer einer sozialen Straßenzeitung zu sprechen?
Ja, die hatte ich, zuletzt zwischen Weihnachten und Neujahr. Bei diesen Gesprächen stelle ich fest: Die Verkäufer sind wie alle anderen Menschen mal sehr freundlich, mal sind sie eben Muffelköppe, die schimpfen, wenn man einfach vorbeigeht. Aber selbst dann finde ich es gut, dass sie die Zeitungen verkaufen.
Hin und wieder denke ich auch an meine Zeit, als ich mit der Sammelbüchse im sozialistischen Neubaugebiet Rostock-Evershagen vor der Kaufhalle stand und als Christ etwas tat, was die Kommunisten nicht so toll fanden, nämlich Spenden für Benachteiligte zu sammeln. Auch wenn ich natürlich nicht so arm war wie viele der Zeitungsverkäufer: Ich kenne das unschöne Gefühl, nicht beachtet zu werden.
Viele soziale Straßenzeitungen kämpfen mit dem Problem, dass Verkäufer aus dem öffentlichen Raum vertrieben werden. Das betrifft Plätze vor Supermärkten, Bahnhöfen etc. Wie sehen Sie das?
Wenn ich das Wort „Vertreibung“ höre, dann werde ich ganz allergisch. Ich will zwar Hausrechte nicht einfach infrage stellen, aber der öffentliche Raum gehört der Öffentlichkeit, und zur Öffentlichkeit gehören auch Obdachlose. Es sind Bürgerinnen und Bürger und diejenigen, die gut und sicher leben und die sich durch den Anblick von Menschen gestört fühlen, die aus einem anderen Milieu kommen, die tun mir einfach nur leid. Diese Menschen sollten auch nicht die Maßstäbe setzen. Unsere Maßstäbe setzt das Grundgesetz. Und da steht als erster Satz: „Die Würde des Menschen ist unantastbar.“ Deshalb halte ich nichts von Ausgrenzung.
„Ich lerne bei meinen Reisen in die Regionen auch Bereiche kennen, in denen nicht alles rundläuft“
Bleiben Ihnen als Bundespräsident, der stets mit Limousine und Leibwächtern unterwegs ist, noch Möglichkeiten, die reale Welt zu erleben?
Es ist schwerer als früher, ohne das Amt, aber es ist möglich. So erfahre ich viel von Bürgern, die an der Basis arbeiten und mir davon berichten. Außerdem lerne ich bei meinen Reisen in die Regionen auch Bereiche kennen, in denen nicht alles rundläuft, in denen es gesellschaftliche Konflikte gibt oder Ausgrenzung und Armut. Und ich bekomme auch viel über Familienangehörige in Rostock mit. Meine jüngste Tochter arbeitet als Beraterin im sozialen Bereich, ihr Mann leitet unter anderem Obdachloseneinrichtungen. Da werde ich oft gefragt: „Sag mal Papa, weißt du das eigentlich?“. Wenn nicht, gebe ich das natürlich zu.
Sie haben jeden Tag eine Menge wichtiger Termine wahrzunehmen. Bleibt da noch ein Quäntchen Zeit für das Privatleben, dafür, mal die Seele baumeln zu lassen? Oder gibt es diese Ruhepausen überhaupt nicht mehr?
Doch, es gibt sie. Aber manchmal fallen sie ein bisschen kurz aus. Ich habe früher gedacht: Du wirst mal Rentner, dann legst du die Füße hoch, liest viel und hörst schöne Musik. So ist es nicht gekommen. Aber dagegen steht, dass ich als Bundespräsident ein wunderbares und sehr verantwortungsvolles Amt habe. Es gibt also überhaupt keinen Grund, den Mond anzuheulen.
„Ich möchte nicht abheben in eine Sphäre, wo es nur gekrönte Häupter oder Präsidenten gibt“
Was wünschen Sie sich persönlich für das Jahr 2013 beziehungsweise für Ihre Arbeit als Bundespräsident?
Ich möchte mir den guten Kontakt zu den Menschen erhalten. Ich möchte nicht abheben in eine Sphäre, wo es nur gekrönte Häupter oder Präsidenten gibt. Meine Existenz ist nicht deshalb reizvoll für mich, weil ich im Schloss arbeite, sondern weil ich als Bürger im Schloss arbeite. Und ich träume davon, die aktive und gleichzeitig solidarische Bürgergesellschaft noch weiter mit Leben zu füllen.
Herr Bundespräsident, gibt es etwas, was Sie den sozialen Straßenzeitungen in Deutschland für 2013 auf den Weg geben möchten?
Es gibt etwas, was mich sehr freut, wenn ich Sie sehe: Da sind nicht nur die Schwierigkeiten, die Sie bewältigen, wenn Sie Geld für Druckkosten oder andere notwendige Ausgaben organisieren. Ich bin ganz grundsätzlich beeindruckt von dem Engagement, das in den Straßenzeitungen steckt. Zwar gibt es den Staat und seine Sozialgesetze, außerdem existieren Institutionen der Fürsorge. Aber wir brauchen auch Menschen wie Sie, die ein soziales Gewissen haben und andere Menschen an deren soziales Gewissen erinnern. Deshalb wünsche ich Ihnen allen Kraft, dieses Werk fortzusetzen. Und ich hoffe, dass Sie genügend Unterstützung dafür erhalten. Außerdem verspreche ich, auch weiterhin nicht achtlos an Ihren Verkäufern vorbeizugehen.
Im Namen der sozialen Straßenzeitungen in Deutschland wünsche ich Ihnen viel Kraft für das hohe Amt und persönlich viel Glück und Gesundheit!
Am 18. März 2012 wählte die Bundesversammlung Joachim Gauck zum elften Präsidenten der Bundesrepublik Deutschland. Der 1940 geborene Rostocker und spätere Pastor trat schon als Jugendlicher in Opposition zur DDR-Diktatur. 1989 gehörte er zu den Gründern des Neuen Forums. Er war Mitinitiator des Widerstandes gegen die SED-Diktatur und leitete die „Friedensgebete“, aus denen die Protestdemonstrationen hervorgingen. Von 1991 bis 2000 war er Bundesbeauftragter für die Stasi-Unterlagen der ehemaligen DDR.