Winternotprogramm

Vorwürfe gegen Sicherheitspersonal

Sicherheitsmitarbeiter sollen nach Informationen von Hinz&Kunzt einen vor einer Notunterkunft liegenden Obdachlosen getreten haben. Zeugen haben das bei der Polizei angezeigt. Das Sicherheitspersonals hat Anzeige gegen den Obdachlosen gestellt.

Meldungen: Politik und Soziales

(aus Hinz&Kunzt 214/Dezember 2010)

Großer Ansturm auf Winternotprogramm
Zum Start des Winternotprogramms am 1. November gab es großen Andrang auf die 92 Wohncontainer, in denen Obdachlose überwintern können. Etwa 100 Interessierte seien am ersten Vergabetag erschienen, sagte Nikolas Borchert von der Tagesaufenthaltsstätte Bundesstraße – so viele wie noch nie. „Einige hatten vor Ort übernachtet“, so Borchert. Zur Vergabe der Container habe man Nummern verteilt, der Ablauf sei wegen des Andrangs chaotisch gewesen. HAN

Obdachloser in Schnelsen erstochen
In Schnelsen ist Ende Oktober ein 49-jähriger Wohnungsloser durch Messerstiche getötet worden. Nach Angaben der Polizei entdeckte ein Passant seine Leiche in einem Gebüsch. Die alarmierten Beamten verhafteten kurz darauf  einen 20-jährigen Bewohner der nahe gelegenen Wohnungslosen-Unterkunft Holsteiner Chaussee. Weil Blutspuren bis zu seinem Zimmer führten, wird der Mann des Totschlags verdächtigt und sitzt in Untersuchungshaft. Die Polizei stellte auch ein blutverschmiertes  Messer sicher. HAN

Neuer Leerstandsmelder im Internet
Mehr Transparenz beim Thema Leerstand ist das Ziel eines neuen Internetportals aus dem Umfeld des Gängeviertel e.V. und des Hamburger Bündnisses „Recht auf Stadt“. Online kann jeder leerstehende Häuser und Wohnungen melden, die dann automatisch auf einem virtuellen Stadtplan von Hamburg eingetragen werden. Außerdem kann jeder Nutzer Fotos der leerstehenden Objekte einfügen. So sollen Informationen über Leerstände zentral gesammelt und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. HAN
Die Aktion im Internet: www.leerstandsmelder.de

Obdachloser fast zerquetscht
Ein Obdachloser ist in Bahrenfeld beinahe im Inneren eines Müllwagens zu Tode gequetscht worden. Wie die Polizei mitteilte, hatte der 49-Jährige Mitte November in einem Altpapier-Container übernachtet und war bei der Leerung in den Müllwagen gefallen. Der Fahrer hörte seine Hilferufe nur, weil er gegen den Seitenspiegel eines  geparkten Autos gefahren und deshalb ausgestiegen war. Der Obdachlose wurde im Krankenhaus Altona behandelt. HAN

Bezirk weist Wohnungssuchende ab
Vielen Obdachlosen und von Obdachlosigkeit Bedrohten kann die Fachstelle für Wohnungsnotfälle im Bezirk Mitte nicht helfen. Nach Zählungen von Mitarbeitern wurden in diesem Jahr bereits 442 Mal Alleinstehende oder Familien abgewiesen, weil es zu wenige Wohnungen gibt. Sie kommen dann bei Bekannten oder in der öffentlichen Unterbringung unter oder landen auf der Straße. Offizielle Zahlen gibt es laut Bezirk nicht: Elektronisch werde nur die Zahl der Vermittelten erfasst, so eine Sprecherin. BEB

Meine Angst vor dem Winter
Ein Kommentar von Hinz&Kunzt-Sozialarbeiter Stephan Karrenbauer

