(aus der Sonderbeilage zur 5. Deutschen Fußballmeisterschaft der Wohnungslosen, Hinz&Kunzt 209/Juli 2010)
18 Teams treten bei der 5. Fußball-DM der Wohnungslosen in Hamburg an. Alle Spieler sind oder waren obdach- oder wohnungslos. Sie werden von sozialen Projekten und Organisationen aus der ganzen Republik ins Rennen um den Turniersieg geschickt. So unterschiedlich wie die Kicker sind auch ihre Ambitionen im Kampf um den Pokal. Während die einen es unbedingt aufs Treppchen schaffen wollen, ist es für andere viel wichtiger, dass „die Stimmung stimmt“.
Schwarzwaldbrasilianer Lörrach
Fast schon Schweiz – aber eben nur fast. Die Schwarzwaldbrasilianer kommen aus Lörrach, dem südwestlichsten Punkt Baden-Württembergs. Die Spieler der Truppe sind Bewohner des Erich-Riesch-Hauses von der Wohnungslosenhilfe. „Anfangs waren wir vor allem Torlieferanten für andere Mannschaften“, erzählt Trainer Thomas Kainz. Mittlerweile war aber auch schon mal ein dritter Platz bei einem Jubiläumsturnier drin.
______________________________________________________________________________________________
„Hilfe zur Selbsthilfe“ lautet das Motto der Jugendwerksiedlung Hannover. Das Fußballteam der Übergangseinrichtung für Wohnungslose hat sich daran gehalten und sich schon einmal ganz nach oben gekickt: 2007 wurden die Spieler Deutscher Meister im Straßenfußball, der Torwart der Gruppe stand im selben Jahr beim Homeless World Cup in Kopenhagen für das deutsche Team im Tor.
______________________________________________________________________________________________
Das Team existiert seit mehr als 20 Jahren, auch wenn es immer mal wieder Schwierigkeiten gibt, Bewohner des Don-Bosco-Hauses fürs Kicken zu begeistern. „Ich bin froh, wenn ich eine Mannschaft zusammenbekomme und die Leute sich engagieren“, sagt Trainer Christoph Schoelen. Das Motto von Sascha, Robby, Brian, Roman und Andy lautet: „Dabeisein ist alles – Hauptsache, die Stimmung stimmt.“
______________________________________________________________________________________________
„Wir haben einen sehr ehrgeizigen Trainer“, sagt Ulrich Räbiger. Er muss es wissen, denn er ist es selbst. Und er möchte mit seiner Mannschaft dieses Jahr unbedingt Meister werden. Das wäre nach einem Sieg bei den Meisterschaften in Hannover 2008 schon der zweite Triumph des zehnköpfigen Teams. Zwei der meist Mitte bis Ende 20 Jahre alten Spieler waren vergangenes Jahr außerdem beim Homeless World Cup in Mailand dabei.
______________________________________________________________________________________________
Diakonie Panther Soccer Bensheim
Die Mannschaft aus Südhessen hat bereits an 20 Turnieren teilgenommen – zwar noch keins gewonnen, aber: „Wir verlieren mit Ehre!“ Trainiert wird das zehnköpfige Team von Sabine Rainer, Mitarbeiterin der Diakonie Bergstraße. Stürmer Markus ist 32 und spielt seit 15 Jahren Fußball. Er sagt von sich selbst: „Ich halte das Team zusammen. Außerdem bin ich der am kräftigsten gebaute Spieler bei uns mit entsprechendem Kampfgeist.“
______________________________________________________________________________________________
Oben auf dem Treppchen stehen können die Spieler vom Odyssee e.V. gut: 2006 und 2009 wurden sie Deutscher Meister, 2007 Vizemeister, fünf Spieler traten bislang beim Homeless World Cup an. Co-Trainer Werner war über 30 Jahre lang suchtmittelabhängig, schaffte es dann vor allem dank Fußball, abstinent zu leben. Trotz künstlichem Kniegelenk ist er ausgesprochen reaktionsschnell, wie sein Spitzname beweist: Man nennt ihn „die Katze“.
______________________________________________________________________________________________
Im Bruder-Konrad-Haus im Saarland blickt man auf rund 20 Jahre Fußballgeschichte zurück. Im derzeitigen Team ist Dennis mit 22 Jahren der Jüngste, Friedrich mit 41 Jahren der Älteste. Die Mannschaft richtete bis 2008 jährlich selbst ein Turnier aus. Besonderheit bei diesen Meisterschaften: In der Gruppe spielt ein ehemaliger Oberligaspieler mit!
