Die Unterkünfte des Winternotprogramms bleiben länger geöffnet, die Versorgung mit Lebensmitteln soll verbessert werden, Duschmöglichkeiten werden geschaffen: Die Stadt hat Pläne vorgestellt, wie Obdachlose während der Corona-Pandemie versorgt und untergebracht werden sollen.
Die Corona-Krise trifft Obdachlose hart, viele Hilfsangebote sind in den vergangenen Tagen und Wochen weggebrochen. Am Standort des Winternotprogramms in der Friesenstraße sind momentan etwa 300 Obdachlose isoliert, nachdem ein Bewohner positiv auf Covid-19 getestet worden war. Eigentlich endet der städtische Erfrierungsschutz am 31. März.
Die Sozialbehörde reagiert auf die aktuelle Situation, indem die Unterkünfte des Winternotprogramms nun länger geöffnet bleiben – und zwar zunächst bis Ende Mai. Diese Maßnahme gilt sowohl für die beiden Großunterkünfte in der Friesen- und der Kollaustraße, als auch für die 130 ehrenamtlich betreuten Containerplätze auf dem Gelände von Kirchengemeinden und Hochschulen. Für die beiden Großunterkünfte werden außerdem die Öffnungszeiten erweitert. Sie sollen täglich von 15 bis 11 Uhr des Folgetages öffnen. Bisher waren sie von 17 Uhr bis 9 Uhr geöffnet. Der Standort in der Friesenstraße soll wieder regulär öffnen, sobald die momentane häusliche Isolation endet.
„Lockere Belegung“ statt Einzelunterbringung
Eine Einzelunterbringung, wie sie Hinz&Kunzt fordert, ist demnach nicht geplant. Stattdessen werde „durch eine angepasste, lockere Belegung die Einhaltung der gebotenen Abstände ermöglicht“, wie es von der Sozialbehörde heißt. Laut Behördensprecher Martin Helfrich heißt das konkret, „dass maximal zwei bis drei Leute in einem Mehrbettzimmer untergebracht werden, so dass der Abstand gewahrt werden kann. Es sei denn, es handelt sich um Plattenverbände, die dürfen zusammen in einem Mehrbettzimmer bleiben.“
Andrea Hniopek von der Caritas begrüßt „die Entscheidung der Behörde, die weitere Unterbringung in der Friesenstraße und der Kollaustraße nach dem offiziellen Ende des Winternotprogramms weiterhin sicher zu stellen und die verlässlichen Öffnungszeiten zu erweitern“ ausdrücklich. Mit Blick auf die Unterbringung in Mehrbettzimmern äußert sie sich aber kritisch: „Obdachlose gehören eindeutig der gesundheitlichen Risikogruppe an und benötigen daher eine besonders geschützte Unterbringung, vor allem in Einzelzimmern.“
„Wir arbeiten jeden Tag mit Hochdruck daran, weitere Lösungen und Alternativen aufzubauen, wo nötig.“– Melanie Leonhard, Sozialsenatorin
Außerdem wird ein zusätzliches Angebot mit 50 Plätzen geschaffen, um obdachlose Frauen unterzubringen. So soll das bestehende Frauenzimmer in der Hinrichsenstraße entlastet werden. Von Sozialsenatorin Melanie Leonhard (SPD) heißt es: „Hamburg gewährleistet Hilfe und Schutz für obdachlose Menschen. Wir arbeiten jeden Tag mit Hochdruck daran, weitere Lösungen und Alternativen aufzubauen, wo nötig.“
Versorgung soll verbessert werden
Neben diesen Maßnahmen soll auch die Versorgung von Obdachlosen verbessert werden, denn in den vergangenen Wochen waren zahlreiche Hilfsangebote weggefallen. Im CaFée mit Herz, der Bahnhofsmission, der Alimaus in Altona und der Tagesaufenthaltsstätte (TAS) in der Bundesstraße gibt es verschiedene Verpflegungsangebote. Im „Stützpunkt“ der Caritas in der Norderstraße werden außerdem ab sofort zwischen 10 und 12 Uhr Suppen ausgegeben. Darüber hinaus findet ab Donnerstag täglich zwischen 12 und 15 Uhr eine Essensausgabe in der Tagesaufenthaltsstätte in der Hinrichsenstraße statt.
Und auch der Mitternachtsbus ist ab Donnerstag wieder unterwegs, um Obdachlose mit Nahrungsmitteln zu versorgen. Nachdem die Gesundheitsbehörde am Dienstag eine Handreichung zum Umgang mit Obdachlosen herausgegeben habe, könne man den Schutz der Ehrenamtlichen nun wieder gewährleisten, sagte Projektleiterin Sonja Norgall im Gespräch mit Hinz&Kunzt. Der Bus soll nur noch mit zwei statt wie sonst üblich vier Helfer*innen besetzt sein und die Schlafplätze der Obdachlosen direkt anfahren, um Gruppenbildungen zu vermeiden. „Ich bin sehr dankbar, dass viele unserer Ehrenamtlichen unsere Gäste auch unter diesen Bedingungen unterstützen wollen“, sagte Norgall. Eine Übersicht über die Angebote bietet die Sozialbehörde online an.
Mit Blick auf die Einschätzung der Behörde, dass die Versorgung Obdachloser mit Lebensmitteln gesichert sei, zeigt sich Andrea Hniopek von der Caritas dennoch skeptisch: „Da muss man in den kommenden Tagen genau hinschauen.“
Duschmöglichkeiten im Schwimmbad
„Die Maßnahmen sind zu diesem Zeitpunkt richtig und wichtig.“– Sozialarbeiter Stephan Karrenbauer
Um die hygienische Versorgung zu verbessern, soll es neben den Duschen in den Notübernachtungen auch Duschmöglichkeiten in einem Schwimmbad geben. Dafür kooperiere man mit dem Bäderland, heißt es von der Behörde. Währenddessden bereiten die Tagesaufenthaltsstätten, die ihre Duschangebote in den letzten Wochen geschlossen haben, die Wiederaufnahme der Duschangebote vor, heißt es weiter. Andrea Hniopek begrüßt das: „Wir freuen uns, dass obdachlose Menschen nun die Möglichkeit erhalten, im Schwimmbad duschen zu können.“
Und auch Hinz&Kunzt-Sozialarbeiter Stephan Karrenbauer freut sich: „Die Maßnahmen sind zu diesem Zeitpunkt richtig und wichtig. Es scheint so zu sein, als ob die Grundversorgung der Obdachlosen wieder ins Laufen kommt. Wir haben jetzt die Aufgabe, Obdachlose zu motivieren, von der Straße in eine der Unterkünfte zu gehen. Die Behörde versichert, dass Obdachlose in den Einrichtungen gut und sicher aufgehoben sind.“