Wohnungsbau :
Was Hamburg von Wien lernen kann

Gibt der Hamburger Senat beim sozialen Wohnungsbau wirklich alles? Beim „Pegelstand“ in Wilhelmsburg zeigte der Stadtsoziologe Jens Dangschat, wo Hamburg noch lernen kann.

Sozialer Wohnungsbau Zitat Hauswand II
Ohne Gewinnabsicht bauen – daran erinnert das Zitat von Erich Klabunde auf einer Wilhelmsburger Hauswand.

6000 neue Wohnungen im Jahr, davon 2000 Sozialwohnungen – das ist Hamburgs Zielmarke. Wien ist da ehrgeiziger. In der österreichischen Hauptstadt entstehen nicht nur gut doppelt so viele neue Wohnungen. Wien baut einen wesentlichen Anteil davon selbst. Zudem hat die Stadt die besseren Konzepte gegen Wohnungsnot – vor allem im Umgang mit sozial geförderten Wohnungen.

12.000 bis 14.000 Wohnungen entstehen jährlich in Wien. Dabei wurde auch in der österreichischen Hauptstadt der Wohnungsbau zwölf Jahre lang vernachlässigt, erläuterte Jens Dangschat, Professor an der Wiener TU und Wohnungsbauexperte bei der Diskussionsrunde „Pegelstand“ des Vereins Zukunft Elbinsel in Wilhelmsburg. Erst seit 2015 holt Wien wieder auf – auch beim Bau von Sozialwohnungen. „Das, was Hamburg baut, ist mindestens sozialer Wohnungsbau in Wien“, sagte Jens Dangschat.

Dass die Österreicher nachhaltiger planen, zeige sich vor allem beim Umgang mit sozial geförderten Wohnungen. Denn in Wien gilt das Prinzip: Einmal gefördert, immer gefördert. Weil die Mietpreisbindungen nicht auslaufen, bleibt eine Sozialwohnung daher dauerhaft für Menschen mit wenig Geld verfügbar. Ganz anders in Hamburg: Hier verfallen die Bindungen oft schon nach 15 Jahren, danach sind die ehemaligen Sozialwohnungen frei vermietbar – und werden in der Regel deutlich teurer angeboten als zuvor. Die Folge: Menschen mit geringerem Einkommen können sich diese nicht mehr leisten, ziehen weg – und die Gutverdienenden sind wieder unter sich.

Smart-Wohnungen für Mieter mit wenig Geld

Wien übernimmt auch als Bauherr Verantwortung. Wie Jens Dangschat hervorhob, gehört fast ein Viertel der Wohnungen der Stadt selbst. Wien sei damit der größte Wohnungseigentümer in ganz Europa. Um bei Bedarf nachbauen zu können, kaufen die Österreicher Baugrund für Wohnungen auf Vorrat. Außerdem stellen sich Planer zunehmend auf den Bedarf von jungen Menschen und kleinen Familien mit wenig Geld ein: Mindestens ein Drittel der geförderten Neubauten in Wien sind sogenannte Smart-Wohnungen. Etwa die Hälfte davon ist nur 55 Quadratmeter groß oder kleiner, dafür dürfen die Smart-Wohnungen aber auch höchstens 7,50 Euro pro Quadratmeter kosten. Für eine 60-Quadratmeter-Wohnung würden also 450 Euro brutto fällig – ein Mietpreis, mit dem es sich leben lässt. Und von dem die Hamburger nur träumen können.

Nächstes Manko: Hamburg setzt beim Wohnungsbau vor allem auf Investoren. Das bekräftigte Heike Opitz, Leiterin der Abteilung Wohnen in der Stadtentwicklungsbehörde, beim „Pegelstand“ in Wilhelmsburg: Sozialer Wohnungsbau sei eben auch „ganz schön teuer“, die Stadt sei daher auf Investoren angewiesen. Doch die Abhängigkeit von Investoren setzt Hamburg auch unter Druck: Solange eine Wohnung als Sozialwohnung vermietet wird, zahlt die Stadt den Eigentümern Geld als Ausgleich für die geringeren Mieteinnahmen. Zudem muss sie überhaupt Investoren finden, die bereit sind, mit weniger Aussicht auf Profit Wohnungen zu bauen und ist von daher nicht gerade in einer starken Verhandlungsposition.

Wien, so machte Jens Dangschat deutlich, setzt dagegen mehr auf Eigenverantwortung. Das Geld zum Selberbauen holt sich die Stadt dabei auch von den reicheren Wienern – über die Wohnbausteuer. Diese Abgabe wird vor allem für diejenigen fällig, die in überdurchschnittlich großen Wohnungen leben. Durch ihren Beitrag kommt Geld in die Kasse, um auch für Menschen bauen zu können, die sonst auf dem Mietmarkt oft den Kürzeren ziehen.

Text und Fotos: Annabel Trautwein

 

 

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