Ein Mann übernachtet in einem Papiercontainer und wird am nächsten Morgen um ein Haar in einem Müllwagen zerquetscht. Dieser Fall hat uns bei Hinz&Kunzt schockiert. Und wir sind froh, dass so viele Menschen Mitgefühl mit dem Mann zeigen. Aber seien wir mal ehrlich: Menschen ohne Zuhause, die auf der Straße, in Garagen oder abbruchreifen Häusern schlafen, sehen wir alle täglich.
Diese Menschen schlafen draußen, obwohl das Hamburger Winternotprogramm bereits seit einem Monat läuft. Und das hat einen Grund: Die Schlafplätze im Pik As oder in der Notunterkunft Sportallee sind für viele Obdachlose keine Alternative zur Straße. Die meisten Obdachlosen halten es in den großen Zimmern kaum aus, in denen bis zu acht einander fremde Menschen untergebracht werden.
Innerhalb des Notprogramms gibt es auch 100 heiß begehrte Containerplätze. Sie sind bei Kirchengemeinden aufgestellt, wo es relativ ruhig ist. Und ganz wichtig: Hier kann man die Tür hinter sich zuziehen. Um so einen Platz zu bekommen, haben viele Obdachlose sogar vor der Vergabestelle übernachtet. Doch nicht alle, die einen Platz im Container wollten, haben einen bekommen. Der Bedarf an Schlafplätzen, die sich an den Bedürfnissen der Menschen orientieren, ist riesig.
Das zeigt: Es stimmt nicht, dass die meisten, die jetzt draußen schlafen, draußen schlafen wollen, wie es die Behörde gerne darstellt. Es zeigt auch: Wer den Obdachlosen wirklich helfen will, muss mehr Schlafplätze in Containern oder Einzelzimmern schaffen.
Um auf den Mann aus dem Papiercontainer zurückzukommen: Hätte er mich nach einem Schlafplatz gefragt, hätte ich ihm bei der derzeitigen Lage nichts anbieten können.
Dass ich weder eine Wohnung noch ein Einzelzimmer zu vermitteln habe, sondern höchstens einen Platz in einem Achtbettzimmer, macht den Job des Hinz&Kunzt-Sozialarbeiters im Winter fast unerträglich.

Umzug: Hartz-IV-Behörde muss neue Miete zahlen
Wenn ein Arbeitslosengeld-II-Empfänger aus überzeugenden Gründen in eine teurere Wohnung umzieht, muss das Amt (Arge) die höhere Miete auch dann zahlen, wenn sie den Umzug vorab nicht genehmigt hat. Das hat das Sozialgericht Dortmund entschieden (Az: S 31 AS 317/08). Geklagt hatte die Mutter einer Sechsjährigen, deren Wohnung von Schimmel befallen war. Auch in Hamburg hatte die Arge in einem vergleichbaren Fall kürzlich Mietzahlungen verweigert. UJO

Neues Angebot für Alkoholiker
Mit einem neuen Projekt will der Bezirk Harburg die Trinkerszene am Rathaus verkleinern. „Zu Arbeit“ beschäftigt drei Sozialarbeiter, die bis zu 200 Betroffenen Alternativen zum Alkohol nahebringen sollen. Jeder fünfte soll zumindest zeitweise in geregelte Arbeit gebracht werden. Bezirksamtsleiter Torsten
Meinberg (CDU) bezeichnete das zur Hälfte vom Europäischen Sozialfonds finanzierte Projekt als „letzte Chance“ für die öffentlichen Dauertrinker. Im Falle eines Scheiterns müsse der Bezirk verstärkt Platzverweise aussprechen. UJO

Gruß vom Bundespräsidenten
Bundespräsident Christian Wulff hat Deutschlands Straßenmagazine als „wichtige und richtige Initiative zu Selbst­hilfe“ bezeichnet und die Bürger dazu aufgefordert, sie regelmäßig zu lesen. „Wie viel wissen wir über den Alltag unserer Mitmenschen, die in soziale Not geraten sind? Straßenzeitungen berichten uns darüber“, so Wulff in seinem Grußwort für die Weihnachtsausgabe. Die Magazine seien ein „Beitrag zu Meinungsvielfalt und Teilhabe“. UJO
Das gesamte Grußwort lesen Sie unter www.hinzundkunzt.de

