Wir fordern: Tariflohn statt Ein-Euro-Job!
Der ehemalige Hinz&Kunzt-Verkäufer Hermann Zarp hat einen öffentlich geförderten Arbeitsplatz. Bei Mook Wat – einem Hamburger Verein, der sich um Langzeitarbeitslose kümmert – ist der 52-Jährige im Projekt „Belle Ville“ beschäftigt. Die Arbeit im Garten- und Landschaftsbau macht ihm Spaß. 2006 kam Zarp, der „12 bis 14 Jahre“ im Gefängnis und fünf weitere auf der Straße hinter sich hat, als Ein-Euro-Jobber das erste Mal zu Mook Wat. Nach zehn Monaten legte er die vorgeschriebene Zwangspause von sechs Monaten ein – Arbeitslosengeld II-Empfänger werden nach dem Ende einer Arbeitsgelegenheit für ein halbes Jahr gesperrt – und ging dann wieder zu Mook Wat.
Seit Anfang dieses Jahres ist er im Rahmen des Bundesprogramms „Jobperspektive“ für mindestens zwei Jahre eingestellt – Verlängerung wahrscheinlich. Hier bekommt er einen tariflich festgelegten Lohn. „Die Arbeit hat mir auch vorher Spaß gemacht“, sagt Hermann Zarp. „Aber seit ich den Vertrag habe, ist es ein viel besseres Gefühl.“ Ich weiß jetzt, wenn ich mir etwas leiste, dass ich es mir verdient habe.“ Als Hartz-IV-Empfänger war für Zarp am Ende des Gelds meistens noch Monat übrig, jetzt „kann ich mir sogar etwas zurücklegen“.
Wer arbeitet, soll davon auch leben können. Bei den Ein-Euro-Jobbern ist das anders: Sie erhalten eine „Aufwandsentschädigung“ zusätzlich zum Arbeitslosengeld II. Das muss nicht so sein. Berechnungen zeigen, dass ein nach Tarif bezahlter, öffentlich geförderter Arbeitsplatz den Staat genauso viel kostet wie eine Arbeitsgelegenheit. Und Hermann Zarps Geschichte zeigt, dass es einen Riesenunterschied macht, ob man eine Arbeitsgelegenheit oder eine feste Arbeit hat. Deswegen fordern wir: Tariflohn statt Ein-Euro-Job!
Und das sagen die Hamburger Spitzenkandidaten zu unserer Forderung:
Dirk Fischer, CDU: Die sogenannten Ein-Euro-Jobs sind eigentlich Arbeitsgelegenheiten mit Mehraufwandsentschädigung, die bestimmte Langzeitarbeitslose unter „weicheren Umständen“ wieder an die Erwartungen des Arbeitsmarkts gewöhnen sollen. Zielsetzung ist es, sie wieder wettbewerbsfähiger zu machen. Es handelt sich dabei also um eine Qualifizierungsmaßnahme, die in eine tariflich bezahlte Arbeitsstelle auf dem ersten Arbeitsmarkt führen soll. Deshalb geht der in der Fragestellung formulierte Änderungswunsch am Wesen der bestehenden Regelung vorbei und ist in dieser Form nicht zu unterstützen.
Olaf Scholz, SPD: Es ist mein Ziel, so vielen Menschen wie möglich eine Stelle auf dem ersten Arbeitsmarkt zu vermitteln, zu einer fairen Bezahlung in Form eines Tariflohns. Ich setze mich auch für die Einführung flächendeckender Mindestlöhne ein. Die staatlich geförderten Arbeitsgelegenheiten sollen eine Chance für diejenigen sein, die lange keine Arbeit mehr hatten und langsam wieder an den normalen Arbeitsmarkt herangeführt werden sollen. Die Arbeitsgelegenheiten mit Mehraufwandsentschädigung, oft Ein-Euro-Jobs genannt, lassen sich nicht mit regulären Stellen vergleichen.
Krista Sager, GAL: Im Rahmen unseres Programms zur Schaffung von einer Million neuer Jobs wollen wir in einem ersten Schritt bis 2013 auf diese Weise 60.000 Stellen im Sozialen Arbeitsmarkt schaffen. Bei Zahlung des Mindestlohns von 7,50 Euro kommen diese öffentlich geförderten Arbeitsplätze den Staat tatsächlich nicht teurer als ein Ein-Euro-Job. Das Ziel, auch Langzeitarbeitslose in den ersten Arbeitsmarkt zu integrieren, geben wir damit nicht auf.
Jan van Aken, Linke: Hartz IV und die Ein-Euro-Jobs müssen weg. Die Linke möchte sie durch Arbeitsplätze ersetzen, die sozialversicherungspflichtig und rechtlich abgesichert sind. Diese Arbeitsplätze dürfen nicht unterhalb eines gesetzlichen Mindestlohns und bestehender Tarifverträge vergütet werden. Und sie müssen freiwillig sein! Wir schlagen ein öffentliches Beschäftigungsprogramm für zwei Millionen neue Arbeitplätze vor.
Burkhard Müller-Sönksen, FDP: „Wer arbeitet, soll davon auch leben können.“ Arbeit muss sich also wieder lohnen. Dies ist seit jeher eine der Kernforderungen der FDP. Die Dauer der Arbeitslosigkeit muss verkürzt und die Vermittlung in Beschäftigung beschleunigt werden. Die FDP hat mehrfach die Auflösung der Bundesagentur für Arbeit in ihrer jetzigen Form und die Neuordnung ihrer Aufgaben gefordert. Wir wollen, dass alle Arbeitslosen in kommunalen Jobcentern betreut und beraten werden, weil die Kommunen besser auf individuelle Probleme und den regionalen Arbeitsmarkt reagieren können. Das FDP-Bürgergeld will Menschen bei Bedürftigkeit unterstützen und gleichzeitig die Leistungsbereitschaft und Eigeninitiative fördern. Durch die Zusammenfassung und Pauschalisierung von steuerfinanzierten Sozialleistungen und ihrer Verwaltung in einer Behörde werden die Bedürftigen vom Bürgergeld profitieren, nicht die Findigen. Über eine neue Freibetragsregelung und in Verbindung mit unserem Steuerkonzept wird sichergestellt, dass sich die Aufnahme einer Arbeit – auch bei geringer Bezahlung – lohnt. Wer Arbeit nachhaltig verweigert, kann nicht mit der vollen Solidarität der Steuerzahler rechnen. Deshalb hat schon die rot-grüne Bundesregierung bei Arbeitsverweigerung die Kürzung der Sozialleistung ins Gesetz geschrieben.
Was die Hamburger Politiker auf unsere anderen Forderungen geantwortet haben, lesen Sie in der aktuellen Hinz&Kunzt. Den Artikel können Sie sich auch auf unserer Homepage herunterladen (hier geht´s zur aktuellen Ausgabe).