„Das ist pervers!“

Die ARGE Reinbek hat bereits 200 Arbeitslose zur Senkung ihrer Mietkosten aufgefordert – doch gibt es preisgünstige Wohnungen für sie?

(aus Hinz&Kunzt 151/September 2005)

Vor den Toren Hamburgs ist die Schonfrist für Arbeitslosengeld (ALG)-II-Empfänger abgelaufen: Bereits 200 der 2000 Haushalte hat allein die Arbeitsgemeinschaft (ARGE) Reinbek aufgefordert, die Mietkosten zu senken. Kritikern zufolge mangelt es jedoch an billigem Wohnraum.

Billiges Versprechen

Ein-Euro-Jobber erobern die Arbeitswelt und bleiben dennoch meist die Verlierer

(aus Hinz&Kunzt 142/Dezember 2004)

8700 Ein-Euro-Jobs will Hamburg kommendes Jahr für Arbeitslose bereitstellen. Schon jetzt zeigt sich: Die gemein-nützige Beschäftigung von Hilfeempfängern ist vor allem ein billiges Versprechen. Den Betroffenen bietet sie kaum Perspektiven. Und reguläre Arbeitsplätze fallen weg.

„Das P in den Augen“

Hartz IV: Abendblatt-Redakteurin Barbara Hardinghaus lebte einen Monat lang vom Arbeitslosengeld II

(aus Hinz&Kunzt 139/September 2004)

Hinz&Kunzt: Wie viel Geld stand Ihnen am Tag zur Verfügung?

Hardinghaus: Ich dachte anfangs, ich hätte zehn Euro. Aber beim zweiten Durchrechnen habe ich gemerkt, dass das gar nicht stimmt: Ich habe noch ein Auto und Telefon, danach hatte ich einen Tagessatz von etwas über sechs Euro, für Essen waren das noch 4,34 Euro. Mein Auto würde ich abschaffen, weil es mich 70 Euro im Monat kostet.

Soziale Schieflagen

Verkäufer äußern sich zu drei aktuellen Themen

(aus Hinz&Kunzt 138/August 2004, Die Verkäuferausgabe)

„Mietnomaden“ und arme Schlucker

Die Informationen sind eindeutig: Immer mehr Privatleute können ihre Schulden nicht bezahlen. Allein im April dieses Jahres mussten 3500 Menschen ihre Zahlungsunfähigkeit anmelden – das sind fast 30 Prozent mehr als im vorigen Jahr. Gleichzeitig nehmen die Räumungsklagen vor Hamburger Amtsgerichten zu. Und die Wohnungsgenossenschaften klagen über ausstehende Mieten.

Eine neue Bezeichnung kursiert: „Mietnomaden“. Zahlungsunwillige Mieter mit Wiederholungspotenzial sind damit gemeint, die wissen, dass sie sich die geplanten Ausgaben nicht leisten können.

Sicher gibt es solche Betrüger. Aber das ist die Minderheit. Die Gefahr liegt in dem gezielt gepflegten Meinungsklima unserer Zeit. Denn wer nichts hat, ist auch nicht angesehen. So versuchen die Menschen, Gewinn vorzutäuschen, bei der großen Maskerade mitzuspielen.

Doch selbst, wer sich nicht maskiert: In Erwartung realer Kürzungen (Hartz IV) ist nicht nur die Angst der Armen, sondern auch die der unteren Mittelschicht berechtigt, bald nicht mehr zurechtzukommen. Wessen privates Warnsystem nicht funktioniert, der ist ungeschützt und wird dafür zahlen. Die Wege in Richtung Abgrund werden zunehmend besser planiert.

Autor: Laura

Beratungsstellen vor dem Aus?


Ein Gespräch mit Dieter Ackermann, Leiter Soziale Dienste beim Hamburger Caritasverband


Laura:
Die Beratungsstelle Billstedt in der Möllner Landstraße und die Außenstelle Bergedorf am Achterdwars, die sich um Wohnungslose kümmern, sollen vor der Schließung stehen. Was ist an den Gerüchten dran?

Dieter Ackermann: Wahr ist, dass die Caritas ihren Mitarbeitern vorsorglich gekündigt hat. So können wir uns notfalls aus dem Beratungsangebot zurückziehen.

Laura: Warum erwägen Sie das?

Ackermann: Weil wir die Kosten trotz Zuschüssen von der Stadt auf Dauer nicht mehr tragen können. Allein die Geldverwaltung für Menschen, die kein eigenes Konto haben, kostet rund 8000 Euro im Jahr. Das sind Belastungen, die wir nicht refinanzieren können.