Demonstranten zeigen Polizisten an
Die Organisatoren der Demonstration „Leerstand zu Wohnraum“, auf der Ende Oktober mehr als 3000 Menschen gegen Büroleerstand und Wohnungsnot in Hamburg protestierten, haben Strafanzeige gegen mehrere Polizeibeamte gestellt. In mindestens einem gut dokumentierten Fall hätten Polizisten unverhältnismäßige Gewalt gegen Teilnehmer des Aufzuges angewandt, so das Bündnis, das aus verschiedenen Gruppen und politischen Initiativen besteht. Die Hamburger Staatsanwaltschaft hat bestätigt, dass bereits Ermittlungen gegen bisher unbekannte Beamte aufgenommen wurden. HAN

Diakonie gründet neue Stiftung
Das Diakonische Werk hat Ende Oktober die Stiftung MitMenschlichkeit Hamburg gegründet. Das Stammkapital von 500.000 Euro kommt aus dem Erbe des sozial engagierten Hamburger Unternehmers Hermann Haltermann. Die Stiftung wolle vorerst neue Projekte für benachteiligte Kinder, Demenzkranke und Arme fördern, sagte Diakonie-Chefin und Landespastorin Annegrethe Stoltenberg. Der erste Förderpreis in Höhe von 12.000 Euro ging an die Evangelischen Kindertagesstätten, die durch zusätzliche Betreuungs-Angebote am Abend und am Wochenende alleinerziehende Eltern entlasten wollen. HAN

Nicht sparen an armen Vierteln!
Caritas und Diakonie haben die Bundes­tagsabgeordneten aufgefordert, die geplanten massiven Kürzungen beim Programm Soziale Stadt zu verhindern. Andernfalls würden „Menschen in Problemquartieren bei der Bewältigung ihrer Alltagsprobleme alleingelassen“. Die Regierung veranschlagt statt 95 künftig nur noch 28 Millionen Euro jährlich. Damit steht das Programm, das bundesweit benachteiligte Viertel fördert, vor dem Aus. UJO

Neue Wohnungsgenossenschaft gegründet
In zehn Jahren 500 Wohnungen für Menschen mit besonderen Schwierigkeiten zu bauen, ist das Ziel einer neuen Ham­burger Wohnungsgenossenschaft. Zur Gründung der gemein­nützi­gen Genossenschaft Schlüsselbund eG haben sich 19 Träger zusammengeschlossen, die Behinderte, psychisch Kranke, Jugendliche oder Haftentlassene betreuen. Diese Gruppen sind von der Krise auf dem Hamburger Wohnungs­markt besonders betroffen. HAN

Leitbild für das Hamburg von morgen
Wie kann die Stadt sich fit machen für die Zukunft? Antworten bietet die Studie „Zukunftsfähiges Hamburg – Zeit zum Handeln“. Anfangen kann jeder bei sich selbst, so die Autoren: Wäscheleine statt Trockner nutzen, intelligente Stromzähler einbauen, weniger fliegen. Einer der vielen Vorschläge an die Politik: weniger Parkplätze in der City, Menschen mit wenig Geld fahren kostenlos Bus und Bahn. Mitherausgeber der Studie ist das Diakonische Werk. UJO

Rettung für die Elbtreppenhäuser?
Mit einem Bürgerbegehren setzen sich mehr als 11.000 Altonaer für den Erhalt der Elbtreppenhäuser ein. Zwar wollen laut Initiative „Rettet die Elbtreppe“ alle Parteien im Bezirk das historische Ensemble erhalten. Doch könne Saga/GWG den Abriss einklagen, wenn Stadtentwicklungssenatorin und Saga-GWG-Aufsichtsratsvorsitzende Anja Hajduk (GAL) nicht einschreite. UJO

„Rosi“ gewinnt den Social Media Award 2010
Der Film „Rosi“ hat den mit 3000 Euro dotierten ersten Preis beim Social Media Award 2010 gewonnen. Der Film zeigt, wie die geistig behinderte Sandra ihr Leben meistert – und den Job als Sängerin der Band „Rosi“. Der vom Bundesministerium für Arbeit geförderte Wettbewerb für Kurzfilme über Armut und soziale Ausgrenzung wurde erstmals ausgerufen. Aus 62 Einsendungen wurden fünf prämiert. Sie sind im Internet zu sehen: www.social-media-award.eu HAN

