Protest gegen Vertreibung durch Architektur: Auf dem Hansaplatz in St. Georg standen am Samstag plötzlich ausreichend Sitzgelegenheiten für alle zur Verfügung, auch für Obdachlose.
Zu einem „Probesitzen“ haben Nachbar:innen des Hansaplatzes in St. Georg am Sonnabend eingeladen. Aus Protest: Mit ihrer Aktion wollten sie auf den Mangel an öffentlichen Sitzgelegenheiten auf dem zentralen Platz nahe des Hauptbahnhofes hinweisen. Dafür stellten sie Stühle, Bänke und andere Möbel aus Holz auf und luden zum Platznehmen ein. Hergestellt wurden alle Sitzgelegenheiten von vier Studentinnen der HfBK aus dem Studiengang Experimentelles Design.
Die aufgestellten Ruheorte für alle sind der Gegenentwurf zur Vertreibungsarchitektur am Hansaplatz: Auf Pollern hat der Bezirk Mitte etwa kleine Kugeln montiert, damit man nicht mehr auf ihnen sitzen kann. Künstler Oli Simon hat etwas dagegen: Seine runden, aus Schaumstoff hergestellten „Poller-Polster“ lassen sich die Kugeln stülpen und ergeben wieder eine ebene Sitzfläche.
Bank zwischen Pollern
Gestalterin Anna Ulmer präsentierte die „Pollerbank“: Mit nur zwei Handgriffen kann sie zwischen zwei Pollern installiert werden und bietet so eine Sitz- bzw. Liegefläche für obdachlose Menschen. „Gerade diese Menschen sind ja darauf angewiesen, solche Plätze in der Stadt zu finden“, sagt sie. Das sagt auch Hinz&Kunzt-Geschäftsführer Jörn Sturm: „Wer entscheidet eigentlich über den Gemeingebrauch von öffentlichem Raum? Wer sagt, wer wo wie lange sitzen darf oder betteln darf und wer nicht? Im Grunde wird hier der Gemeingebrauch des Platzes verhindert“, so Sturm.
Auch, wenn die Sitzgelegenheiten nicht auf dem Hansaplatz stehen bleiben dürfen, erfüllen sie anderswo einen guten Zweck: Die „Pollerbank“ wird vor dem Hinz&Kunzt-Gebäude in der Minenstraße aufgestellt und auch für die anderen Sitzgelegenheiten haben sich Pat:innen gefunden: von der Kirchengemeinde bis zu Wohngemeinschaften. Die Forderung der Nachbar:innen aber bleibt bestehen: Am Hansaplatz braucht es dringend mehr Sitzmöglichkeiten ohne Konsumzwang.