Bislang unbekannte Todesfälle :
Sieben Obdachlose starben 2019 im Krankenhaus

Der Obdachlose Benjamin schlief seit Monaten am Hinterausgang des Passage-Kinos. Er verstarb im November im Krankenhaus. Foto: BELA

Neue Zahlen des Senats zeigen: Sieben Obdachlose starben 2019 in Hamburger Krankenhäusern. Seit 2013 weist die Statistik 75 solcher Todesfälle auf. Durchschnittlich sterben die Obdachlosen hier mit 51 Jahren.

Hinz&Kunzt Randnotizen

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Etwa jeden Monat verstirbt in Hamburg ein Obdachloser im Krankenhaus. Das geht aus neuen Zahlen hervor, die die Linksfraktion beim Senat erfragt hat. Der Tod kommt oft viel zu früh: Nur durchschnittlich etwa 51 Jahre alt wurden die Menschen ohne festen Wohnsitz, die in den vergangenen sechs Jahren im Krankenhaus verstarben. Ein dramatischer Unterschied im Vergleich zur durchschnittlichen Lebenserwartung in Deutschland: Die liegt bei Frauen bei 83,4 und bei Männern bei 78,4 Jahren.

„Obwohl das Hilfsangebot für Obdachlose in den vergangenen Jahren ausgebaut und die Zahl der Ehrenamtlichen kontinuierlich wächst, verelenden weiterhin Obdachlose auf der Straße“, zeigt sich Hinz&Kunzt-Sozialarbeiter Stephan Karrenbauer bestürzt. „Viele können ihren eigenen Gesundheitszustand nicht mehr selber einschätzen. Dass der Kältebus nachts teilweise bis zu zehn Menschen ins Winternotprogramm bringen muss, zeigt, wie dramatisch die Situation auf der Straße inzwischen ist.“

Mindestens drei Kältetote im vergangenen Winter

Bislang gibt es keine Statistik zum Gesundheitszustand von Obdachlosen oder den Todesursachen in Hamburg. Lediglich wer im Krankenhaus stirbt, wird erfasst: Seit Oktober 2013 zählen die Krankenhäuser bis heute 75 Todesfälle – im Schnitt also etwa zwölf pro Jahr. Fest steht auch: Im vergangenen Winter gab es mindestens drei sogenannte Kältetote in Hamburg. Bereits Ende Oktober 2018 starb Hinz&Künztlerin Joanna auf der Straße. Todesursache war laut Obduktion Unterkühlung. Auch bei zwei weiteren Todesfällen teilen die Krankenhäuser jetzt mit, dass die Obdachlosen vermutlich an den Folgen einer Unterkühlung verstarben.

„Viele Obdachlose können ihren eigenen Gesundheitszustand nicht mehr selber einschätzen.“– Stephan Karrenbauer

Auf die Nachfrage der Linken, warum das Hilfsangebot mit zwei Notunterkünfte bislang nicht ausgelastet sei, antwortet der Senat ein wenig lapidar: „Ob Menschen in Not dieses auch annehmen, ist ihre persönliche Entscheidung.“ Die Nutzung hänge „stark von den jeweiligen aktuellen Witterungsbedingungen ab“. Immer wieder berichten allerdings Obdachlose, dass sie die Unterkünfte meiden, weil sie dort keine Ruhe finden. Und wer einen Hund besitzt, erhält nicht einmal Zugang.

CDU fordert Aufklärungskampagne zum Thema Obdachlosigkeit

Die Opposition schlägt jetzt Alarm: Während die Linke bei einer Kundgebung am Samstag um 14 Uhr auf dem Hanseplatz eine Tagesöffnung der Notunterkünfte für Obdachlose einfordern will, fordert die CDU den Senat dazu auf, eine Öffentlichkeitskampagne zu starten, die Hamburger darüber aufklären soll, wie sie Obdachlosen bei allzu großer Kälte schnelle Hilfe zukommen lassen können.

Tatsächlich bietet der Senat schon jetzt allen Interessierten immerhin einen Einblick in die Belegung der beiden Großunterkünfte in der Kollau- und Friesenstraße. Dort sind inzwischen mehr als 80 Prozent der Betten belegt. Etwa 100 der insgesamt 650 Betten sind aber noch frei für Obdachlose, die dort Schutz suchen wollen.

Autor:in
Jonas Füllner
Jonas Füllner
Studium der Germanistik und Sozialwissenschaft an der Universität Hamburg. Seit 2013 bei Hinz&Kunzt - erst als Volontär und inzwischen als angestellter Redakteur.

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