Gratis-Kultur für Arme
Geringverdiener, Hartz-IV-Empfänger oder Alleinerziehende können sich Tickets für kulturelle Veranstaltungen wie Theater oder Oper meist nicht leisten. Gleichzeitig sind in den Sälen oft Plätze frei. Nach dem Prinzip der deutschen Tafeln will der Verein „Kulturloge Hamburg“ unverkaufte Karten kostenlos an Bedürftige weitergeben. Das Angebot soll im Januar 2011 starten. Der Verein sucht noch ehrenamtliche Mitarbeiter und Partner aus der Hamburger Kulturszene. Infos und Kontakt online unter www.kulturloge-hamburg.de. BEB

Aber bitte mit Blaulicht!

Lisa Haarmeyer kennt Polizeiautos jetzt in- und auswendig

(aus Hinz&Kunzt 180/Februar 2008)

Parkplatz der Landesbereitschaftspolizei. Auto reiht sich an Auto, blau-grau sind viele, einige sind schwarz und nicht als Polizeiauto zu erkennen. Unter ihnen ist ein besonderes. Die Sonnenstrahlen funkeln in seinem Blaulicht, das Silbergrau leuchtet metallisch – wie frisch aus der Waschanlage. Es ist ein Mercedes der E-Klasse. 15 Kilometer hat er auf dem Tacho und noch keinen einzigen Polizeieinsatz auf dem Buckel.

Leben in Angst

Wie sich Harald-Heinz (48) in Thailand und Deutschland vor der Polizei versteckte

(aus Hinz&Kunzt 126/August 2003)

Am Flughafen Frankfurt erreichte meine Panik ihren Höhepunkt. Ich war mir sicher, dass ich vom Plastikgeschirr der Airline meine letzte Mahlzeit in Freiheit gegessen hatte. Spätestens bei der Passkontrolle vom Zoll würde meine Flucht zu Ende sein: Vor meinem inneren Auge sah ich die Polizei um die Ecke kommen, konnte das Einrasten der Handschellen hören. Mit Schweiß auf der Stirn stand ich vor dem Zollbeamten, kurzer Blick in meinen Pass – und er winkte mich durch. Ich konnte mein Glück nicht fassen: Ich hatte es unbehelligt nach Deutschland geschafft.

Auf einen Schlag war ich vom Touristen zum Flüchtling geworden. Eigentlich wollte ich mich während meines Thailandurlaubs von Deutschland erholen. Über acht Jahre hatte ich im Knast gesessen, mein sehnlichster Wunsch war es, dem Land und vor allem seinen Polizisten den Rücken zuzukehren. Weil ein alter Freund mit einer Thailänderin verheiratet ist, konnte ich in ihrem Heimatdorf im Norden Thailands billig wohnen, ein einfaches und ruhiges Leben. Alle paar Wochen rief ich meinen Bruder an, um Kontakt nach Deutschland zu halten.

Eines Tages hatte er eine wichtige Nachricht für mich: Beim Durchsehen der Post in meiner Wohnung hatte er eine Vorladung gefunden, der Gerichtstermin war längst verstrichen. Mittlerweile, so hatte mein Anwalt herausgefunden, lag ein Haftbefehl vor. Panisch dachte ich nach, weswegen ich wohl gesucht werde. Dann fiel mir der Schmuck ein: Ein Bekannter aus dem Milieu hatte ihn mir verkauft, zu einem Bruchteil des Wertes. Ein Riesengeschäft. Da stellst du keine Fragen, wo der herkommt.

Jetzt aber begannen die Fragen durch mein Gehirn zu schwirren: Was, wenn der Schmuck geklaut wäre? Ein Einbruch oder Überfall? Was, wenn bei dem Bruch jemand verletzt oder sogar getötet worden war? Wäre ich dann sogar verdächtig? Ich war gerade erst raus aus dem Knast, und zurückgehen war das Letzte, was ich wollte. Während ich in Thailand nicht wusste, was ich machen sollte, machte mein Anwalt einen Deal mit dem Staatsanwalt: Ein neuer Gerichtstermin wurde anberaumt, da ich den ersten wegen meines Thailand-Urlaubs nicht wahrnehmen konnte, der Haftbefehl sei so lange ausgesetzt.

