Sparpläne in Hamburg und der Republik, neue DIW-Studie und „Emmelys“ Kündigung – was auch in einer Litraturausgabe nicht fehlen darf
(aus Hinz&Kunzt 209/Juli 2010)
Literatur ist nicht alles: Hier noch unsere Anmerkungen zur politischen Lage. Mitte Juni hat Bürgermeister Ole von Beust (CDU) in einer programmatischen Rede das Hamburger Sparpaket vorgestellt, mit dem das jährliche Defizit von 510 Millionen Euro ausgelichen werden soll. Von Beust wollte wohl den Ärmeren zeigen, dass auch Wohlhabende zur Kasse gebeten werden. Er sprach sich für eine Anhebung des Spitzensteuersatzes aus. Und: Die Verwaltung geht mit gutem Beispiel voran und will pro Jahr 200 Millionen Euro sparen, unter anderem durch Kürzungen beim Weihnachtsgeld. Bei Besserverdienenden soll mehr gekürzt werden.
Richtig zur Sache geht es allerdings, wenn im Herbst die Behörden ihre Sparpläne für insgesamt 250 Millionen Euro vorlegen. Wir befürchten, dass das doch wieder zu Lasten der Armen geht. Zumal von Beust sagte, dass städtische Unternehmen wie die Saga GWG jedes Jahr 50 Millionen Euro zusätzlich erwirtschaften sollen – auf Kosten der Mieter?
Auch die Bundesregierung setzt ja bei den Schwächsten den Rotstift an: 80 Milliarden Euro will Schwarz-Gelb bis 2014 einzusparen, davon 25,6 Milliarden im Sozialbereich. Die Sparpläne treffen besonders Hartz-IV-Empfänger, ihnen werden Elterngeld und Rentenbeiträge gestrichen. Gabi Brasch, Vorstand der Diakonie Hamburg, sagt dazu: „Die Maßnahmen gefährden den sozialen Frieden.“
Zumal eine neue Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) belegt: Die Mittelschicht schrumpft, die Kluft zwischen Arm und Reich wächst dramatisch. DIW-Experte Jan Goebel sagt deshalb: „Die bisher gemachten konkreten Vorschläge betreffen nur die unteren Einkommen. Der Anteil der Reichen aber steigt stetig und die Reicheren verdienen auch immer besser. Da stellt sich schon die Frage, ob diese Gruppe nicht auch einen Sparbeitrag leisten sollte.“
Empört sind wir vom Verhalten des Vermieter-Ehepaars Dallmer-Zerbe: Nachdem die Arge die Mietzahlungen für die überteuerten und heruntergekommenen Zimmerchen in der Ifflandstraße gekürzt hat, kappten die Dallmer-Zerbes den Bewohnern die TV-Versorgung. Der Mieterverein will dagegen vorgehen.
Ein Grund zur Freude: Das Bundesarbeitsgericht erklärte „Emmelys“ Kündigung für unwirksam. 31 Jahre hatte die 51-jährige Kassiererin bei „Kaiser’s“ gearbeitet, dann fand sie einen Pfandbon von 1,30 Euro und löste ihn für sich ein. „Kaiser’s“ kündigte fristlos. UJO / HAN