Die Stadtreinigung hat eine Tauschbox auf St. Pauli abgerissen, die auch von Obdachlosen und Geflüchteten genutzt wurde. Anwohner:innen fordern Ersatz.
Es ist eine bedrückende Stimmung am Dienstagabend am Paulinenplatz auf St. Pauli. Rund 40 Anwohnende sind zusammengekommen, manche haben Laternen dabei. Auf weißen Transparenten, die am Zaun des angrenzenden Spielplatzes angebracht sind, prangen die Worte: „Gedanken, Erinnerungen, Forderungen, Emotionen“. Darunter haben Menschen spontan mit Filzstiften „Ich bin empört“, „Wieso?“ oder „Wir brauchen (Aus)Tausch“ geschrieben.
Grund des Protests: Am Morgen sei ohne Ankündigung die Tauschbox von der Stadtreinigung abgebaut, zerschlagen und abtransportiert worden, berichtet Christian Oppermann, der sich gemeinsam mit anderen um die Box kümmert. Auf einem Handyvideo ist zu sehen, wie zwei Mitarbeiter der Stadtreinigung mit großen Hämmern auf die Holzkonstruktion von der Größe einer Telefonzelle einschlagen. Seit rund zwei Jahren stand die Box am Paulinenplatz. Seitdem konnten dort witterungsgeschützt Kleidung und andere Alltagsgegenstände abgelegt und wieder mitgenommen werden.
Auf Hinz&Kunzt-Nachfrage erklärt ein Sprecher der Stadtreinigung, dass die Tauschbox zuletzt kaum gepflegt worden sei. Das habe „eine zunehmende Vermüllung der Box und des Umfelds ausgelöst“. Insbesondere wegen des angrenzenden Spielplatzes sei das ein Problem gewesen. Auch weil keine Kontaktadresse auf der Box zu finden gewesen sei, habe das Bezirksamt Mitte schließlich den Auftrag zur Räumung der Box erteilt. Die Stadtreinigung betont: „Wenn Tausch- und Spendenboxen sinngemäß genutzt und regelmäßig gepflegt werden, unterstützen wir diese Idee grundsätzlich.“
Anlaufpunkt für Geflüchtete und Obdachlose
Anwohner Oppermann ist angesichts des Abrisses empört. Zwar seien die Freiwilligen in letzter Zeit seltener vor Ort und der Bereich um die Box „teilweise etwas vermüllt” gewesen. Doch sei das Angebot insbesondere für Geflüchtete aus der Ukraine und Obdachlose ein wichtiger Anlaufpunkt geworden. Zudem habe sich der Platz rund um die Box in den vergangenen Jahren zu einem echten Nachbarschaftstreffpunkt entwickelt.
Deshalb fordern die Nachbar:innen eine Alternative. „Wir hoffen, dass es schnellstmöglich eine Reaktion gibt. In Wilhelmsburg hat die Stadt eine eigene Box aufbauen lassen“, sagt Oppermann und hofft, dass das auch auf St. Pauli möglich ist. Dafür sammeln er und seine Mitstreiter:innen bereits Unterschriften, mit denen sie auf Stadtteilinitiativen, Parteien und die Stadt zugehen wollen. Bis es soweit ist, wird am Paulinenplatz offenbar auch ohne Box weitergetauscht. Bereits am Dienstagabend sammelten sich erste Kleiderspenden auf einem kleinen Rollwagen. Schon am Mittwochmorgen standen daneben mehrere mit Kleidung gefüllte Einkaufstüten.