Ein Jahr nach Veröffentlichung unseres Leerstands-Adventskalenders stehen viele der dort vorgestellten Gebäude weiterhin leer. Dabei dürfte das oft gar nicht sein: Die sogenannte Zweckentfremdung von Wohnraum ist in Hamburg verboten.
Wenn Eigentümer ihre Häuser nicht nutzen, können die Bezirksämter in Hamburg Bußgelder verhängen und sogar eine Vermietung erzwingen. Obwohl das Gesetz zu diesem Zweck bereits 2012 verschärft wurde, griff die Stadt erst vor wenigen Wochen erstmals zum schärfsten Mittel: Mitte-Bezirkschef Falko Droßmann (SPD) drohte damit, einen Treuhänder für sechs Wohnungen in Hamm einzusetzen. Der Besitzer hatte sie seit Jahren leer stehen lassen. Immerhin: Nach Angaben des Bezirks „kooperiert“ der Eigentümer jetzt und will die Wohnungen wieder vermieten.
Solch weitreichende Maßnahmen sind für die 24 Leerstände, die Hinz&Kunzt im Dezember 2015 präsentierte, kaum zu erwarten. Und bei einigen auch nicht mehr nötig: Die Wohnungen am Stuvkamp in Barmbek sind laut Bezirksamt wieder bewohnt, und die Neuapostolische Kirche im Abendrothsweg bietet „ab sofort“ die ehemaligen Pastoratswohnungen über einen Makler zur Miete an. Auch am Rübenkamp wird lange leerstehender Wohnraum endlich vermietet – zu Preisen allerdings, die sich nur Sehrgutverdiener leisten können.
Auch die städtische Saga GWG ist nicht untätig geblieben. Die leerstehenden Häuser in der Denickestraße sind abgerissen, noch dieses Jahr soll der Bau von 310 neuen, öffentlich geförderten Wohnungen beginnen. Der Altbau in der Zeißstraße wird modernisiert, ab Ende 2017 kann hier wohnen, wer sich 11,50 Euro kalt pro Quadratmeter leisten kann. Ausgesprochen langsam geht es hingegen bei den sogenannten Geisterhäusern in Neuenfelde voran: Drei werden derzeit modernisiert, zwei sollen Anfang 2017 folgen – und 47 Wohnungen stehen weiterhin leer, weil es laut Saga GWG immer noch „keine Entscheidung bezüglich des weiteren Vorgehens“ gibt.
Weil alles besser ist als Leerstand, haben wir auch leer stehende Schul- und Bürogebäude für eine Zwischennutzung vorgeschlagen. Bei manchen hat sich in den zwölf Monaten etwas getan: Nach langen Umbauarbeiten leben inzwischen schutzbedürftige Flüchtlingsfrauen im Moritz-Liepmann-Haus in Altona. Ein ehemaliges Verwaltungsgebäude des Kirchenkreises Ost wurde zumindest vorübergehend als Flüchtlingsunterkunft genutzt, jetzt allerdings soll der Abriss erfolgen. Auch das Bürohaus an der Alster steht nicht mehr, auf einem Teil des Grundstücks sollen Sozialwohnungen entstehen. Das Hybrid House in Wilhelmsburg und die ehemalige Volksschule im Karolinenviertel, haben nach Hinz&Kunzt-Informationen neue Mieter gefunden. Unverändert leer stehen hingegen die Häuser Deelböge 5-7, Kattjahren 1b/c und die alte Schule Neuhof.
Grundsätzliches Problem: Das Wohnraumschutzgesetz hat deutliche Mängel. So gelten viele Häuser nach Angaben der Ämter nicht als Wohnraum, obwohl sie tatsächlich nichts anderes sind. Zum Beispiel stehen die ehemaligen Pastorats-Wohnungen am Biedermannplatz weiterhin leer, weil sie als Dienstwohnungen laut Gesetz kein Wohnraum sind. In anderen Fällen können Spekulanten die Stadt mit einfachen Mitteln an der Nase herumführen, wie das Beispiel Juliusstraße zeigt. Die gesamte Geschichte über diese beiden Objekte und die Reeperbahn 110-114 können Sie ab Montag bei uns nachlesen.
Jenseits dieser Feinheiten gilt: Ein bis zwei Mitarbeiter pro Bezirk können die geschätzt 5000 Leerstände in Hamburg nicht wirklich bekämpfen. Deshalb endet die Geschichte oft so wie im Fall der beiden Villen unweit der Alster: Sie warten weiter auf eine sinnvolle Nutzung.