Freiheit, Gleichheit, Obdachlosigkeit

Paris 2006: Augustin Legrand und Hunderte Obdachlose protestieren gegen das Leid von Menschen, die auf der Straße leben. Beim Filmfestival „über Mut“ läuft jetzt in
Hamburg ein Film, der ihren Protest dokumentiert. Hanning Voigts hat mit Augustin Legrand telefoniert und ihn gefragt, wie die Situation heute aussieht.

(aus Hinz&Kunzt 213/November 2010)

Bitte recht blutig!

Warum passen die Eishockeyprofis der Freezers und Hinz&Kunzt gut zusammen? Weil das Spiel hart ist – und das Leben auch. Unter diesem Motto gingen im Dezember 2010 gemeinsame Plakatkampagne und Sponsoringaktion an den Start. Schon beim Fototermin ging es richtig zur Sache.

(aus Hinz&Kunzt 215/Januar 2011)

Zimmer mit Aussicht

Einige Hamburger konnten es nicht mehr ertragen, dass so viele Obdachlose draußen schlafen und spendeten uns Geld. Seit Anfang Dezember haben wir jetzt ein eigenes kleines Winternotprogramm.

(aus Hinz&Kunzt 215/Januar 2011)

Eine unterirdische Nacht

Hals über Kopf hat der Senat Anfang Dezember weitere Notschlafplätze für Obdachlose bereitgestellt – in einem Weltkriegsbunker. Für Hinz&Kunzt-Volontär Hanning Voigts war klar: Um ein Bild von den Zuständen vor Ort zu bekommen, musste er dort übernachten.

(aus Hinz&Kunzt 215/Januar 2011)

„Ich will nur helfen, damit niemand erfrieren muss“

Für Rita und Uwe Bernzen gehört soziales Engagement zum Leben dazu. Aber im Gegensatz zu anderen helfen sie direkt vor ihrer Haustür: Schon zum dritten Mal kümmern sie sich um einen Wohncontainer, in dem Obdachlose überwintern können.

(aus Hinz&Kunzt 212/Oktober 2010)

„Man fühlt sich eklig, ausgenutzt, schmutzig“

Obdachlosigkeit bei Frauen ist oft unsichtbar. Die Betroffenen kommen bei Freunden und Bekannten unter – oder im Bett irgendeines Mannes. Geschichten von Frauen ohne Wohnung sind Geschichten von Ausbeutung, Scham und Einsamkeit.

„Ich war naiv“

Mandy S. verkauft Hinz&Kunzt am Einkaufszentrum Barmbeker Straße in Winterhude. Seit eineinhalb Jahren lebt sie in einer städtischen Wohnunterkunft.

(aus Hinz&Kunzt 210/August 2010)

MomentaufnahmeWo soll sie jetzt bloß hin? Mandy hat kein Geld und keine Ahnung, wo sie die nächste Nacht verbringen soll. Es ist Januar, nass und bitterkalt. Diesen Tag wird Mandy als den Tiefpunkt ihres Lebens in Erinnerung behalten. „Das waren Gefühle, die kann ich gar nicht beschreiben“, sagt die Hinz&Künztlerin. Doch sie weiß: In diese Lage hat sie sich selbst gebracht.
„Ich war naiv“, sagt die 31-Jährige. Bis Dezember 2008 teilte sie sich in einem Dorf bei Bremen mit ihrer Freundin Monica eine Wohnung. Mandy war der Liebe wegen nach Norddeutschland gezogen, hatte einen Job in der Firma, in der ihr Freund arbeitete. Als die Beziehung zerbrach, verlor Mandy ihren Job und war auf Hartz IV angewiesen. Dem Amt aber war die Wohnung der Frauen zu teuer. „Wir wollten ausziehen, bevor wir rausfliegen“, sagt Mandy, „und dachten: Warum nicht nach Hamburg?“ Aus ihrer Heimat Berlin war sie es gewohnt, dass die Wohnungssuche in einer Großstadt kein Problem ist.
Dass es in der Hansestadt nahezu un­möglich ist, innerhalb von wenigen Ta­gen eine Wohnung zu mieten, merkten Mandy und Monica schnell. Nur für zwei oder drei Nächte wollten die beiden ­Freundinnen sich in einer Unterkunft für Mon­ta­ge­arbeiter einmieten. Aber bevor eine ei­gene Wohnung auch nur in Sicht war, waren sie pleite und saßen auf der Straße.
Ihnen blieb nur der Weg zur Bahnhofsmission. Dort würde Obdachlosen geholfen, hieß es. Obdachlosen! Mandy schüttelt heftig den Kopf: „Da habe ich mich nie dazugezählt.“ Fast eine Stunde dauerte es, bevor Mandy und Monica sich reintrauten und sagten: „Wir wissen nicht, wohin.“ Sie wurden zur Notunterkunft Sportallee in Groß-Borstel gefahren. „Die erste Nacht habe ich gar nicht geschlafen“, sagt Mandy. Zu beängstigend waren die fremden Geräusche in dem weitläufigen Gebäude, in dem 200 andere mit ihr die Nacht verbrachten. „Ich dachte die ganze Zeit: Du gehörst hier nicht hin.“
18 Monate später lebt Mandy immer noch in der Sportallee. Sie liest täglich Immobilieninserate, war schon bei Dutzenden Wohnungsbesichtigungen. Eine Chance, sich als Mieterin zu bewähren, hat sie bisher nicht bekommen. Mandy glaubt, das liegt an ihrer aktuellen Meldeadresse in der Unterkunft.
Es fällt der jungen Frau schwer, sich zu denen zu zählen, die kein Zuhause haben, die sich beim Amt in die Schlange Hilfebedürftiger einreihen und die Hinz&Kunzt verkaufen, um über die Run­den zu kommen. Damit sie bald nicht mehr dazugehört, will Mandy drin­gend einen Job und unbedingt eine Wohnung finden: „Ich habe mich selbst in die Situation gebracht, jetzt muss ich auch wieder da rauskommen.“

H&K: Wie möchtest du in fünf Jahren leben?
Mandy: Ich möchte verheiratet sein. Davon träumt doch jedes Mädchen, oder?

H&K: Wer oder was imponiert dir?
Mandy: Sigi aus dem Hinz&Kunzt-Vertrieb, weil er so geduldig mit den Verkäufern umgeht.

H&K: Was macht dich traurig?
Mandy: Dass eine reiche Stadt wie Hamburg es nicht schafft, dass jeder eine Wohnung finden kann.

Text: Beatrice Blank
Foto: Mauricio Bustamante