Sieben Jahre nach der letzten Erhebung gibt es wieder aktuelle Daten über Obdachlose in Hamburg: Mehr als 4000 Menschen leben auf der Straße.
Die Zahl der Obdachlosen in Hamburg hat sich innerhalb von sechs Jahren mehr als verdoppelt. Das ergibt sich aus dem neuen Wohnungslosenbericht des Bundes. Demnach lebten Anfang vergangenen Jahres 3787 Menschen obdachlos in Hamburg. Nutzer:innen des städtischen Winternotprogramms und anderer Notunterkünfte wurden jedoch nicht mitgezählt – obwohl viele von ihnen spätestens ab dem Frühjahr wieder auf der Straße schlafen. Mehr als 700 Menschen nutzten zum Zeitpunkt der Zählung die Winternotunterkünfte – die tatsächliche Zahl der Hamburger Obdachlosen ist also noch weit größer.
Bei der letzten Erhebung in Hamburg 2018 wurden 1910 Obdachlose gezählt – inklusive Nutzer:innen des Winternotprogramms. Während sich die Zahl der Obdachlosen seit damals also mehr als verdoppelt hat, nutzen laut einer Behördenbilanz inzwischen im Schnitt sogar etwas weniger Menschen das Winternotprogramm. Bedeutet: Fünf von sechs Obdachlosen in Hamburg ziehen die Straße dem städtischen Erfrierungsschutz vor.
Die Sozialbehörde gibt sich entspannt. Sie geht davon aus, dass nach wie vor zwei Drittel aller Obdachlosen in Hamburg aus dem Ausland stammen und in der Regel keine Ansprüche auf Hilfen haben. Mit den bestehenden Angeboten sieht man sich deshalb auf einem guten Weg. Wie bisher will die Behörde auch weiterhin Menschen zur Rückkehr in ihre Herkunftsländer drängen.
Abgesehen davon, dass auch viele ausländische Obdachlose in Deutschland leistungsberechtigt sind, verschweigt die Behörde, dass sich die Zahl der deutschen Obdachlosen seit 2018 ebenfalls mindestens verdoppelt hat, wenn man ihrer Einschätzung folgt. Und die Hamburger Diakonie wendet ein: „Der dramatische Anstieg der Obdachlosenzahlen in Hamburg ist nicht auf die Zuwanderung aus Südosteuropa zurückzuführen“, sagt Sozialexperte Dirk Hauer. „Die vielen Obdachlosen sind das Ergebnis eines maroden Wohnungsmarktes in Kombination mit dem System der öffentlich-rechtlichen Unterbringung, das kurz vor dem Kollaps steht.“
Grundlage der neuen Zahlen sind Stichprobenbefragungen von Obdach- und Wohnungslosen im Februar 2024. Die Ergebnisse der Befragungen haben Forschende anschließend hochgerechnet.