The Big Issue Taiwan :
Chao-you Chen verkauft in Taipeh

#VendorWeek
Sein Stammplatz ist die Metrostation Xihu in Taipeh. Dort verkauft der Taiwaner Chao-you Chen verkauft zwei Mal die Woche "The Big Isseu". Foto: The Big Issue Taiwan

Diese Woche rücken Straßenmagazine aus aller Welt während der Vendor Week ihre Verkäufer und deren Geschichten in den Mittelpunkt. Einer der mehr als 9000 Straßenverkäufer ist Chao-you Chen aus Taiwan.

Hinz&Kunzt Randnotizen

Freitags informieren wir per Mail über die Nachrichten der Woche:

Es ist 19 Uhr. Viele Menschen strömen zum Feierabend durch den Ausgang der Metrostation Xihu in Taipeh. Draußen, auf dem Gehsteig, steht Chen mit seinen Zeitschriften in der Hand auf dem Gehsteig und wartet auf Passanten. „Der Verkauf am Monatsende läuft eher schleppend“, sagt er. Es ist eine Erfahrung, die weltweit auch seine Kollegen beim Zeitungsverkauf auf der Straße immer wieder machen. „Heute habe ich nur drei Zeitschriften verkauft.“ Aber Chen, der erst seit einem Jahr The Big Issue Taiwan verkauft, lässt den Kopf nicht hängen. Er ist froh über seinen Verkaufsplatz.

„Anfangs habe ich nur an der Metrostation Minquan-West-Road verkauft. Dann habe es auch an der Station Chiang-Kai-shek-Gedächtnishalle versucht, aber es hat nicht wirklich funktioniert“, sagt Chen. „Am Ende hatte ich Glück und durfte vor der Metrostation Xihu stehen. Dort gab es zufällig keine Zeitschriftenverkäufer.“

Dass die Station Xihu besonders frequentiert wird, wusste Chen aus seinem alten Berufsleben. Nach seinem Militärdienst machte er ab 1976 eine Ausbildung zum technischen Assistenten. Später arbeitete Chen jahrelang als Wartungsassistent für die Metro. In der Eisenbahnwerkstatt von Taipeh säuberte er Motoren. Beim Heben der schweren Gegenstände ruinierte er sich jedoch seinen Rücken. Seit 2003 ist Chen arbeitsunfähig. Mit Hilfe einer Arbeitsvermittlung fand er einen Job als Reinigungskraft in einem Hotel. Er verdiente wenig, erhielt aber kostenlose Mahlzeiten und Unterkunft. Trotzdem musste er die Arbeit aufgeben. Der Rücken schmerzte. Er hielt es nicht mehr aus. Das war im Herbst 2006.

Chen hatte kein Geld mehr und besuchte von diesem Zeitpunkt an das Good 119, ein christliches Zentrum für Arme. Dort erhielt er ein kostenloses Mittagessen sowie nachmittags ein kostenloses Bento, eine Lunchbox für unterwegs. Und auf Empfehlung eines Freundes fand er einen neuen „Job“: Als Sandwich-Man wurde er als mobiler, menschlicher Werbeträger eingesetzt. Er verdiente wenig, aber er hatte keine andere Wahl. „Ich habe seit fast zehn Jahren Banner durch die Straßen getragen. Bei Sonnenschein, aber auch bei Regen“, sagt Chen. Vor einem Jahr fand er schließlich zu The Big Issue. Der Verkauf der Zeitung ist etwas anderes als die Werbebanner. Er erfüllt ihn mit neuem Stolz.

Es ist inzwischen 20 Uhr. Die Anzahl der Personen, die sich in und um den U-Bahnhof bewegen, nimmt allmählich ab. Es ist ziemlich unwahrscheinlich, dass er heute mehr Magazine verkauft. „Ich werde gleich einpacken und gehen“, sagt er. Morgen wird er wieder an seinem Platz stehen. „Ich habe gelernt, wie das Leben ist – und das Leben ist ein Snob. Ich bin der Zeitschrift sehr dankbar, dass sie mir den Job gegeben hat. In Anbetracht meines derzeitigen Gesundheitszustands ist es wirklich schwierig für mich, eine andere Art von Arbeit zu finden.“

Übersetzt ins Englische von Sunny Tseng (Taiwan), aus dem Englischen ins Deutsche übersetzt von Jonas Füllner.

Autor:in
The Big Issue Taiwan / INSP.ngo
INSP ist das internationale Straßenzeitungsnetzwerk. Mit freundlicher Genehmigung von The Big Issue Taiwan / INSP.ngo

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