Verkäufer Alan aus England :
„Einmal dachten alle, ich sei gestorben“

Alan verkauft das Straßenmagazin Big Issue North vor einem Aldi-Markt in Manchester. Hier erzählt er, wie er einmal fälschlicherweise für tot erklärt wurde – und wie er selbst ein Leben rettete.

Big Issue North: Was hat Dich nach Manchester verschlagen?
Alan: Eigentlich komme ich aus Yorkshire. Meine Kinder sind dort aufgewachsen, aber meine Frau und ich hatten Probleme. Eines Tages habe ich meine Sachen ins Auto gepackt und bin weg. Ich habe mir per Zufallsprinzip einen Ort auf der Karte ausgesucht und das war Manchester. Nachdem ich hier angekommen bin, habe ich drei Wochen lang in meinem Auto geschlafen mitten im Zentrum. All das ist 17 Jahre her, seitdem bin ich hier.

Was ist passiert, als du nach Manchester gekommen bist?
Nun, ich konnte mir das Auto schnell nicht mehr leisten. Also habe ich es verkauft. Ich habe dann dreieinhalb Jahre auf der Straße gelebt. Ich erinnere mich noch, als ich einmal an Weihnachten aufwachte und voll bedeckt war mit Schnee. Das ist keine schöne Situation. Damals habe ich mir geschworen, dass ich, wenn ich endlich wieder eine Wohnung haben würde, nie wieder auf der Straße landen würde. Ich habe dann von The Big Issue North von einem Freud erfahren und seit fünf Jahren verkaufe ich selbst.

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Alan verkauft The Big Issue North vor einem Aldi-Markt in Manchester. „Die Mitarbeiter hier waren immer total nett zu mir.“

Wo wohnst du jetzt?
Ich habe eine Bleibe in Clayton. Als ich angefangen habe, das Straßenmagazin vor dem Aldi-Markt zu verkaufen, sagte mir der Filialleiter, er kenne jemanden, der eine Wohnung zu vermieten habe. Er hat mir dann geholfen, sie zu bekommen, ohne dass ich eine Kaution hinterlegen musste.

Warum verkaufst du heute immer noch?
Ich tue es nicht fürs Geld. Na klar, das Geld hilft, aber das ist nicht der Hauptgrund, weshalb ich The Big Issue North verkaufe. Ich mache es eigentlich, weil ich dadurch wieder Teil der Gesellschaft bin. Du kommst mit den unterschiedlichsten Menschen in Kontakt und sprichst mit jedem.

Bekommst du viel Unterstützung von den Menschen in deiner Nachbarschaft?
Ja, alle unterstützen mich sehr. Sie kennen auch meinen Namen. Im vergangenen Jahr hat mich sogar jemand auf Facebook erwähnt, weil er dachte, ich sei gestorben. Darunter waren all diese netten Kommentare über mich zu lesen, weil alle dachten, ich sei tot. Irgendwann kam ein Pärchen auf mich zu. Als ich verkaufte und sagte ganz erstaunt: „Alle denken, du bist gestorben!“

Dabei hast Du gerade jemand anderem das Leben gerettet, oder?
Jemand ist auf dem Parkplatz zusammen gebrochen. Ich bin hin, habe ihn Mund-zu-Mund-beatmet und gewartet, bis der Krankenwagen kam. Ich habe früher öfters Erste-Hilfe-Kurse gemacht und wusste, was zu tun ist. Aber ich habe auch gar nicht lange überlegt.

banner-vendor-weekWas macht du gern in deiner Freizeit?
Angeln! Ich liebe Fische und das Fischen. In meinem Garten habe ich eine Teich angelegt, den ich selbst ausgehoben habe. Darin schwimmen die unterschiedlichsten Fischarten – und es gibt drei Plastik-Fischreiher, die die Vögel fernhalten sollen.

Was erhoffst du dir für die Zukunft?
Ich werde dieses Jahr 60 und so langsam bereite ich mich auf die Rente vor. Obwohl ich glaube, selbst als Renter werde ich noch The Big Issue North verkaufen, weil ich die Leute einfach so mag. Ich werde also bleiben, bis es nicht mehr geht.

Hast du eine Nachricht für deine Kunden?
Ich kann ihnen gar nicht genug danken. Die Leute sind in der Vergangenheit so nett gewesen – sie alle und die Verkäufer von meinem Aldi, vor dem ich stehe.

Text: Christian LissemanBig Issue North
Übersetzung: Simone Deckner
Foto: John Holt

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