Visite Sozial :
Sozialarbeiterinnen begleiten das Krankenmobil

Das Team von Visite Sozial: Die Sozialarbeiterinnen Angele Sernaite und Joanna Wozniak, Caritas-Fachbereichsleiterin Andrea Hniopek, Krankenmobil-Leiterin Annette Antkowiak, Andreas Thiel und Martin Helfrich (Sozialbehörde). Foto: Lena Maja Wöhler

Der Senat hat das neue Projekt Visite Sozial vorgestellt: Sozialarbeiterinnen begleiten das Krankenmobil der Caritas und kümmern sich um Obdachlose. Dass andere Stellen von Sozialarbeitern weggefallen waren, hätte er versucht zu verschleiern, kritisiert die CDU.

Hinz&Kunzt Randnotizen

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Pünktlich zum Ende des Winternotprogramms hat die Sozialbehörde das neue Projekt „Visite Sozial“ vorgestellt: Sozialarbeiterinnen begleiten das Krankenmobil der Caritas, um obdachlose Patienten zu beraten und an das Hilfesystem heranzuführen. „Manche finden den Weg in unsere Einrichtungen nicht oder nur schwer“, sagte Sozialsenatorin Melanie Leonhardt (SPD) zum Start von „Visite Sozial“. „Mit diesem Projekt gehen wir bewusst zu den Menschen hin, um ihnen zu helfen, einen guten Weg zu finden.“ Die Sozialarbeiterinnen sollen Obdachlose gezielt ansprechen und etwa zu Behörden begleiten.

Das Projekt ist eine Kooperation zwischen Sozialbehörde, Caritas und dem Unterkunftsbetreiber fördern&wohnen. Dadurch werde eine Lücke geschlossen, sagt die Leiterin des Fachbereichs Existenzsicherung beim Caritasverband, Andrea Hniopek: „Stadt und Träger müssen ihre Angebote angesichts der Herausforderungen gut abstimmen und verzahnen – das tun wir mit diesem Angebot.“ Finanziert wird „Visite Sozial“ zu 85 Prozent mit Geldern aus dem EHAP-Fonds für besonders benachteiligte Zuwanderer der EU, zehn Prozent schießt der Bund zu, weitere fünf Prozent trägt die Sozialbehörde. Die Finanzierung ist zunächst bis Ende 2020 ist gesichert.

Andere Hilfsprojekte für Obdachlose eingestellt

Im Vorfeld hatte es Streit darüber gegeben, ob die Stadt zum Jahreswechsel ihr Hilfsangebot für Obdachlose tatsächlich wie behauptet ausgebaut hat. Denn Ende 2018 waren bei anderen Projekten für Obdachlose in Hamburg Sozialarbeiterstellen weggefallen, zum Beispiel beim ABB-Service-Team der Großstadtmission. Drei Sozialarbeiterinnen auf 2,75 Stellen haben sich im Bezirk Altona drei Jahre lang um „besonders benachteiligte EU-Zuwanderer“ gekümmert – in der Praxis zum Beispiel auch um Obdachlose am Nobistor. Die befriste Finanzierung über den EU-Topf EHAP war zum Jahresende ausgelaufen, weil ein Antrag auf Weiterfinanzierung abgelehnt worden war, wie Hinz&Kunzt im Februar berichtete.

„Damit droht in diesem Sommer wieder die Zunahme von wild campenden Zuwanderern in den Grünflächen Altonas“, begründete die Altonaer CDU-Fraktion ihren anschließenden Antrag im Bezirksparlament. Darin fordern die Christdemokraten die Sozialbehörde auf, bis Mai ein neues Beratungsangebot für obdachlose Zuwanderer in Altona zu schaffen. Dem Antrag stimmten auch SPD, Grüne und Linke zu. Auf Nachfrage von Hinz&Kunzt verweist die Behörde jedoch auf eine Senatsantwort, wonach „zurzeit keine vergleichbaren Anschlussprojekte vorgesehen“ sind.

Weniger Sozialarbeiterstellen

Betrachtet man sowohl städtische Projekte für Obdachlose als auch die EHAP-Projekte für besonders benachteiligte Zuwanderer, ergibt sich ein Rückgang von 20,6 Sozialarbeiterstellen im Jahr 2018 auf 19,39 im Jahr 2019. Nimmt man die städtischen Projekte und die EHAP-Projekte mit Fokus auf Obdachlose (Visite Sozial und ABB), ergibt sich ein Zuwachs von 12,24 auf 12,89 Stellen. Diese Betrachtung lässt jedoch Projekte für von Obdachlosigkeit bedrohte Zuwanderer außen vor. Die Sozialbehörde betont dennoch einen Zuwachs 9,49 auf 12,89 Stellen von solchen Sozialarbeitern, die sich formal ausschließlich um Obdachlose kümmern.

CDU kritisiert „kleinteilige Zahlenspiele“

Insgesamt hat die CDU-Bürgerschaftsabgeordnete Franziska Rath drei solcher Anfragen an den Senat gestellt, um aufzuklären, ob es seit dem Jahreswechsel mehr oder weniger Sozialarbeiter für Obdachlose in Hamburg gibt – ein mühsames Unterfangen. Am Ende lieferte der Senat zwei Tabellen mit einer scheinbar eindeutigen Aussage: es sind unterm Strich sogar mehr geworden.

Doch die Sache hat einen Haken: 2,6 Sozialarbeiterstellen, die es bis 2018 beim Projekt sansa der Stadtmission gab, fehlen in den Tabellen. Diese seien „unübersichtlich“, räumt Sozialbehördensprecher Martin Helfrich auf Hinz&Kunzt-Nachfrage ein und schickt eine neue, diesmal inklusive der 2,6 Stellen von sansa. Damit ergibt sich ein anderes Bild (siehe Kasten).

„So ein Verhalten ist dem Ernst der Lage nicht angemessen.“– Franziska Rath, CDU

Der Senat verbeiße sich in Details, kritisiert das CDU-Politikerin Rath gegenüber Hinz&Kunzt: „Die Versuche des Senats durch kleinteilige Zahlenspiele und Verschweigen der Straßensozialarbeiter von sansa zu verschleiern, dass es sogar weniger Sozialarbeiter in der Obdachlosenbetreuung gibt als noch im Jahr 2018, sind beschämend“, sagt sie. „So ein Verhalten ist dem Ernst der Lage nicht angemessen.“

Autor:in
Benjamin Laufer
Benjamin Laufer
Seit 2012 bei Hinz&Kunzt. Redakteur und CvD Digitales.

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