Mindestens 1029 Menschen leben auf der Straße – die wichtigsten Ergebnisse einer empirischen Untersuchung
Hamburg gehört zu den wenigen Städten, die überhaupt Zählungen und Befragungen von Obdachlosen durchführen: erstmalig 1996 (eher eine Zählung), dann 2002 und jetzt 2009. Die Studien 2002 und 2009 sind unter gleichen Umständen erfolgt, insofern sind die Daten besser vergleichbar als jene von der Zählung 1996. Durchgeführt hat die letzten beiden Befragungen der Sozialwissenschaftler Torsten Schaak aus Bremen.
Die Ergebnisse der neuen Studie im Überblick finden Sie in der aktuellen Hinz&Kunzt, erhältlich nur auf Hamburgs Straßen und Plätzen bei unseren obdachlosen oder ehemals obdachlosen Verkäufern – und in Kürze hier im Hinz&Kunzt-Blog:
1029: Das ist die Zahl der Obdachlosen, die innerhalb einer Woche im März in insgesamt 90 Hilfseinrichtungen angetroffen wurden (2002 waren es 1281). Außen vor blieben jene, die in Notunterkünften lebten.
Dass die Zahl der auf der Straße Lebenden gesunken ist, entspricht einem bundesweiten Trend.
Das Durchschnittsalter der Hamburger Befragten hat sich seit 1996 stetig erhöht: von 37 Jahren (1996) über 40 Jahre (2002) auf 43 Jahre.
Erschreckend: 22,2 Prozent derjenigen, die in Hamburg Platte machen, sind Frauen. Das sind wesentlich mehr als im Bundesdurchschnitt (13,7 Prozent).
Aus unserer Sicht kaum zu glauben: Laut Studie ist der Anteil der unter 25-Jährigen seit der Befragung 2002 nahezu gleich geblieben: 12,4 Prozent.
Vermutlich macht sich die EU-Erweiterung bemerkbar und auch die Armut in Osteuropa: Jedenfalls sind 26,6 Prozent der Obdachlosen nicht-deutscher Herkunft; im Jahr 2002 waren es 17 Prozent.
Offensichtlich leben zwar weniger Menschen auf der Straße, dafür bleiben sie aber länger obdachlos: mittlerweile durchschnittlich 58,1 Monate (2002: 47,3 Monate).
Und sie fühlen sich deutlich kränker. Aber: Jeder Dritte ist nicht krankenversichert.
Die Obdachlosen akzeptieren die Hamburger Übernachtungsangebote besser als noch 2002. 60 Prozent der Befragten gaben an, in den Monaten zuvor in einer Unterkunft übernachtet zu haben.
Die Beratungsangebote werden wenig wahrgenommen: Nur 18 Prozent nutzen die Fachstellen für Wohnungsnotfälle, 22 Prozent die Sozialen Beratungsstellen für Wohnungslose.
Mehr als 61 Prozent der Befragten haben Schulden; Jüngere sind davon mehr betroffen als Ältere (70,4 Prozent gegenüber 59,5 Prozent).
59,2 Prozent der deutschen Obdachlosen und 77,4 Prozent der nicht-deutschen Obdachlosen haben kein Girokonto.
Überhaupt Geld: Die Zahl derjenigen, die gar kein Einkommen haben – wie Hartz IV, Arbeitslosengeld, Sozialhilfe oder Rente – ist dramatisch gestiegen: 2002 war es „nur“ jeder zehnte Obdachlose, jetzt ist es jeder sechste (17,7 Prozent).
Die komplette Studie zum Download: http://www.hamburg.de/obdachlosigkeit/