Laura: Haben Sie die Hoffnung, die Löcher zu stopfen und die Arbeit fortsetzen zu können?

Ackermann: Noch ja. Wir wollen die Betriebsführung kostengünstiger gestalten, außerdem verhandeln wir mit der Behörde. Noch bin ich zuversichtlich, dass die Arbeit in Billstedt weitergeführt werden kann.

Die Beratungsstellen Billstedt und Bergedorf werden von der Sozialbehörde (BSF) finanziert, allerdings, so Dieter Ackermann, reichen die Pauschalen nicht aus. Derzeit zahlt die BSF allein für Billstedt rund 317.000 Euro jährlich, die Beratungsstelle benötigt aber etwa 15.000 Euro mehr. Jährlich erhalten dort im Schnitt 317 Menschen Hilfe, zusätzlich besuchen etliche die offene Sprechstunde. Träger sind der Caritasverband und der Verein Integrationshilfen.

Hartz-Zeiten, harte Zeiten

Hinz & Kunzt-Verkäufer Torsten Pingel erhält Arbeitslosenhilfe. Doch ab 2005 wird Arbeitslosengeld II gezahlt – und das ist weniger Geld. „Soll ich nun halbiert leben?“, fragt Torsten.

„Bei meinem Kumpel Axel wird auch gekürzt. Werde ich hartziert? 20 Quadratmeter Wohnung statt 40? Meine Einrichtung – nur noch die Hälfte? Was denkt dieser Hartz sich! Ich säge meine Stühle durch! Ich hole die Hilti und hartze meinen Tisch, das heißt, ich hälfte ihn. Kommt das in den Nachrichten? Nein. Ich höre immer nur von Hartz, nie von mir.“

Konferenz: 5 Jahre Hartz IV in Hamburg

Eine Konferenz mit dem Titel „Agenda 2010 – Ziel erreicht? Hartz IV in der Krise“ zieht am Samstag, 10. April, Bilanz: Was haben fünf Jahre Hartz IV in Hamburg verändert? Was ist von den Versprechungen übrig geblieben? Wie hat sich die Reform auf das Leben der Betroffenen ausgewirkt?

Die von Gerhard Schröder und der rot-grünen Bundesregierung von 2003 bis 2005 umgesetzte „Agenda 2010“ hatte als Kernstück eine grundlegende Reform der Arbeitsmarktpolitik und der sozialen Sicherungssysteme.

Foto: Benne Ochs
Foto: Benne Ochs

Die neue Hinz&Kunzt ist da!

Ab sofort auf Hamburgs Straßen und Plätzen zu kaufen: Die Hinz&Kunzt-Aprilausgabe.

Titel_206Auf dem Titelbild zu sehen: die bezaubernde Sibel Kekilli. Bekannt wurde sie mit Fatih Akins Filmerfolg „Gegen die Wand“, in „Die Fremde“ verkörpert sie die Deutsch-Türkin Umay, deren Leben zwischen zwei Kulturen tragisch verläuft. Unserem Autor Frank Keil sagte die Schauspielerin, warum sie ihren neuesten Film so sehr mag.

Neue Studien zum Arbeitsmarkt

„Arbeit soll sich wieder lohnen“, poltern Politiker.

Im Februar hatte das Karl-Bräuer-Institut – das Forschungsinstitut des Bundes der Steuerzahler – eine für die Frankfurter Allgemeine Zeitung durchgeführte Studie veröffentlicht. Laut dieser lohnt sich für viele Beschöftigte in Deutschland die Arbeit nicht, weil sie sogar weniger verdienen als die Grundsicherung durch den Staat betrüge.

Jetzt bieten gleich vier neue Studien Hintergrund für die Debatte über Arbeitsmarktpolitik.

Kuhlmanns Miet-Abzocke

Bürgerschaftsabgeordnete fragen, der Senat antwortet – nicht.

Nach den Presseberichten über die Geschäftspraxis der Kuhlmann Grundstücks GmbH – sie vermietet Wohnungen in schlechtem Zustand bevorzugt an Hartz-IV-Empfänger, die Arge zahlt aufgrund falscher Quadrateterangaben in den Verträgen viel zu viel Miete, es werden auch unbewohnbare Keller als Wohnungen vermietet – wollten die SPD-Bürgerschaftsabgeordneten Dirk Kienscherf und Elke Basse nachhaken.