Das Hamburger Landgericht erklärt eine Mieterhöhung der Saga für rechtswidrig. Ein Urteil mit Folgen
(aus Hinz&Kunzt 173/Juli 2007)
Die Koppel in St. Georg ist keine gute, sondern nur eine normale Wohnlage. Das hat das Landgericht Hamburg entschieden und eine Mieterhöhung der Saga für rechtswidrig erklärt. Mieterschützer empfehlen Betroffenen in vergleichbarer Situation, sich zu wehren.
Für die Mieterschützer ist die Sache klar: „Dieses Urteil ist ein Lichtblick“, sagt Michael Kopff vom Mieterverein zu Hamburg. „Weitreichend“ sei die Bedeutung, meint auch Sylvia Sonnemann von Mieter helfen Mietern: „Ich glaube schon, dass der eine oder andere Amtsrichter darauf Bezug nehmen wird.“ Deshalb sollten Mieter in vergleichbarer Situation einer Mieterhöhung nicht zustimmen und sich notfalls verklagen lassen.
Der strittige Fall: Die Saga hatte den Bewohnern einer 76-Quadratmeter-Wohnung in der Koppel auf St. Georg mit dem Hinweis auf ihre „gute Wohnlage“ eine saftige Mieterhöhung angekündigt: von 417 auf 499 Euro kalt. Dem hatten die Mieter nicht zugestimmt, weshalb die städtische Wohnungsgesellschaft Klage einreichte. Nachdem das Amtsgericht die Mieterhöhung für rechtens erklärte, hat das Landgericht dieses Urteil nun kassiert: Die Koppel sei keine gute, sondern lediglich eine normale Wohnlage. Die Straße sei weder besonders grün noch ruhig. Insgesamt ergebe sich „ein eher uneinheitliches, teilweise eher ungepflegtes Straßenbild“. Die bisherige Miete sei daher angemessen.
Das Besondere des Urteils: Anders als vielfach üblich werteten die Richter die tatsächlichen Verhältnisse vor Ort und orientierten sich nicht wie das Wohnlagenverzeichnis vor allem an den Grundstückspreisen. Deren Anstieg, so das Gericht, bedeute „nicht schon per se einen Anstieg der Wohnqualität“. Sollte diese Argumentation Schule machen, könnten sich Mieter in beliebten Szene-Vierteln künftig besser gegen Mieterhöhungen wehren.
Die Saga erklärte auf Anfrage, sie nehme die jüngste Mieterhöhung vom 1. Mai in dem von acht Parteien bewohnten Haus zurück. „Das ist unsere Kulanz“, so Sprecherin Kerstin Matzen. „Es wäre nicht notwendig, da die Mieter ja zugestimmt haben.“ Die Mieterhöhung von Februar 2006, die das Landgericht für rechtswidrig erklärt hat, werde bei den anderen Parteien im Haus aber nicht zurückgenommen. Im Übrigen, so Matzen, bestehe infolge des Urteils „keine Rechtssicherheit mehr für Vermieter“.
Tatsächlich stellt sich das Gericht mit seinem Urteil gegen das Wohnlagenverzeichnis, das die Koppel seit 2005 in Teilen als „gute Wohnlage“ ausweist. Nach welchen Kriterien eine solche Bewertung vorgenommen wird, ist letztlich eine politische Frage. Die GAL forderte deshalb den Senat auf, Faktoren wie Lärmbelastung, Luftverschmutzung und Infrastruktur stärker zu berücksichtigen.
Die zuständige Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt teilte auf Anfrage mit, sie prüfe das Urteil noch.
Ulrich Jonas
Das Wohnlagenverzeichnis bestimmt letztlich den im Mietenspiegel festgesetzten Rahmen für Mieterhöhungen. Wichtigster Faktor bei der Einordnung ist der so genannte Bodenwert. Weil dieser dort steigt, wo viel spekuliert wird, kann eine Straße wie die Koppel zur „guten Wohnlage“ werden – ungeachtet der Tatsache, dass dichte Bebauung, fehlende Bäume und Lärm dieser Einschätzung widersprechen.