Studierende aus Drittstaaten, die aus der Ukraine nach Hamburg geflohen sind, droht die Abschiebung. Mehrere Organisationen fordern ein klares Bleiberecht.
Aufgrund des russischen Angriffskriegs sind auch Studierende aus der Ukraine geflohen, die keinen ukrainischen Pass haben. In Deutschland erhalten sie bislang kein Recht auf Aufenthalt, in Hamburg werden in diesen Wochen viele der Geflüchteten zur Ausreise aufgefordert. Das berichten verschiedene Organisationen sowie Betroffene selbst.
Zu Beginn der Fluchtbewegung nahm Hamburg eine Vorreiterrolle ein und reagierte auf die Situation der internationalen Studierenden mit einer Sonderregelung: Mit sogenannten Fiktionsbescheinigungen wurde den Studierenden aus der Ukraine der Aufenthalt für sechs Monate ermöglicht, damit sie sich auf eine Fortsetzung ihres Studiums und dafür notwendige Sprachkurse vorbereiten können. Für unsere aktuelle November-Ausgabe haben wir fünf von ihnen getroffen.
Anders als bei anderen Geflüchteten aus der Ukraine, wird bei dieser Gruppe im Einzelfall über ein Aufenthaltsrecht entschieden. Um eine Aufenthaltserlaubnis für ein Studium zu erhalten, müssen die Drittstaatler:innen einen Studienplatz oder einen Sprachkurs vorweisen, außerdem finanzielle Sicherheit für die gesamte Zeit ihres Studiums; in der Regel geschieht dies durch ein Sperrkonto von 10.000 Euro. Wer unter den geflohenen Studierenden nicht über diese Ressourcen verfügt, hat also bislang keine Aussicht darauf, in Hamburg bleiben zu können.
Andere EU-Länder haben sich für eine unbürokratische Aufnahme entschieden
Eine jüngst veröffentliche Recherche des Spiegel zeigt, dass die Weichen für die aktuelle Situation dieser Gruppe wohl auf EU-Ebene gestellt worden sind. Innerhalb der EU-Kommission soll zu Beginn des Krieges dafür plädiert worden ein, allen aus der Ukraine geflohenen Drittstaatler:innen dieselben Rechte wie ukrainischen Staatsbürger:innen zu garantieren. Polen, Österreich und die Slowakei sprachen sich laut Spiegel dagegen aus.
Der entstandene Kompromiss schließt demnach Drittstaatler:innen mit vorläufiger ukrainischer Aufenthaltserlaubnis – wie sie in der Regel die Studierenden aus Drittstaaten haben – aus. Andere EU-Länder, beispielsweise Portugal, haben sich trotzdem für die unbürokratische Aufnahme der Studierenden entschieden. Die Bundesregierung nutzt diese Möglichkeit bislang nicht, Bund und Länder schieben sich derweil die Verantwortlichkeiten gegenseitig zu.
Hamburger Bündnis fordert Verlängerung der Fiktionsbescheinigungen
Die Hamburger Innenbehörde weist darauf hin, dass es sich bei Entscheidungen um das Aufenthaltsrecht der Studierenden um Bundesrecht handelt. Hamburg schöpfe daher die „aufenthaltsrechtlichen Möglichkeiten vollständig aus“. Nordrhein-Westfalen hat die Vergabe der Fiktionsbescheinigungen allerdings mittlerweile angepasst: Drittstaatler:innen aus der Ukraine können diese nun für zwölf Monate erhalten.
Ein Bündnis aus verschiedenen Flüchtlingsorganisationen fordert auch in Hamburg die Verlängerung der Fiktionsbescheinigungen auf ein Jahr. Im Wissenschaftsausschuss des Senats wurde in dieser Woche auf Antrag der Partei „Die Linke“ außerdem über die finanziellen Hürden für Drittstaatler:innen beraten. Dem Senat wolle der Ausschuss nun empfehlen, sich für eine Öffnung des BaföG für die Studierenden einzusetzen. Entschieden wird das allerdings auf Bundesebene.