Aber ich traute dem Frieden nicht. Ich hatte Angst, dass mich der Staatsanwalt reinlegt und ich trotzdem noch gesucht werde. Jetzt wusste er auch, wo ich zu finden bin, und bei Raubmord wäre schnell ein internationaler Haftbefehl ausgestellt. Und in den thailändischen Knast wollte ich schon gar nicht. Auf jeden Fall musste ich zurück nach Deutschland, denn mein Geld war aufgebraucht. Und in Thailand hatte ich niemanden, der mir helfen konnte.

Erst mal nach Bangkok. Mit klapprigen Bussen fuhr ich aus der Provinz zurück in die Großstadt. Jeder Dorfpolizist, den ich sah, ließ meinen Puls in die Höhe schnellen. In Bangkok brauchte ich drei bis vier Tage, um mir ein Flugticket zu besorgen. In dieser Zeit lebte ich im Hotel. Natürlich nicht unter meinem richtigen Namen. Der Rezeptionist ließ es sich teuer bezahlen, dass er meinen Pass nicht sehen wollte.

Als ich wieder in Deutschland war, blieb das Leben auf der Flucht teuer. In meine Wohnung konnte ich natürlich nicht, ich wohnte mal bei dem einen und mal bei dem anderen Freund. Dafür steuerte ich immer etwas zur Miete bei. In meine Wohnung traute ich mich nur nachts, um nach dem Rechten zu sehen und die Post zu holen. Ich konnte auch nicht billig einkaufen, einfach mal den Kühlschrank voll machen, das ging nicht. Schließlich war ich am nächsten Tag schon woanders. Und bei jedem Türklingeln erwartete ich die Polizei.

„In meine Wohnung traute ich mich nur nachts“

Besonders ärgerte mich, dass ich nicht mehr Auto fahren konnte. Das Risiko, in eine Kontrolle zu geraten, war einfach viel zu groß. Deswegen war ich immer auf meine Freunde angewiesen, damit sie mich in der Gegend he-rumchauffierten. Immer wieder war ich kurz davor, mich bei der Polizei zu stellen. Dann aber erinnerte ich mich an die achteinhalb Jahre im Knast, und ich war sicher: Dahin gehe ich nicht zurück. Dem Leben im Bau zog ich ein Leben in Angst vor.

Etwa fünf Wochen ging das so, dann bekam ich den Brief mit dem neuen Verhandlungstermin. Vor allem aber stand in der Benachrichtigung, warum ich vor Gericht sollte. Als ich das gelesen hatte, fiel alle Last von mir ab. Genauso schnell wie ich es verloren hatte, bekam ich mein normales Leben auch zurück. Ich zog wieder in meine Wohnung, ging essen, konnte wieder Auto fahren. Feierte meine neu gewonnene Freiheit. Denn gesucht wurde ich nicht wegen dem Schmuck, nicht wegen Hehlerei, Überfall oder Raubmord. Verhandelt werden sollte ein Ladendiebstahl, den ich nicht begangen hatte.

Vor meinem Thailandurlaub hatte ich gemeinsam mit meinem Bruder als kleinen Nebenverdienst Bohrmaschinen nach Polen geschmuggelt. Wir kauften sie in Deutschland billig ein, in Polen verkaufte sie ein Bekannter. In einem Baumarkt verdächtigte uns ein Ladendedektiv, dass wir eine Bohrmaschine geklaut hätten.

Als die Polizei unser Auto kontrollierte, fand sie natürlich eine Menge Bohrmaschinen – wir wollten gerade wieder nach Polen. Meine Vorstrafe tat ihr übriges, um den Verdacht zu erhärten. In der Verhandlung wurde ich dann freigesprochen. Ich ärgere mich noch heute über die Wochen, die ich verloren habe, nur weil ich meinen Anwalt nicht gefragt hatte, warum ich damals vor Gericht sollte.

Protokoll: Marc-André Rüssau