Schüler:innen beschäftigen sich mit Obdachlosigkeit

Fair geht vor!

Die Siebtklässlerinnen Vivien (links) und Maya (rechts) mit ihrer Lehrerin Martina Klinge. Foto: Imke Lass
Die Siebtklässlerinnen Vivien (links) und Maya (rechts) mit ihrer Lehrerin Martina Klinge. Foto: Imke Lass
Die Siebtklässlerinnen Vivien (links) und Maya (rechts) mit ihrer Lehrerin Martina Klinge. Foto: Imke Lass

An der Sophie-Barat-Schule beschäftigten sich Schüler:innen mit dem Thema Obdachlosigkeit. Anschließend schritten sie zur guten Tat.

Hinz&Kunzt Randnotizen

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Als der Vorschlag aufkam, war Martina Klinge im ersten Moment nicht wirklich angetan. „Ich habe spontan gedacht: Oje, das wird bestimmt eine ganz schöne Schmiererei“, erinnert sich die Lehrerin und lächelt. Aber: „Die Schüler:innen waren sofort so begeistert und dann auch voll dabei, das war eine tolle Sache.“ Also dann los: Waffelbacken für den menschlichen Mehr-Wert!

Wer die Sophie-Barat-Schule unweit des Dammtorbahnhofs betritt, spürt sofort die warmherzige Atmosphäre. Am Schuleingangstor wirbt ein großes Transparent „Für Frieden und Versöhnung“. Durchs Atrium lärmen Heranwachsende aus gefühlt aller Welt fröhlich durcheinander. Im Schaukasten hängt ein Plakat „Stand with Ukraine“, ein weiteres besagt: „Wir sind im Netzwerk Schule ohne Rassismus, Schule mit Courage“. Und im ersten Stock empfängt Martina Klinge gemeinsam mit den Siebtklässler:innen Justin, Leonard, Vivien, Maya, Ludwig und Justus, um zu erzählen, wie aus engagiertem Schulunterricht eine gute Tat wurde.

„Das Bedürfnis, etwas zu tun, war absolut da.“

Lehrerin Martina Klinge

Klinge, seit rund 20 Jahren Pädagogin an der Sophie-Barat, leitet die „Menschenrechte AG“ und das Kursangebot „Fair geht vor“. Erstere ist eine freiwillige Initiative angehender Abiturient:innen, Letzteres ein Wahlpflichtfach für jüngere Schüler:innen mit zwei Wochenstunden. Gemeinsam beteiligten sich beide Angebote vergangenen Herbst am „Briefmarathon“ für Amnesty International und organisierten mehr als 400 Schreiben zugunsten politisch verfolgter und inhaftierter Menschen. Auch die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte war Thema. Besonders besprochen wurde der Artikel 25, in dem jedem Menschen neben anderen lebenswesentlichen Dingen auch das Recht auf eine Wohnung eingeräumt wird. Schnell landete man beim Thema Obdachlosigkeit, wurden menschliche Schicksale auch aus Hinz&Kunzt vorgetragen und diskutiert. Maya etwa „fand es sehr beeindruckend, was diese Menschen schon durchmachen mussten“ und stellte für sich fest, „was für ein schönes Leben ich im Vergleich dazu habe“. Und Lehrerin Klinge fühlte, „dass das Bedürfnis, jetzt auch etwas zu tun, absolut da war“. Die erste Hilfsidee, nämlich Brötchen schmieren und an obdachlose Menschen verteilen, wurde jedoch wieder verworfen: „Man weiß ja nicht, wer was braucht und wer was mag“, sagt Ludwig. Aber Waffelbacken für die rund 1000 Mitschüler:innen und das eingenommene Geld spenden – ja, das ginge doch!

Gesagt, getan – die beiden altersmäßig so unterschiedlichen Schulgruppen taten sich zusammen, legten Flyer aus und hängten Plakate auf, organisierten drei Waffeleisen und bauten sie eines Donnerstagmorgens im Schulatrium auf. Und weil der Verkauf in der ersten Pause so gut lief, wurde der Waffelpreis für die zweite Pause spontan verdoppelt – bis die Finger glühten und der Teig aufgebraucht war. Im Einvernehmen mit ihren empathischen Schüler:innen durfte Martina Klinge die Einnahmen an Hinz&Kunzt überweisen.

Artikel aus der Ausgabe:

Kein Bargeld, kein Problem?

Die Gesellschaft wird bargeldloser – was bedeutet das für Arme und Obdachlose? Eine Spurensuche in Schweden. Außerdem: Wie Sie Hinz&Kunzt mit dem Handy bezahlen können, wo Sie in Hamburg Filmkunst aus Osteuropa sehen können und worunter die Psyche von Geflüchteten leidet.

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Jochen Harberg

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