Während seiner ersten Hamburg-Visite besuchte Bundespräsident Steinmeier die Tagesaufenthaltsstätte Herz As. Dort suchte er das Gespräch mit Obdachlosen und war merklich an ihrer Situation interessiert.
Einblicke in sein Leben bot dem Bundespräsidenten Andy Laas. Derzeit verbringe er die Nächte im Winternotprogramm der Stadt Hamburg, berichtete der Obdachlose Frank-Walter Steinmeier und dessen Frau Elke Büdenbender. Die Notunterkünfte seien allerdings sehr überfüllt, klagte Laas. Ruhe finde er lediglich im Herz As.
Dort arbeitet Josef Quertatani als ehrenamtlicher Helfer mit. Der Tunesier kam 1968 nach Hamburg. Anfangs jobbte er in Diskotheken auf dem Kiez. Als er vor einigen Jahren seine Arbeit verlor, landete er auf der Straße. Zum Glück fand er im Herz As wieder Halt und Unterstützung und auf diesem Weg auch eine Wohnung, berichtete er dem Präsidenten.
Gestern gebeizter Lachs im Rathaus, heute Gespräche mit Obdachlosen
Das Kontrastprogramm hätte deutlicher nicht sein können: Bei gebeiztem Lachs und marinierten Fenchel hatte der Bundespräsident nach einem Bericht des NDR noch am Vortag mit Senatsmitgliedern und Fußball-Ikone Uwe Seeler geplauscht.
Für Steinmeier und seine Ehefrau Büdenbender war der Besuch am 23. Januar in der Obdachlosen-Einrichtung allerdings alles andere als ein bloßer Pflichttermin. Das Paar zeigte sich interessiert an den Geschichten der beiden Herz-As-Besucher und stellte gezielt Nachfragen. Er selber engagiere sich in Berlin für den Ausbau der Hilfsangebote für Obdachlose am Bahnhof Zoo, teilte der Bundespräsident mit.
Auch die Situation osteuropäischer Obdachloser in Hamburg kam zur Sprache. Mirela Barth von der Beratungsstelle Plata schilderte die vielfältigen Probleme, mit denen sie in ihren Beratungen konfrontiert ist. Der Bundespräsident verzichtete gänzlich auf politische Stellungnahmen oder gar Appelle. Vielmehr hörte er den Schilderungen der Sozialarbeiterin aufmerksam zu und stellte Nachfragen zu den transnationalen Kooperationsprojekten der Beratungsstelle.
Zum Abschluss des Gesprächs überreicht Ulrich Hermannes, Geschäftsführer unseres Mitglieds „hoffnungsorte hamburg“ dem #Bundespräsidenten ein Positionspapier zu einem Perspektivwechsel im Blick auf #wohnungslose Menschen pic.twitter.com/aNbCCrXtiz
— Diakonie Hamburg (@DiakonieHH) January 23, 2018
Den Raum für politische Positionierungen nutzte Ulrich Hermannes. Der Leiter der Tagesaufenthaltsstätte und Geschäftsführer des Vereins hoffnungsorte Hamburg überreichte dem Präsidenten zum Abschied ein Positionspapier. Darin fordert die Diakonie-Einrichtung einen Perspektivenwechsel im Blick auf Menschen ohne Wohnung ein. Neben einem leichteren Zugang zu Wohnraum sei es wichtig, obdachlose Menschen gezielter zu fördern und ihre Stärken hervorzuheben.
„Wir wünschen uns, dass der heutige Besuch als Zeichen und Auftakt einer Diskussion verstanden wird“, sagte Hermannes. „Menschen, die von Wohnungsverlust bedroht oder betroffen sind, müssen die Komplexität ihrer Problemlage erkennen und wieder in die Mitte der Gesellschaft zurückgeholt werden.“
Zum Abschied überreichten Herz-As-Mitarbeiter dem Besuch ein Geschenk. Obdachlose hatten in der Tagesaufenthaltsstätte etwas aus Holz gebastelt. Ergebnis: Das Schloss Bellevue als Vogelhaus.