______________________________________________________________________________________________
„Bei uns ist die Mannschaft der Star, uns gibt es nur als Kollektiv“, sagen die Lilien Kicker vom Diakonischen Werk Wiesbaden. Seit 2006 gibt es sie, aber bis dato landeten sie nie auf den vordersten Plätzen, „dafür hatten wir immer die schöne Rolle des Außenseiters inne.“ Wichtiger als Gewinnen ist der Mannschaft das Gemeinschaftliche: „Dass wir Spaß daran haben.“
______________________________________________________________________________________________
„6 auf Kraut“ heißt es auf der Speisekarte, und damit sind sechs Nürnberger Rostbratwürste mit Krautbeilage gemeint. Eine Spezialität – genauso, wie es die neu gegründete Fußballmannschaft werden soll. Udo, mit 57 „Senior“ der achtköpfigen Gruppe, möchte sein Leben nach vielen Schicksalsschlägen bald wieder selbstständig meistern. Sein Motto: „Es lohnt sich immer zu kämpfen, denn nur der Schlusspfiff beendet das Spiel.“
______________________________________________________________________________________________
Die Mannschaft bolzt und kickt seit 2003, formiert sich allerdings jedes Jahr neu: Zum Training kommen die jeweiligen Bewohner des Johannes-Falk-Hauses in Stuttgart. Wer sich im Team regelmäßig engagiert, findet bei Turnieren seinen festen Platz. Drei Hausbewohner, die schon einmal bei den Deutschen Meisterschaften mitgemacht haben, spielen auch dieses Jahr wieder mit.
______________________________________________________________________________________________
Sie nennen sich auch „Der Stolz des Nordens“ – falsche Bescheidenheit ist ihre Sache also nicht. Die Spieler sind Bewohner des Jakob-Junker-Hauses, einer Einrichtung für wohnungslose Männer und Frauen in Hamburg. Der Andrang beim Fußballspielen ist oft so groß, dass Trainer Klaus Fuchs vor der Teilnahme bei den Meisterschaften „aussieben“ muss. Mit seinen acht talentiertesten Kickern geht es dann zum Turnier.
______________________________________________________________________________________________
Die Mannschaft der Kieler Straßenzeitung Hempels macht ihrer Fußballbegeisterung alle Ehre: Seit 2005 hat das Team schon oft die deutsche Nationalmannschaft beim Homeless World Cup verstärkt. Trainiert wird dafür „regelmäßig mäßig“, nämlich ein Mal pro Woche. Die Kieler waren eine der ersten Mannschaften, die an den Deutschen Meisterschaften teilnahmen.
______________________________________________________________________________________________
Sie selbst sagen: „So richtig erfolgreich waren wir bisher noch nicht.“ Dabei haben die Kicker allen Grund, stolz auf sich zu sein. Das Team wurde erst im Mai 2009 gegründet und hat noch im selben Jahr bei seinen ersten Deutschen Meisterschaften den „Fairness-Pokal“ gewonnen. Eine tolle Leistung, gerade weil die 25 bis 50 Jahre alten Spieler alle aus unterschiedlichen Organisationen der Sucht- und Wohnungslosenhilfe kommen.
______________________________________________________________________________________________
Zutreten können sie, die fünf Kicker aus Lübeck – wenn es um Fußball geht: Vergangenes Jahr wurden sie Vizemeister bei den Deutschen Meisterschaften. Hessam ist mit 16 Jahren „das Küken“, Joachim mit 30 der „alte Hase“. Motto des 2008 im Rahmen eines Anti-Gewalt-Trainings gegründeten Teams: „Tritte können Leben zerstören. Unsere Tritte zerstören nur noch die Hoffung (auf den Sieg) unserer Fußballgegner.“
______________________________________________________________________________________________
Die Aussichten: heiter bis stürmisch! Die Dirty Devils vom Obdachlosenmagazin „Straße ohne Ausweg?“ haben nämlich zwei wahre Stürmer-Stars im Team, beide gerade 23 Jahre jung: Denny ist mit seinem Verein in die Bezirksliga aufgestiegen, Diego spielt in der Ersten Kreisliga. Insgesamt hat die 2006 gegründete Mannschaft schon an 20 Turnieren teilgenommen und zwei davon gewonnen.
______________________________________________________________________________________________
Schwein gehabt: Dank seiner sportlichen Leistung durfte KunztKicker Adam bereits am internationalen „Schweinske-Cup“ teilnehmen, bei dem auch Mannschaften wie der HSV auflaufen. Seit Gründung des Hinz&Kunzt-Teams waren die Spieler bei allen Deutschen Meisterschaften dabei und landeten immer auf den vorderen Plätzen – vier durften anschließend Koffer packen und beim Homeless World Cup antreten.
______________________________________________________________________________________________
Werner ist mit 52 Jahren der Älteste im 2007 gegründeten Team – und einer der trainingsfleißigsten. Er ist immer für die anderen Spieler da und gilt als „Seele“ und „guter Geist“ der Mannschaft. Den ersten Sieg feierte das Team voriges Jahr in Wiesbaden. Werner bringt die besten Voraussetzungen mit, um diesen Sommer daran anzuknüpfen: Er spielt regelmäßig Fußball, um sich fit zu halten und sich nicht hängen zu lassen.
______________________________________________________________________________________________
15 Jahre alt und kein bisschen leise – das ist der 1. FC Werkheim. Zurzeit ist Jan mit 19 Jahren der Jüngste im Team, Torwart Günter mit 54 Jahren der Älteste. Laut Kollegen wird er „immer besser – wie guter Wein“. Momentan wohnt er in einer Wohnungsloseneinrichtung in Hannover und arbeitet bei einer Zeitarbeitsfirma. Sein Motto: „Ich spiele immer so, dass ich jedes Spiel gewinnen will.“