Online-Wetten
Schutzlimit für Glücksspiele außer Kraft

Hat das Schlupfloch vor Gericht durchgesetzt: der Onlinewettanbieter Tipico. Foto: BBU

Mehr als 1000 Euro im Monat darf bei Internet-Glücksspielen nur einsetzen, wer es sich leisten kann – eigentlich. Seit mehr als zwei Jahren gilt das faktisch nicht mehr, zeigt eine Recherche. Wie Hamburg reagiert.

Hinz&Kunzt Randnotizen

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Eigentlich ist die Sache klar geregelt: Wer mehr als 1000 Euro im Monat bei Onlinecasinos und Sportwettanbietern einsetzen will, muss sich auf eine Prüfung seines Einkommens einlassen. Bis zu 10.000 Euro darf nur verzocken, wer seine „wirtschaftliche Leistungsfähigkeit“ etwa mit Einkommensnachweisen und Kontoauszügen belegen kann. So steht es im Glücksspielstaatsvertrag und in einer Richtlinie der Gemeinsamen Glücksspielbehörde der Bundesländer. Die Regelung soll Spielende davor schützen, sich zu verschulden oder süchtig zu werden.

Trotzdem ist die Vereinbarung seit November 2022 offenbar faktisch außer Kraft gesetzt , wie eine Recherche von „Zeit Online“, dem ARD-Magazin „Monitor“ und „Investigate Europe“ jetzt ergeben hat: Damals hatten die Bundesländer sich in einem gerichtlichen Vergleich mit dem Wettanbieter „Tipico“ darauf geeinigt, dass auch eine bestimmte Schufa-Auskunft ausreicht, um das Limit auf bis zu 10.000 Euro pro Monat zu erhöhen – „klammheimlich“, wie es in der Recherche heißt. Den entsprechenden Gerichtsbeschluss hat das Rechercheteam am Donnerstag veröffentlicht.

Hamburger Sozialbehörde kritisiert die laxe Regel

Das Problem: Bei diesem Verfahren wird weder das Einkommen noch das tatsächliche Vermögen der Spielenden überprüft, sondern lediglich ihr Zahlungsverhalten. Gerade suchtanfällige Personen könnten versuchen, von dieser Limiterhöhung Gebrauch zu machen, bemängelte der Suchtexperte Tobias Hayer von der Universität Bremen gegenüber Monitor.

Die Hamburger Sozialbehörde bestätigte gegenüber Hinz&Kunzt, die Akzeptanz der Schufa-Auskunft durch die Behörden sei „derzeit die gängige Praxis“ – und kritisiert, dass so das ursprüngliche Ziel der Suchtprävention nicht erreicht werde. Es sollten nur diejenigen mehr als 1000 Euro im Monat einsetzen dürfen, die „sich die höheren Einsätze (und damit Verluste) finanziell leisten können“, erklärte ein Sprecher. Deshalb unterstütze seine Behörde, dass die Glücksspielbehörde der Länder das Verfahren nun auf den Prüfstand stellen wolle.

Autor:in
Benjamin Buchholz
Benjamin Buchholz
Früher Laufer, heute Buchholz. Seit 2012 bei Hinz&Kunzt. Redakteur und CvD Digitales.

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