Die Zukunft des seit bald sieben Jahren leer stehenden Mehrfamilienhauses am Bergedorfer Reetwerder bleibt ungewiss: Ein Zwangsversteigerungstermin am Mittwoch blieb ohne Ergebnis. Frühestens im Juli könnte es einen zweiten Termin geben.
Kurz vor Ablauf der 30-minütigen Bieterzeit tritt an diesem Mittwochmittag im Amtsgericht Bergedorf doch noch ein Kaufinteressent auf die Bühne: Eine Million Euro bietet der Vertreter einer Immobilienfirma aus dem Ruhrgebiet für den Altbau am Reetwerder. Für ein Mehrfamilienhaus mit 13 weitläufigen Wohnungen und vier Gewerbeeinheiten nahe des S-Bahnhofs ist das nicht viel – und deutlich zu wenig auch angesichts der sechs Millionen Euro, die das Gericht als Verkehrswert für die Immobilie festgesetzt hat. Laut Gesetz muss ein Kaufinteressent beim ersten Versteigerungstermin mindestens die Hälfte des Verkehrswerts bieten, um den Zuschlag erhalten zu können.
Da sich keine weiteren Kaufinteressent:innen zu erkennen geben, endet der Termin ergebnislos. Frühestens im Juli könnte es zu einem zweiten Versteigerungsversuch kommen. Bis dahin will das Amtsgericht über einen Befangenheitsantrag entscheiden, den ein Anwalt im Auftrag jener Frau gestellt hat, die mutmaßlich gemeinsam mit ihrem Sohn viel Geld von mindestens 187 Menschen abkassierte, die bis 2018 in beengten Verhältnissen in dem Haus wohnten.
Beim Versteigerungstermin präsentierte der Anwalt der Frau eine abenteuerliche Version der Verhältnisse: Demnach habe seine Mandantin sämtliche Wohnungen im Haus auf Lebenszeit von der Eigentümerin angemietet – für je 90.000 Euro pro Einheit. Auch die Gewerbeeinheiten habe sie auf Lebenszeit gemietet: für jeweils 120.000 Euro.
Mutter und Sohn könnten sich bald vor Gericht verantworten müssen: Mehr als sechs Jahre haben Behörden ermittelt, im Juli 2024 hat die Staatsanwaltschaft gegen zwei Beschuldigte Anklage erhoben. Die Anklagebehörde wirft den beiden vor, „in fünf Fällen jeweils gemeinschaftlich und gewerbsmäßig handelnd die Zwangslage eines anderen dadurch ausgebeutet zu haben, dass sie sich oder einem Dritten für die Vermietung von Räumen zum Wohnen Vermögensvorteile gewähren ließen, die in einem auffälligen Missverhältnis zu der Leistung stehen“, so Marayke Frantzen, Sprecherin der Hamburger Gerichte. Da das Gericht weitere Belege von der Anklage gefordert hat, steht ein Verhandlungstermin weiterhin aus.
Wie es mit der Immobilie weitergeht, dürfte auch maßgeblich von der Unicredit Bank abhängen, der die Eigentümerin des Hauses viel Geld schuldet. Ihr droht beim zweiten Versteigerungstermin Ungemach: In Folge des Eine-Millionen-Euro-Gebots gibt es dann keine Untergrenzen mehr für Kaufgebote – das Haus könnte also zum Schnäppchenpreis an neue Eigentümer gehen.